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Willkommen im Kit-Kat-Club des Mittelsächsischen Theaters, wo in der beklemmenden Inszenierung von Johannes Pölzgutter Freizügigkeit, Lust und Ekstase von einem aufziehenden politischen Sturm hinweggefegt werden. Ein exzellenter Cast unterstreicht die enorme Aktualität des Stoffes.
Trotzig schreit eine desillusionierte Sally Bowles die letzten Passagen ihres Songs „Cabaret“ heraus. Nach der Rückkehr auf die Bühne des Kit-Kat-Clubs stellt sie fest, dass hier aufgrund des wachsenden Einflusses der Nationalsozialisten inzwischen ein ganz anderer Wind weht. Aus dem androgyn-zotigen Conférencier im Glitzerfummel ist ein erblondeter, strammer Ansager im Frack geworden, der Sally vor ihrem Auftritt ein züchtiges silbernes Abendkleid verpasst, um ihr sexy Straps-Outfit zu bedecken. Auch die halbseidenen, zwischen den Geschlechtern hin- und herpendelnden Kit-Kat-Club Boys und -Girls sind verschwunden. Das Amüsement im Club ist für die „neue Zeit“ schon ganz auf Linie getrimmt worden und dient nun Partei und Propaganda.
Johannes Pölzgutter rüttelt mit seiner in allen Facetten überaus gelungenen, beklemmend-verstörend wirkenden Inszenierung wach. Ernst Ludwig und seine Nazi-Freunde sind alles andere als nur Mitglieder einer sich (noch) harmlos gebenden Partei. Sie krempeln um, was ihrer Meinung nach umgekrempelt werden muss und das zur Not auch mit roher Gewalt. Was das Publikum bei der Verlobungsfeier von Fräulein Schneider und Herrn Schultz schon erahnen kann, wird nach der Pause grausame Realität: Parteifunktionäre in Uniformjacken vertreiben die wacker eine Kickline tanzenden Kit-Kat-Club Girls und machen Platz für einen über die Bühne skandieren Mob. Pölzgutter zeigt diese Nazischergen mit weißen Tüchern vor den Gesichtern – eine Verfremdung, die symbolisieren soll, dass jeder in der Nachbarschaft dazugehören könnte. Diese Figuren erscheinen auch auf der bühnenrückwärtigen Projektionsfläche, wo sie nach und nach alle zunächst leeren Fensterflächen belegen. Den als schrille Paradiesvögel gezeichneten Personal des Kit-Kat-Klubs machen die Nazis den Garaus, indem sie auf offener Szene im Hintergrund niedergeknüppelt und abtransportiert werden. Besonders schlimm trifft es dabei den Tänzer im Gorillakostüm, dem Ernst Ludwig zunächst eine Banane hinhält, um ihn nach der gewaltsamen Demaskierung zu verhöhnen.
Als sein eigener Bühnenbildner stellt Pölzgutter eine Wand mit einer an eine Kameralinse erinnernde Öffnung auf die Bühne – eine Reminiszenz an John Van Drutens dem Musical zugrundeliegenden Theaterstück „Ich bin eine Kamera“. Das mit Glühbirnen verzierte Rund kann durch einen Vorhang geöffnet werden und gibt dann den Blick frei auf Schauplätze wie Zugabteil, Pensionszimmer, Obstladen oder Straße, die mit nur wenigen Versatzstücken und Projektionen angedeutet werden. Vor der geschlossenen, rückwärtigen Wand spielen die Szenen auf der Bühne des Kit-Kat-Klubs und im Flur von Fräulein Schneiders Pension – hier dann zusätzlich angedeutet durch ein kleines Wandlämpchen, das die handelnden Personen aufstecken, sowie zwei Türen an der linken und rechten Bühnenseite. Das ist alles sehr effektvoll und ermöglicht blitzschnelle Szenenwechsel. Unterstützt wird der stimmungsvolle optische Eindruck durch Melchior Silbersacks zeittypisches, für das Kit-Kat-Personal mit Conférencier und Sally Bowles auch recht freizügige Kostümbild.
Die ausgelassene Musik im Stil der 1920er Jahre aus der Feder von John Kander ist bei den Mitgliedern der Mittelsächsischen Philharmonie in guten Händen. Unter der Leitung von Bennet Eicke-Kļava spielen sie die erst 1997 entstandene reduzierte Orchesterfassung von Chris Walker als wilden Soundtrack für den Anfang vom Ende.
Da das Mittelsächsische Theater über kein eigenes Ballett-Ensemble verfügt, werden die Kit-Kat-Boys und -Girls in dieser Inszenierung mit Choristen besetzt. Ein Umstand, der zunächst Schlimmes befürchten lässt, sich allerdings als Glücksfall entpuppt. Die Choreografien von Nicole Eckenigk überfordern die Darsteller nicht, sehen aber dennoch effektvoll aus. Auch der Umstand, dass das Cabaret-Personal richtig gut singen kann, nutzt der Regisseur aus, indem er sie alle gemeinsam mit dem Conférencier zum Beispiel beim Song „Money“ auftreten lässt.
Dieser auch als Erzähler durch die Show führenden Strippenzieher ist bei Alexander Donesch in den besten Händen. Auch wenn er zu Beginn der besuchten Vorstellung als erkältungsbedingt indisponiert angekündigt wird, ist er einfach grandios! Donesch wirbelt als zwielichtig wirkender, zunächst androgyner, später knallharter Entertainer über die Bühne, ist mal linkisch-bedrohlich, dann wieder bittersüß. Dazu singt er mit kräftigem Bariton und es ist eine große Freude, dass er in dieser Inszenierung zusätzlich das erst 1987 in das Musical integrierte, sonst in deutschsprachigen Inszenierungen nie zu hörende „I Don’t Care Much“ zum Besten geben darf.
Glücklicherweise erklingt hier auch Clifford Bradshaws oft gestrichenes „Wer will schon wach sein?“, sodass Yannik Gräf in dieser etwas undankbaren Rolle mit seinem schönen Tenor auch solistisch glänzen kann. Er spielt den nach Berlin kommenden Amerikaner als mit beiden Beinen im Leben stehenden Realisten und ist im Zusammenspiel und im Gesang mit Anna Burger als Sally Bowles auf den Punkt besetzt. Ihre stimmliche, gesangliche und tänzerische Klasse unterstreicht sie von Beginn bis zum bitteren Ende, in dem sie von der zunächst oberflächlichen Blondine mit Starambitionen, in die Rolle eines Propaganda-Sternchens abdriftet. Burger kostet mit ihrem in allen Facetten funkelnden Sopran ihre vielen Solo-Nummern gekonnt aus.
Hinter diesen drei Ensemble-Mitgliedern aus dem Musical-Fach braucht sich der restliche Cast nicht zu verstecken. Als Traumpaar ohne eine echte Zukunft empfehlen sich Susanne Engelhardt und Andreas Kuznick als Fräulein Schneider und Herr Schultz. Beiden scheinen ihre Rollen auf den Leib geschrieben zu sein; sie singen und spielen ihre Parts grandios. Stefanie Metzlers Fräulein Kost ist hier weniger eine Pensionsbewohnerin mit Männerverschleiß, denn eine raffinierte Kollaborateurin, die mit „Der morgige Tag ist mein“ ihre wahre Gesinnung offenbart. Diesen deutschtümelnden Song singt zuvor auch schon mit klarem Tenor Sebastian Schlicht (alternierend mit Fabian Vogt) als Ernst Ludwig. Auch wenn er erst kurz vor der Pause eine Hakenkreuzbinde trägt, ist seine Gesinnung als strammer Nazi von Beginn an eindeutig.
Unter dem Strich lädt das Mittelsächsische Theater in ein fast schon als mustergültig zu bezeichnendes „Cabaret“ ein, in dem nicht nur Inszenierung, Ausstattung, Cast und Musik stimmen, sondern auch zu hoffen ist, dass diese Produktion die Menschen der Region wachrüttelt und mahnt, ganz genau zu überlegen, wo sie bei der nächsten Wahl ihr Kreuzchen machen.
Musical von Joe Masteroff, John Kandler und Fred Ebb
Nach dem Stück „Ich bin eine Kamera“ von John van Druten und Erzählungen von Christopher Isherwood
Deutsch von Robert Gilbert
In der reduzierten Orchesterfassung von Chris Walker
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| KREATIVTEAM | |||||||||
|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
| Inszenierung, Bühne | Johannes Pölzgutter |
| Musikalische Leitung | Bennet Eicke-Kļava |
| Kostüme | Melchior Silbersack |
| Choreografie | Nicole Eckenigk |
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| CAST (AKTUELL) | |||||||||
|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
| Conférencier im Kit-Kat-Club | Alexander Donesch |
| Sally Bowles | Anna Burger |
| Clifford Bradshaw | Yannik Gräf |
| Fräulein Schneider | Susanne Engelhardt |
| Herr Schultz | Andreas Kuznick |
| Ernst Ludwig | Sebastian Schlicht Fabian Vogt |
| Fräulein Kost | Stefanie Metzler |
| Kit-Kat-Club Boys / Matrosen / Nazis | Myktyta Berezniak Gregor Roskwitalski Bartosz Jankowski Vladyslav Kalinichenko |
| Kit-Kat-Club Girls / Nazis | Paola Alcocer Madison Resch Marianna Ntinou Annamaria Schmidt Suzan Wei |
| mit | MiT-Chor MiT-Stimmen |
| Orchester | Mittelsächsische Philharmonie |
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| GALERIE | |||||||||
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| TERMINE | |||||||||
|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
| Fr, 16.01.2026 19:30 | Theater, Freiberg | |
| Do, 26.02.2026 19:30 | Theater, Freiberg | |
| So, 01.03.2026 15:00 | Theater, Döbeln | |
| Sa, 07.03.2026 19:30 | Theater, Freiberg | |
| So, 19.04.2026 15:00 | Theater, Döbeln | |
| Di, 21.04.2026 19:30 | Theater, Freiberg | |
| So, 10.05.2026 17:00 | Theater, Döbeln | |
| Mo, 25.05.2026 17:00 | Theater, Freiberg |
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| TERMINE (HISTORY) | |||||||||
|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
| Sa, 18.10.2025 19:30 | Theater, Freiberg | Premiere | |||||||
| Sa, 25.10.2025 19:30 | Theater, Freiberg | ||||||||
| Sa, 01.11.2025 19:30 | Theater, Döbeln | ||||||||
| ▼ 5 weitere Termine einblenden (bis 27.12.2025) ▼ | |||||||||
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| So, 16.11.2025 15:00 | Theater, Döbeln | ||||||||
| So, 23.11.2025 17:00 | Theater, Freiberg | ||||||||
| Fr, 12.12.2025 19:30 | Theater, Freiberg | ||||||||
| Fr, 26.12.2025 19:00 | Theater, Döbeln | ||||||||
| Sa, 27.12.2025 19:30 | Theater, Freiberg | ||||||||
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