Guido Contini, ein angesehener Filmregisseur, kämpft mit der Midlife Crisis – hin- und hergerissen zwischen drei Frauen, verfolgt von seiner Vergangenheit und nach drei Leinwand-Flops in einer Schaffenskrise. Zunehmend verschwimmen die Grenzen zwischen Guidos Gedanken, Erinnerungen und der Realität. Das Ineinandergreifen der verschiedenen Ebenen ist eine der Stärken dieser Inszenierung – abgesehen von dem atemberaubend guten Ensemble.
Liebe, Mord und Adelspflichten (seit 09/2022)
Theater, Mönchengladbach
Sie erfahren plötzlich, dass Ihre verstorbene Mutter Spross einer Adelsfamilie und wegen einer Heirat unter Stand verstoßen wurde, und Sie die Chance hätten, Titel und Vermögen zu erben. Was würden Sie tun? Sich achselzuckend zurücklehnen und abwarten, bis die acht Personen, die vor Ihnen in der Erbfolge stehen, auf natürlichem Weg den Platz frei machen? Oder aber, Sie könnten dem Lauf der Dinge ein wenig auf die Sprünge helfen! Monty Navarro entscheidet sich für Letzteres und setzt damit die Maschinerie dieser pechschwarzen Komödie in Gang, denn natürlich läuft nicht alles wie geplant. Das ist für ein nicht allzu zart besaitetes Publikum ein großes Vergnügen.
Heute begebe ich mich weit zurück in der Filmgeschichte zu einem Film, der geschlagene 89 Jahre auf dem Buckel hat, dem man sein Alter aber nur selten anmerkt: "Die 42. Straße" (vor allem unter Musicalfans besser bekannt unter dem Originaltitel "42nd Street").
"Diese Geschichte ist wirklich passiert. Dann haben wir Gesang und Tanz hinzugefügt", heißt es zu Beginn des Films. Das erfolgreiche West-End-Musical basiert auf der BBC-Doku "Jamie: Drag Queen at 16". Mit dem Titel ist auch schon der Inhalt grob umrissen: Der 16-jährige Jamie hat einen Traumberuf – Dragqueen. Deswegen möchte er im entsprechenden Outfit zum Abschlussball gehen und sein Coming Out zelebrieren. Das ist in der britischen Arbeiterstadt Sheffield nicht gängig.
Die Musical-Komödie von Richard Adler und Jerry Ross wird hierzulande trotz des Hits "Hernando‘s Hideaway" – ein Tango, den nun wirklich jeder kennt – äußerst selten gespielt. Regisseur Felix Seiler sieht den Grund in der angestaubten Übersetzung und hat für die Schlossfestspiele Ettlingen neue deutsche Texte erstellt. Doch trotz toller Songs liegt das Problem wohl eher am Buch des mit dem Tony Award als bestes Musical 1955 ausgezeichneten Werkes, das simpel nach Schema F gestrickt ist.
Diese Woche feiert "7 ½ Cent – The Pajama Game" bei den Schlossfestspielen Ettlingen Premiere. Da schlage ich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe und nutze die Fernsehsessel-Kolumne, um mich auf meinen Besuch dort vorzubereiten.
Nichts an dieser Szene wirkt irgendwie real: Ein Mann hat gerade das Mädchen, in das er sich verliebt hat, zum ersten Mal geküsst und geht debil lächelnd und singend durch einen Straßenzug, dessen Häuserzeile ihre Papp- und Holzkonstruktion nicht verleugnen kann. Hunderte Liter Wasser prasseln auf ihn herab, die die Abflüsse nicht fassen können. Der Mann spritzt beim Tanzen damit herum, springt durch die Gegend wie ein ausgelassenes Kind, tänzelt über Bordsteinkanten, schwingt sich um Straßenlaternen herum und strahlt dabei pures Glück aus.
Christoph Kolumbus und seine Mitreisenden setzen viel Hoffnung auf das Leben in einer "neuen Welt". Eine Frau steigt auf ein Hochhausdach, um die Aufmerksamkeit ihres Mannes zu bekommen. Ein Mann will sich von einer Frau trennen, kapituliert aber immer wieder. Die Ehefrau des Weihnachtsmanns sitzt einsam am Nordpol. Insgesamt 16 solcher Szenen – mal mit historischem Bezug, mal alltägliche Situationen aus der Gegenwart – bilden diesen Songzyklus. Kleine Geschichten, Momentaufnahmen, Grübeleien – mal satirisch überspitzt, mal berührend. Die Protagonisten verbindet, dass sie alle an einem Wendepunkt stehen. Sie müssen Entscheidungen treffen, die sie in eine in ungewisse Zukunft führen können – eine "neue Welt".
Für die Karwoche habe ich mir diesmal "das andere Jesus-Musical" ausgesucht.
John-Michael Tebelaks Urfassung von "Godspell" hatte 1970 als Studentenaufführung Premiere. Broadway-Produzenten wurden auf das Stück aufmerksam. Man übernahm aber für die Off-Broadway-Produktion nur das Buch und den Song "By My Side". Stephen Schwartz bekam den Auftrag, neue Lieder zu komponieren und landete damit seinen ersten großen Erfolg.
In Zeiten hoher Spritpreise, wo sich womöglich nicht wenige überlegen, komplett auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen, habe ich mir "Linie 1" für meinen nächsten Fernsehsessel-Abend ausgesucht.