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Auch die zweite Eigenproduktion der Thunerseespiele überzeugt. Die großen Stärken der Inszenierung sind die treffenende und feine Charakterisierung der einzelnen Rollen und eine anfänglich karg anmutende Bühne, die mit ihrer Wandelbarkeit für Überraschungen und Lacher sorgt.
Das Buch “Die Käserei in der Vehfreude” von Jeremias Gotthelf bildet die Grundlage des Musicals “Gotthelf”. Eine klassische Romeo-und-Julia-Geschichte, die sich hier in einem Bauerndorf im Berner Emmental abspielt. Harte Arbeit, Liebe, Neid, Missgunst, Gier, Zwist und Aberglaube bestimmen den Alltag der Dorfbewohner. Über allem steht die Frage: Werden die beiden Verliebten Änneli (ein ehemaliges Verdingkind) und Felix (Sohn des Vorstehers der Dorfgemeinde, in der Schweiz Ammann genannt) schlussendlich zusammenfinden? Albert Bitzius alias Jeremias Gotthelf war hauptberuflich Pfarrer der Gemeinde und wird in Thun von Andreas Blum-Holzer in einer reinen Sprechrolle hervorragend interpretiert. Er durchbricht die Geschichte als Erzähler und reflektiert die Machenschaften in seiner Gemeinde auf liebevolle, humorvolle, aber ebenso spitze Art und Weise.
Auf den ersten Blick ist die Bühne nur ein schräger Holzbrettboden – doch rasch wird klar, dass sie einige Überraschungen zu bieten hat: Bespielbare Holzstege fahren hoch, aus Luken tauchen die Darsteller auf. Einige Elemente lassen sich drehen. Wie aus dem Nichts erscheinen ein Miststock, Sitzbänke, ein Sofa oder der Dorfbrunnen. Grandiose Ideen, die in ihrer Einfachheit wunderbar ins Bild des Thuner Sees und die ihn umgebenden Berge passen und die Handlung unterstützen.
Diese einfache Ausstattung nutzt Regisseur Stefan Huber, um sich stark auf die einzelnen Charaktere und die Sprache der Landleute zu konzentrieren. Dadurch wird der Zuschauer in das Zeitalter der früheren Schweizerfilme zurückversetzt. In diesen wurde der Fokus stark auf die den örtlichen Dialekt Berndeutsch und die Mimik gesetzt. Oft standen Aberglaube und Tratsch im Vordergrund. In Thun stimmen sowohl die Mimik im Spiel als auch die Körperspannung in den Choreographien (Simon Eichenberger) bei allen Ensemblemitgliedern, wodurch in den Massenszenen beeindruckende Bilder entstehen, die in Momantaufnahmen wie Scherenschnitte wirken. Die Kostüme, größtenteils in schwarzweiß gehalten, unterstreichen diesen Eindruck. Passend zum Holzboden wird rustikal mit Holzsohlen an den Schuhen gesteppt.
Der Chor der Thunerseespiele steigert sich jedes Jahr: Mimisch und Gesanglich sind die Laien nun fast nicht mehr vom professionellen Ensemble zu unterscheiden, das sehr homogen agiert und eine hohe Präsenz und Spielfreude an den Tag legt. Ergänzt werden sie von großartigen, authentischen Hauptdarstellern.
Die Entdeckung der Produktion ist Pamela Zottele als resolute und abergläubische Bauersfrau und Tratschtante “Eisi”. Ihr Mut zur Hässlichkeit ist bewundernswert. Mimisch großartig, stimmlich fast schon angsteinflößend wirbelt sie über die Thuner Seebühne. Florian Schneider und Patricia Hodell als Ammann und Ammännin spielen die Dorfvorsteher authentisch und äußerst witzig. Schneiders Bühnenpräsenz und Schalk sind überragend. Patricia Hodell legt die “Ammännin” als stolze und listige Frau an und überzeugt auch stimmlich.
Die Musik wurde von Markus Schönholzer komponiert. Einen Ohrwurm nimmt man hier nicht unbedingt mit nach Hause. Jedoch unterstützten die einzelnen Songs die Ausarbeitung der Charaktere und Szenen optimal. Neben fetzigen Chansons und feinen Balladen wird gejodelt, und auch Stücke im Broadwaystil sind in der Partitur zu finden. Das Orchester in Thun begeistert unter der einfühlsamen Leitung von Ivan Wassilevski auch dieses Jahr.
Einzig die Liebesgeschichte zwischen dem scheuen Änneli und dem charmanten Felix ist ein wenig brav und teilweise unnötig kitschig geraten. Stefan Huber hätte dem gar braven Änneli etwas mehr Frauenpower (die die restlichen Dorfbewohnerinnen im Überfluss besitzen) zuschreiben können. Dadurch bleibt die eigentlich zentrale Liebesgeschichte eindimensional und vermag nicht richtig zu packen. Lukas Hobi und Sabine Schädler überzeugen jedoch stimmlich wie auch schauspielerisch in ihren Rollen.
Der abzusehende Erfolg von “Gotthelf” ist dem professionellen und freundlichen Team der Thunerseespiele zu gönnen. Wie bei “Dällebach Kari” fällt auf wie berührend und melodisch die Lieder auf Berndeutsch, im eigenen Dialekt der Region, klingen. Im Emmental sagt man nicht “Küss mich”, sondern wie Felix in der Finalszene “Änneli, gib mer es Müntschi” – und sie tut es.
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KREATIVTEAM |
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Regie | Stefan Huber |
Buch | Charles Lewinsky |
Musik | Markus Schönholzer |
Musical-Supervision & Arrangements, Orchestration | Michael Reed |
Choreographie | Simon Eichenberger |
Musikalische Leitung | Iwan Wassilevski |
Bühnenbild | Harald Thor |
Kostüme | Susanne Hubrich |
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CAST (AKTUELL) |
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TERMINE |
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