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Die auf der Magdeburger Inszenierung basierende Tourneeversion des Musical-Thrillers ist trotz einiger Kompromisse bei Ausstattung, Ensemble und Orchester das Eintrittsgeld wert – vor allem wegen der musikalischen Leistungen von Sabrina Weckerlin und Leah Delos Santos.
Henry Jekyll zwischen zwei Frauen: Andreas Gergen und Christian Struppeck erzählen in ihrer Tournee-Inszenierung des Wildhorn-Klassikers vor allem das ganz persönliche Drama der Titelfigur. Und das tun sie auf eine erfreulich unaufgeregt-klassische Art, ohne dass die Inszenierung dabei altbacken wirken würde. Sie vertrauen auf die Thriller-Qualitäten des Stückes und siedeln ihre Version vorlagengetreu im viktorianischen London an.
Über weite Strecken ist die Geschichte spannend und stringent erzählt. Dabei stehen weniger Jekylls fanatischen Hingabe an seine Wissenschaft und die im Buch anklingenden scharfen sozialen Gegensätze im Mittelpunkt, viel mehr liegt der Fokus auf den menschlichen Beziehungen der Charaktere. So gewinnt vor allem die Rolle von Jekylls Verlobter Lisa an Format, die nicht nur im zweiten Akt das nachträglich eingefügte Solo „Könntest Du verstehn, wie ich Dich liebe“ bekommt, sondern auch in der Schlussszene nach den Schüssen mit dem sterbenden Jekyll eine Reprise von „Da war einst ein Traum“ singt. Ihre Liebe trägt Jekyll, umso mehr leidet sie an der Entfremdung im Zuge der Experimente. Auch Lucys Motivation wird sehr viel deutlicher, als in vielen anderen Inszenierungen: Sie erhofft sich durch die Beziehung zu Jekyll aus ihren Verhältnissen zu entkommen, sie hängt sich mit großer naiver Liebe an den edelmütigen Doktor.
Schließlich ist da noch Jekyll selbst, der – von seinen Experimenten in den Wahnsinn getrieben – immer mehr mit Hyde verschwimmt, so dass schon im Laufe der „Konfrontation“ keine deutliche Unterscheidung mehr möglich ist. Er erscheint auch als Hyde auf seiner Hochzeitsfeier, die Trennung der beiden Persönlichkeiten ist zum Schluss des Stückes erkennbar gescheitert.
Hinter diesen Aspekten treten andere Nebenhandlungen in den Hintergrund, Nellie und Spider sind als Figuren komplett gestrichen, auch der Vorstand des Krankenhauses wirkt nur als Karikatur einer trotteligen Oberschicht.
Naturgemäß fordert die Tourneetauglichkeit einige Kompromisse. So tönt ein schmal besetztes Orchester manchmal recht dünn aus dem Graben und auch das Bühnenbild muss sich verschiedenen Gegebenheiten anpassen. Mit einer multifunktional nutzbaren zweigeschossigen Gerüstkonstruktion mit einigen Schiebefenstern lassen sich unterschiedliche Räume vom Adelspalais des Sir Danvers bis zur Straßenszenerie darstellen. Unglücklich sind die Umbauten der beiden zentralen Klappenelementen: Wenn sie geöffnet werden sollen, erscheinen zwei kostümierte Bühnenarbeiter. Das ist in vielen Szenen nicht schlimm, da das Ensemble während des gesamten Stückes im Freeze oder in situationsentsprechenden Nebenrollen auf der Bühne ist und das Bild belebt.
Gerade während „Dies ist die Stunde“ und „Jemand wie Du“ zerstören diese beiden aber ärgerlicherweise mit ihrer Arbeit völlig die Fokussierung auf die Hauptdarsteller.
Ebenso schade: „Mörder“ und „Fassade“ leiden unter dem kleinen Ensemble und können keine richtige Dynamik entwickeln, obwohl die Darsteller alles geben.
Gespielt wird die überarbeitete deutsche Übersetzung von Susanne Dengler und Eberhard Storz, die in Passagen wie „Ich sage, Männer her“ (ehemals „Drum schafft die Männer ran“) nicht gerade eine Verbesserung gegenüber der Urversion ist.
In der besuchten Vorstellung in Hannover wurde Yngve Gasoy-Romdal in der Titelrolle von seiner Zweitbesetzung Christoph Goetten vertreten. Obwohl Goetten sowohl in Köln, als auch in Chemnitz bereits in dieser Rolle auf der Bühne gestanden hatte, gelang es ihm nicht, die Hauptfigur mit Leben zu erfüllen. Als Jekyll blieb er farblos und unbewegt, seinen Hyde spielte er zwar mit großer Agression, ohne aber wirklich bedrohlich zu wirken. Auch gesanglich blieb Goetten dünn, als Hyde teilweise mit einem unangenehm scheppernden Stimmklang.
Dass der Abend trotz der Schwächen in der zentralen Position des Stückes gelingt, ist drei Darstellern zu verdanken, die jeder mit seiner Leistung allein das Eintrittsgeld wert gewesen wären. Da ist zunächst einmal Reinhard Brussmann als Sir Danvers. Formatfüllend, gesanglich souverän und mit jedem Auftritt mühelos die Szene beherrschend macht er deutlich, was ein großartiger Darsteller aus einer Nebenrolle zu machen vermag.
Leah Delos Santos als Lisa brilliert mit lupenreinem Gesang, präzisem Spiel und glaubhafter Emotion. Jeder ihrer Songs bietet genügend Anlass, die Augen zu schließen und zu genießen.
Und dann ist da noch Sabrina Weckerlin als Lucy. Von lustvoll-verrucht bis naiv-verträumt bedient sie alle Facetten einer glaubhaften Lucy und besticht mit ihrer mühelosen und beinahe ansatzlos wirkenden Beltstimme. Besser kann man die kraftvollen Powerballaden in der Tradition der Ur-Lucy Linda Eder nicht singen. So wird schon ihr „Ein neues Leben“, das sie mit einem unglaublich kraftvollen Schlußton krönt, zu Recht bejubelt.
Zum Höhepunkt gerät schließlich „Nur sein Blick“. Die beiden Damen bringen das Duett mit traumwandlerischer Sicherheit und einer scheinbaren Leichtigkeit über die Rampe.
So schön kann Musicalgesang sein.
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KREATIVTEAM |
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Inszenierung | Andreas Gergen Christian Struppeck |
Musikalische Leitung | Heiko Lippmann |
Arrangements | Jason Howland |
Bühne | Jan Freese |
Kostüme | Regina Schill |
Choreografie | Kim Duddy |
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CAST (AKTUELL) |
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Dr. Henry Jekyll / Edward Hyde | Yngve Gasoy Romdal Christoph Goetten |
Lucy Harris | Sabrina Weckerlin Corinna Ellwanger Anne-Mette Riis |
Lisa Carew | Leah Delos Santos Corinna Ellwanger Anne-Mette Riis |
John Utterson | Christoph Goetten Marc Lamberty |
Sir Danvers Carew | Reinhard Brussmann |
General Lord Glossop / Poole | Mickey Petersson |
Simon Stride | Gerald Michel |
Bischof von Basingstoke | Daniel Coninx |
Lady Beaconsfield | Betty Vermeulen Esther Mink |
Lord Savage | Noud Hell |
Nellie | Patricia Hodell Esther Mink |
Das Ensemble | Hakan T. Aslan Corinna Ellwanger Alexandra Farkic Niklas-Philipp Gertl Luise Helbig Marc Lamberty Esther Mink Anne-Mette Riis |
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TERMINE |
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keine aktuellen Termine |
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