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Selbstironische britische Zwei-Personen-Komödie aus der Feder von David Greig mit Musik von Gordon McIntyre – charmant und mit viel Humor in Szene gesetzt von Folke Braband. In den Hauptrollen: Tanja Wedhorn als Scheidungsanwältin in der Lebenskrise sowie „Tatort“-Star Oliver Mommsen als erfolgloser Kleinganove Bob.
Es gibt Stücke, die behaupten ein Musical zu sein, obwohl sie es gar nicht sind. Und es gibt Musicals, die sich mit Händen und Füßen dagegen wehren, als solche bezeichnet zu werden. „Eine Sommernacht“ fällt in keine der beiden Kategorien. Im Original hat das humorvolle Zwei-Personen-Drama der beiden Schotten David Greig und Gordon McIntyre den Untertitel „A Play With Songs“ – eine Beschreibung, die den Nagel auf den Kopf trifft.
Anwältin Helena und Kleinganove Bob erzählen die Geschichte, wie sie gemeinsam ein unvergessliches Mittsommer-Wochenende im verregneten Edinburgh verbracht haben. Nach einem One-Night-Stand sind sich die beiden einig, dass man sich nie mehr wiedersehen wird. Wie es das Schicksal will, laufen sie sich aber schon am nächsten Tag über den Weg: Sie – auf der Flucht vor ihrer Familie, nachdem sie die Hochzeit ihrer Schwester ruiniert hat. Er – mit einer Plastiktüte voll 15.000 Pfund, die nicht ihm gehören und hinter denen die gesamte kriminelle Szene der Stadt her ist. Beide mitten in der 35-Jahre-Midlife-Crisis und in dem Glauben, nichts zu verlieren zu haben. Kurzerhand beschließt man, das Geld an diesem Wochenende gemeinsam auf den Kopf zu hauen. Es wird ein Wochenende mit Zufallsbekanntschaften, japanischem Bondage, jeder Menge Alkohol und emotionalen Geständnissen, an dessen Ende sich Helena und Bob der Frage stellen müssen, ob sie zum Alltag zurückkehren wollen – und können.
Beide haben ihre jeweils eigene Version der Geschichte, die sich nicht immer deckt: die nüchterne Helena versucht dabei, ganz exakt bei den Tatsachen zu bleiben, während Möchtegern-Poet Bob lieber das Gefühl einfängt und schon mal Details unter den Tisch fallen lässt. Mit viel Charme und Humor zanken und necken sich Tanja Wedhorn und Oliver Mommsen auf der Bühne. Es ist die knisternde Chemie zwischen den beiden, die diese „Sommernacht“ ausmacht. Doch es ist auch bemerkenswert, wie es ihnen gelingt, ihre jeweiligen Charaktere (denen es beiden nicht an negativen Eigenschaften mangelt) zu durchweg sympathischen Antihelden zu machen. Als Zuschauer wünscht man ihnen, sie würden ihr Leben auf die Reihe bekommen.
Das Stück trifft dabei stets den richtigen Ton, was sowohl der gelungenen Buchvorlage zu verdanken ist als auch dem differenzierten Spiel der beiden Darsteller: Das Happy End ist romantisch ohne verkitscht zu sein, der Humor teilweise schlüpfrig (z.B. beim Zwiegespräch zwischen Bob und seinem besten Stück) ohne jemals unter die Gürtellinie oder ins Alberne abzurutschen. Die ernsthaften, philosophischen Momente kommen mit sanfter Ironie ohne erhobenen Zeigefinger daher.
Zwischen spritzigen Dialogen, urkomischen Szenen und auf den Punkt genau eingesetzten leisen Momenten klingen die Songs von Gordon McIntyre an und erfassen gekonnt die Stimmung der jeweiligen Situation: mal melancholisch („Love Will Break Your Heart“), mal wütend („The Hangover Song“), mal so ausgelassen wie eine durchzechte Nacht („The Song of Oblivion“). Dabei wechseln die Texte von Englisch zu Deutsch und zurück ohne am Sprachwechsel zu holpern – manchmal auch innerhalb eines Songs. Die Originaltexte sind allerdings flüssiger und die übersetzten Strophen stellen wohl vor allem ein Zugeständnis dar an den Teil des Publikums, das der englischen Sprache nicht mächtig ist. Weder Oliver Mommsen noch Tanja Wedhorn sind ausgebildete Sänger. Das fällt allerdings überhaupt nicht negativ ins Gewicht, denn die eingängigen, oft von Folk-Musik angehauchten Songs leben in erster Linie von authentischer Interpretation und erfordern keine perfekte stimmliche Leistung. Auch wenn an der einen oder anderen Solo-Stelle mehr Sprechgesang zu hören ist – gerade bei den Parts, in denen beide gemeinsam singen, harmonieren die Stimmen sehr wohlklingend miteinander.
Begleitet werden die Darsteller von Felix Huber, der mit seinen Gitarren auf der Bühne als Ein-Mann-Band fungiert, immer einmal wieder kurz in die Handlung mit einbezogen wird und während der Sprechszenen ab und an per Computersteuerung Hintergrundsounds einspielt – vom prasselnden Edinburgher Regen bis hin zur augenzwinkernden „Tatort“-Titelmelodie während einer Verfolgungsjagd.
Voller Humor ist auch die szenische Umsetzung. Da drückt Tanja Wedhorn schon mal einen klitschnassen Schwamm über den Köpfen von sich und Oliver Mommsen aus, um anschaulich darzustellen, wie Helena und Bob durchnässt durch den Dauerregen rennen. Die simulierte anfängliche Sexszene sorgt für schallendes Gelächter im Publikum. Und wenn doch einmal die körperliche Anwesenheit einer anderen Figur erforderlich ist, dann schlüpft Wedhorn kurzzeitig eben mit vollem Körpereinsatz in die Rolle von Gangster Big Tiny Tam oder von Bobs halbwüchsigem Sohn. Zwischen Kleiderständern, Kisten und ein paar Stühlen, die dank vielseitigem, originellem Einsatz als Multifunktions-Kulisse dienen, sorgt eine große Videoleinwand für Atmosphäre.
„Eine Sommernacht“ passt nur schwer in eine Schublade. Vielleicht funktioniert dieses Stück auch gerade deshalb so wunderbar und unterhält so gut, weil es nicht auf Krampf versucht, einem bestimmten Genre gerecht zu werden.
Ein Stück von David Greig und Gordon McIntyre
Deutsch von Barbara Christ
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KREATIVTEAM |
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Regie | Folke Braband |
Bühne | Tom Presting |
Kostüm | Polly Matthies |
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CAST (AKTUELL) |
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Helena | Tanja Wedhorn |
Bob | Oliver Mommsen |
Musiker | Felix Huber Lars Precht |
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GALERIE |
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