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 Komödie
La Cage aux Folles Meine Mama ist ein Mann
© SFF Fotodesign
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Das Herman/Fierstein-Musical in einer kurzweiligen Inszenierung (Reinhardt Friese) als unterhaltsames Plädoyer für Toleranz gegenüber Lebensformen, die nicht der Norm entsprechen. Verschwenderisches Kostümbild (Diana Pähler) und auf den Punkt besetzte Hauptdarsteller (Robert Merwald, Christian Venzke). In der Saison 2013/14 ist die Produktion am Theater Hof zu sehen.
(Text: Kai Wulfes) Premiere: | | 25.10.2013 | Rezensierte Vorstellung: | | 22.05.2010 | Letzte bekannte Aufführung: | | 16.03.2014 |
Routine kann fatale Folgen haben. Als Zaza versehentlich aus Gewohnheit nach Verklingen des letzten Tons durch das Herunterreißen ihrer Perücke wieder zu Albin wird, hagelt es statt der üblichen Beifallsstürme Proteste. "Perverse", "Schwule" brüllt der sittenstrenge Rechtspopulist Edouard Dindon, als er mit dem Fall der falschen Haarpracht erkennen muss, dass die Schwägerin in spe gar keine Frau ist.
© SFF Fotodesign
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In seiner geschmackvollen Regiearbeit, die gekonnt zwischen Komödie und Klamotte austariert ist, setzt Reinhardt Friese mit dieser Szene kurz vor dem Finale bewusst einen Kontrapunkt und führt dem Publikum vor Augen, welchen Anfeindungen Menschen, die jenseits der gesellschaftlichen Norm leben, ausgesetzt sein können. "Seid tolerant" ist dann auch seine Botschaft, indem er dem Publikum vor Augen führt, dass es egal ist, wer wen liebt. Sobald Georges und Albin sich nicht dem Publikum ihres Travestie-Cabarets zeigen und ohne Fächer oder Makeup sind, stehen zwei sympathische Männer auf der Bühne, bei denen es zugeht wie in jeder Beziehung: Da fliegen im Streit die Fetzen, da schwärmen beide umrahmt von einem riesigen roten Herz von der Liebe oder haben Angst vorm Altern. Friese zeigt hier bewusst Alltagsleben, wie es jeder im Publikum aus eigenem Erleben kennt. Mit Robert Merwald (Georges) und Christian Venzke (Albin) stehen ihm in den beiden Hauptpartien ausdrucksstarke, bewegliche Schauspieler und exzellente Sänger zur Verfügung. Bei diesem Duo stimmt einfach alles.
© Frank Bürger
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Die Inszenierung bedient allerdings auch die gängigen Tunten-Klischees: Nicht nur, wenn Christian Venzke mit großen Gesten als Zaza die Diva gibt, sondern vor allem in Person des Hausangestellten Jacob, der als schrille Zofe in atemberaubend hohen Stöckelschuhen über die Bühne trippelt. Mit immensem körperlichen Einsatz kostet Stephan Brauer seine Episoden-Auftritte aus, wirkt dabei aber nie peinlich. Ganz liebenswerte Herren-Damen sind vor und hinter der Cabaret-Bühne auch Sängerin Chantal (Stefan Burmester) und die sieben Tänzer der Deutschen Tanzkompanie Neustrelitz, denen Stephan Brauer raffiniert-laszive Revue-Choreografien auf den Leib geschrieben hat.
Während die "Cagelles" über die Bühne wirbeln, singt der Opernchor des Landestheaters zunächst geschmeidig aus dem Off. Später stehen die Choristen als elegante Restaurantgäste und im turbulenten Finale mit auf der Bühne. Dabei beweisen sie, dass Choristen musicaltauglich sein können, leitet man sie nur richtig an. Gleiches gilt für die unter dem Dirigat von Frank Obermair spielenden Damen und Herren der Neubrandenburger Philharmonie, die sich mit manchmal zu viel Verve in die quirlige wie oft auch gefühlsduselige Partitur von Jerry Herman schmeißen.
Richtig problematisch sind die Auftritte von Andrés Felipe Orozco (Jean-Michel), der rein optisch nicht wie Georges Sohn, sondern wie dessen gleichaltriger Bruder wirkt. Sein großer, klassisch geschulter Tenor verleiht dem Song "Anne" Operettenschmelz, was allerdings nicht recht zu seinem unterschwellig-bösartigen Auftreten passt, das erst durch die Hasstiraden seines Schwiegervaters gegenüber Albin verschwindet.
© Frank Bürger
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Maßgeblich zum Erfolg trägt Ausstatterin Diana Pähler bei. Dabei wirkt ihr schnell wandelbares Bühnenbild zunächst nur spartanisch: Auf der schwarzen Bühne rotiert für das Cabaret ein goldenes Bühnenportal, während das Wohnzimmer von Georges und Albin nur durch zwei seitlich stehende, üppig dekorierte Türen und ein die Bühnenmitte dominierendes XXL-Sofa mit Tigerpolster angedeutet wird. Über dem Möbel wird noch ein in Öl gemalter Muskelmann herabgelassen, der sich bei Bedarf in einen röhrenden Hirsch verwandeln lässt. In diesem nüchternen Ambiente entfalten sich die aus einem Rausch von Federn und Pailletten bestehenden, raffiniert geschnittenen Kostüme nebst abenteuerlichem Kopfschmuck in voller Pracht. In den Revue-Szenen wechseln manchmal Outfit und Haarprachten innerhalb weniger Augenblicke. Hier wurde an nichts gespart!
"Ich bin, was ich bin". Der wohl bekannteste Song aus "La Cage aux Folles" steht leitmotivisch für den gesamten Abend in Neustrelitz. Hier ist das Musical richtig gut gemachtes Musical. Das Publikum feiert die Premiere zu Recht minutenlang mit stehenden Ovationen.
(Text: kw)

Kreativteam
Besetzung
Produktionsgalerie (weitere Bilder)
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 3 Zuschauer haben eine Wertung abgegeben:

    28912 Geniestreich!
13.01.2011 - Tolle Künstler! In Tollen
Kostümen und in toller
Athmosphäre!
Aplaus!
Immer wider gerne!

Le Cuisinier (15 Bewertungen, ∅ 3.1 Sterne)
    28698 Sehenswert
17.10.2010 - Klein aber fein...das eine gilt den Theater, das andere der Inszenierung. Kurzweilige, heitere und genussvolle 120min in Neustrelitz. Christian Venske ist perfekt in der Rolle der Zaza und der "Fummel" steht ihm fantastisch. Das einfache aber pointierte Bühnenbild lenkt nicht ab sondern unterstützt. Die Musik war manchmal zu laut, dafür der Gesang grundsätzlich gut bis sehr gut. Noch zu loben ist Stephan Brauer, der nicht nur choreographierte, sondern mit Jacob auch noch eine charmante, nicht überzogene "Zofe" gespielt hat.
Jederzeit zu empfehlen!

mikebear (11 Bewertungen, ∅ 3.5 Sterne)
    28483 Super!
06.06.2010 - Als echter Fan des Stückes habe ich es schon oft gesehen. Die Show in Neustrelitz war bis jetzt jedoch die Beste. Stimmige Inszenierung, die nie zu dick aufträgt, sehr gute Tänzer. Musikalisch sehr präzise gearbeitet, hervorragendes Orchester. Christian Venske und Robert Merwald sind hier ein echtes Traumpaar, das auf Mann und Frau einfach bezaubernd wirkt.
Danke!

Waldelfe69 (erste Bewertung) 
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| Handlung | "La Cage Aux Folles" ist die Geschichte des homosexuellen Albin, der als Drag Queen Zasa im titelgebenden Nachtclub seines Lebensgefährten George auftritt. mehr Als Georges Sohn Jean-Michel die junge Tochter des konservativen Politikers Edouard Dindon heiraten und seinen zukünftigen Schwiegereltern eine seriöse Familie präsentieren will, kommt es zu einigen komischen Verwicklungen. Albin spielt, trotz einer tiefen Kränkung durch den Ziehsohn, seine Mutter, die kurzfristig abgesagt hat. Das Schauspiel wird letztendlich von Dindon enttarnt, doch durch eine geschickte Erpressung steht der Hochzeit des Sohnes Jean-Michel mit der Diplomatentochter Anna nichts mehr im Wege.
| Weitere Infos | Deutschlandpremiere war am 1985 am Berliner Theater des Westens
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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Leider keine aktuellen Aufführungstermine. |
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