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Immer wieder macht das Theater Hof mit seinen Musical-Uraufführungen von sich reden: Sei es „Der Ring“ oder im letzten Jahr „Jack the Ripper“ mit der Musik von Frank Nimsgern. Für die aktuelle Spielzeit hat Intendant Reinhardt Friese eine Musical-Version des bekannten Charles-Dickens-Romans „A Tale of Two Cities“ beim Komponisten Paul Graham Brown in Auftrag gegeben. Geliefert hat Brown ein dicht erzähltes und wunderschön komponiertes Musical, das in der Regie von Uwe Kröger und Timo Radünz hervorragend aufgeht.
Ursprünglich veröffentlichte Charles Dickens seinen Historienroman „A Tale of Two Cities“ häppchenweise in 31 Folgen in seinem wöchentlich erscheinenden Literaturmagazin. Erzählt wurde die – vor dem Hintergrund der aufkeimenden Französischen Revolution – dramatische Geschichte von Lucie Manette, die ihren Vater erst mit 18 Jahren kennengelernt hat, weil er unter fadenscheinigen Begründungen 10 Jahre im berühmten Pariser Gefängnis Bastille eingekerkert war. Als Lucie sich in einen französischen Adligen verliebt, der all seiner Titel abgeschworen hat und verdeckt in London als Charles Darnay lebt, nimmt das Unheil seinen Lauf. Heute gilt das Werk als einer der erfolgreichsten Romane aller Zeiten. Der Vergleich zu „Les Misérables“ drängt sich – sowohl im ursprünglichen Roman – als auch im Musical natürlich auf. Nicht nur inhaltlich werden ähnliche Themen und Motive aufgegriffen, auch die bloße Seitenzahl der beiden zugrundeliegenden Bücher ist gleichermaßen umfangreich.
Komponist und Autor Paul Graham Brown tat gut daran, sich in seiner Erzählung komplett auf seine vier Hauptfiguren Lucie, Charles Darnay, Lucies Vater Doktor Manette und Sydney Carton, der ebenfalls in Lucie verliebt ist und Charles durch seine optische Ähnlichkeit bereits einmal das Leben gerettet hat, zu konzentrieren. Dabei haben der Autor und das Regie-Duo Uwe Kröger und Timo Radünz ganz offensichtlich Hand in Hand gearbeitet. Wenn ein dermaßen umfangreiches Buch für die begrenzte Zeit auf einer Musical-Bühne adaptiert werden muss, gehen unweigerlich Aspekte einer Geschichte verloren. Kröger und Radünz gelingt es aber, immer genau an diesen Stellen,die Aufmerksamkeit des Publikums auf das Wesentliche zu lenken und sehr gut durch die Geschichte mit ihren vielen Szenen-, Orts- und Zeitenwechseln zu führen.
Die Kompositionen von „A Tale of Two Cities“ klingen meist wie ein großer Film-Soundtrack. Die schwelgerischen Melodien der Songs entwickeln sich oft überraschend aus dem große Teile der Show begleitenden Underscore. Verschiedene musikalische Motive tauchen im Laufe der Geschichte immer wieder auf. Brown belässt es dann aber nicht bei einer bloßen Reprise, sondern moduliert diese und bringt sie mit anderen Motiven aus seiner Komposition zusammen. Die im Orchestergraben untergebrachten Hofer Symphoniker unter der Leitung von Michael Falk spielen die Partitur sowohl mit dem notwendigen Drive – beispielsweise in den Szenen der Revolution – als auch mit dem richtigen Maß an Pathos in den romantischen Szenen. In der besuchten Premiere hätte allerdings das Verhältnis zwischen Gesang und Orchester an einigen Stellen besser ausgesteuert sein können. Die Musik überlagerte in manchen der Ensemble-Szenen den gesungenen Text. Im Laufe der Spielzeit lässt sich dieser Makel sicherlich noch beheben.
Das Bühnenbild von Herbert Buckmüller besteht zum größten Teil aus einem sehr wandelbaren, immer wieder in neuen Konstellationen zusammensetzbaren hölzernen Gerüst, das Szenen auf verschiedenen Ebenen ermöglicht. Auf den Bühnenhintergrund werden die verschiedenen Orte, an denen die Handlung spielt, an alte Fotografien erinnernd ausschnittweise angedeutet. Gemeinsam mit der Drehbühne, die flüssige Szenenwechsel ermöglicht, und dem enorm stimmungsvollen Lichtdesign von Henry Paul Rehberg, der immer wieder die französischen und englischen Nationalfarben rot und blau aufnimmt, entsteht so eine ganz eigene Bildersprache. Besonders schön gelingt dies beispielsweise, wenn Lucie mit einem – im starken Kontrast zum revolutions-gebeutelten, blutroten Paris – dunkelblauen Kleid ankommt und dort wie ein komplett unangemessener Fremdkörper wirkt. Die Kostüme von Anette Mahlendorf sind der Zeit der Geschichte entliehen und wirken authentisch und hochwertig.
Die Besetzung von „A Tale of Two Cities“ setzt sich zusammen aus festen Ensemble-Mitgliedern, dem überraschend bewegungsfreudigen und flexiblen Opernchor sowie einigen Gästen. Zum festen Ensemble zählen unter anderem Stefanie Rhaue in der Rolle der resoluten Miss Pross, die Lucie nach dem Tod ihrer Mutter und der Inhaftierung ihres Vaters Doktor Manettes aufgenommen hat, sowie Thilo Andersson als Defrage und Yvonne Prentki in der Rolle seiner immer fanatischer werdender Frau Therese.
Der wohl bekannteste Gastdarsteller ist Yngve Gassoy Romdal in der Rolle des Doktor Manette. Gassoy Romdal spielt die Rolle des von der jahrelangen Gefangenschaft sowohl körperlich als auch geistig schwer gezeichneten Vaters von Lucie mit großer Herzenswärme. Seine unverkennbare Stimme unterstreicht den tiefgründigen Charakter seiner Figur. Wenn er zum Ende des Stückes bemerkt, dass er mit einem Brief, den er vor vielen Jahren in Gefangenschaft geschrieben hat, dem Unglück den entscheidenden Anstoß gegeben hat, bringt Romdal die tiefe Reue und Verzweiflung intensiv und glaubhaft zum Ausdruck.
Birgit Reutter in der weiblichen Hauptrolle seiner Tochter Lucie gibt eine enorm sympathische Figur, die sowohl mit ihrem angenehmen, scheinbar völlig mühelosen Sopran als auch mit nuanciertem Schauspiel begeistert. Stimmlich harmoniert sie ganz ausgezeichnet mit Stefan Reil in der Rolle Charles Darnay. Ähnlich wie Yngve Gassoy Romdal hat Reil eine sehr unverwechselbare Stimme, die durch ihre schöne Färbung immer wieder heraussticht.
Die schwierigste Rolle in „A Tale of Two Cities“ fällt Jannik Harneit zu. Sein Sydney ist eigentlich ein guter Mensch und ein kluger Kopf, durch eine Mischung aus Trotteligkeit und vor allem viel zu viel Alkohol hat er sein Leben allerdings verspielt. Und obwohl Lucie sich gegen ihn – und für den gutaussehenden Charles entscheidet – hält er ihr bis zuletzt die Treue. Jannik Harneit fühlt sich in diese Rolle komplett ein. Seine Zerrissenheit ist sowohl in seinem Schauspiel als auch in seinem Gesang deutlich spürbar.
Allen Rollen gemein ist, dass es dem Publikum zu jedem Moment möglich ist, die Motivationen für ihr Handeln und die Empfindungen der verschiedenen Akteure nachvollziehbar mitzuerleben und zu verstehen.
Alle Figuren sind so gearbeitet und werden so dargestellt, als könnten sie auch der heutigen Zeit entsprungen sein und dem Publikum jeden Tag im wahren Leben begegnen. An dieser Stelle wird auch nochmal besonders deutlich, wie sehr es dem Team hinter „A Tale of Two Cities“ darum ging, eine Geschichte zu erzählen. Kein Effekt, kein einzelner Song ist in dieser Hofer Uraufführung so wichtig, die Entwicklung einer Person in der Geschichte zu unterbrechen. Im Interview mit der musicalzentrale beschreibt Uwe Kröger dies damit, dass selbst die Musik erst dann einsetzt, wenn das gesprochene Wort nicht mehr weiterkommt.
Die Fragen, die über „A Tale of Two Cities“ immer schweben, sind „Wann ist der Mensch gut?“ und „Was bedeutet Selbstlosigkeit?“. Abschließende Antworten kann das Stück freilich nicht geben, zum Nachdenken vermag diese Uraufführung aber allemal anzuregen.
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KREATIVTEAM |
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Musikalische Leitung | Michael Falk |
Inszenierung | Uwe Kröger |
Co-Regie, Choreografie | Timo Radünz |
Bühne | Herbert Buckmiller |
Kostüme | Annette Mahlendorf |
Chor | Lucia Birzer |
Lichtdesign | Henry Paul Rehberg |
Dramaturgie | Thomas Schindler |
Regieassistenz und Abendspielleitung | Lena Herpich |
Inspizienz | Yana Andersson |
Soufflage | Izabela Kuc |
Musikalische Einstudierung | David Preil Mengling Chen Michael Falk |
Nachdirigat | Lucia Birzer |
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CAST (AKTUELL) |
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Charles Darnay | Stefan Reil |
Sydney Carton | Jannik Harneit |
Lucie Manette | Birgit Reutter |
Doktor Manette | Yngve Gasoy-Romdal |
Miss Pross | Stefanie Rhaue |
Defarge | Thilo Andersson |
Madame Defarge | Yvonne Prentki |
Javis Lorry | Andrii Chakov |
Jerry Cruncher | Tamás Mester |
Marquis D'évremonde, John Basad | Ralf Hocke Michal Rudzinski |
Stryver | Christiane Seidel |
Gabelle | Hans-Peter Pollmer |
Richter | Christiane Seidel |
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GALERIE |
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TERMINE |
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keine aktuellen Termine |
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TERMINE (HISTORY) |
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Fr, 27.10.2023 19:30 | Theater, Hof | Premiere | |||||||
Sa, 04.11.2023 19:30 | Theater, Hof | abgesagt | |||||||
Mi, 08.11.2023 19:30 | Theater, Hof | ||||||||
▼ 7 weitere Termine einblenden (bis 01.12.2023) ▼ | |||||||||
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So, 12.11.2023 18:00 | Theater, Hof | ||||||||
Do, 16.11.2023 19:30 | Rosenthal-Theater, Selb | ||||||||
Sa, 18.11.2023 19:30 | Theater, Hof | ||||||||
So, 19.11.2023 19:30 | Theater, Hof | ||||||||
Sa, 25.11.2023 19:30 | Theater, Hof | ||||||||
So, 26.11.2023 19:30 | Theater, Hof | ||||||||
Fr, 01.12.2023 19:30 | Theater, Hof | ||||||||
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