Max Niemeyer (Weißer Ritter), Valerie Luksch (Alice), Christian Fröhlich (Kaninchen) © Herwig Prammer
Max Niemeyer (Weißer Ritter), Valerie Luksch (Alice), Christian Fröhlich (Kaninchen) © Herwig Prammer

Wonderland (seit 09/2024)
Landestheater, Linz

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Es überrascht, dass das Landestheater Linz seine neue Spielzeit mit „Wonderland“ eröffnet – einem der weniger erfolgreichen Werke von Frank Wildhorn. Das Theater hat sich in der Vergangenheit durch besonders erfolgversprechende Inszenierungen und international erfolgreiche Musicals einen Namen gemacht hat. „Wonderland“ dagegen scheiterte am Broadway 2011 mit nur 31 Previews und 22 regulären Vorstellungen. Auch eine Tournee 2017 durch Großbritannien wurde vorzeitig abgebrochen. Dennoch enthält das Stück einige der besten Melodien, die Wildhorn je geschrieben hat. Was den Besuch der Linzer Inszenierung besonders lohnenswert macht, ist jedoch nicht nur die Musik, sondern auch die fantastische Inszenierung, die einfallsreiche Ausstattung und ihre Kostüme sowie die wieder einmal herausragende Besetzung.

Die Linzer Fassung basiert auf dem überarbeiteten Buch von Gabriel Barre und Jennifer Paulson-Lee, das nach dem Broadway-Debakel für eine neue Inszenierung in Tuacahn / Utah entstand. Alice ist hier nicht mehr Schriftstellerin, sondern eine Spieleentwicklerin in einer großen Softwarefirma, die sich in einem Karrieredilemma befindet: Wer wird die Nachfolge ihrer Chefin antreten? Sie oder ihre Konkurrentin Maddie Quizzle? Völlig erschöpft schläft Alice in ihrem Büro ein und findet sich in Wonderland wieder – einer Welt, in der die Figuren merkwürdige Ähnlichkeiten mit ihren Kollegen und Familienmitgliedern aufweisen.

Regisseur Christoph Drewitz versteht es, die oft oberflächliche Handlung mit kreativen Ideen lebendig zu gestalten. Durch das geschickte Spiel mit Licht und Stimmungen unterscheidet er klar die reale Welt von Wonderland. Seine Führung der Figuren verleiht der Inszenierung Struktur und hält die Show trotz der Schwächen des Buches zusammen.

Das Bühnenbild von Andrew D. Edwards greift die digitale Ästhetik der 80er- und 90er-Jahre auf. MS-DOS-Programmierzeilen flackern über den Bühnenhintergrund, Kabelstränge blinken in wechselnden Farben. Die Konstruktion auf einer großen Drehbühne – mit Abteilen, die mit Türen und Spiegeln versehen sind – sorgt für dynamische Bewegungen und ein hohes Tempo der Inszenierung. Edwards schöpft die technischen Möglichkeiten des Landestheaters voll aus, um der Inszenierung Tiefe und visuelle Vielfalt zu verleihen.. Ein besonderes Highlight ist die Teeparty-Szene, in der das Orchester aus dem Graben auf Bühnenhöhe gehoben und damit Teil des Geschehens wird.

Die Kostüme von Adam Nee sind ebenso einfallsreich wie das Bühnenbild. Der Raupe verleiht er mehrere Gliedmaßen, die sich beim „Rat einer Raupe“ perfekt bewegen. El Gato erinnert an eine sehr moderne Version des Rum-Tum-Tuggers aus „Cats“, der verrückte Hutmacher wirkt durch sein Kostüm und seine verschiedenfarbigen Augen vollkommen unberechenbar. Die Herzkönigin mit ihrem schrulligen Minenspiel wirkt, als wäre sie einem alten Computerspiel entsprungen. Flamingos, Einhörner und sogar eine Auster – Nee schafft eine visuelle Welt, die faszinierend und skurril zugleich ist.

Wie viele Linzer Inszenierungen kann auch „Wonderland“ mit einer bis in die kleinsten Nebenrollen perfekt besetzten Cast punkten. Max Niemeyer als Weißer Ritter, Karsten Kenzel als Raupe und Lukas Sandmann als El Gato verleihen ihren Figuren eine persönliche Note, obwohl das Buch ihnen wenig Tiefe gibt. Christian Fröhlich als Kaninchen sorgt mit seiner immer gestressten, schreckhaften Art und einer überdimensionalen Digitaluhr auf dem Rücken für Lacher. Daniela Dett glänzt als schräg-verschrobene Herzkönigin, deren „Ab mit dem Kopf!“ zu einem der musikalischen Höhepunkte der Show wird. Enrico Treuse sticht in seiner Rolle als Hutmachers Assistent Hase Morris heraus – ein echter Hingucker. Grete Winkelhofer als Alice‘ Tochter „Chloe“ und als „Junge Alice“ legt schauspielerisches Talent an den Tag wenn sie wie hypnotisiert durch die Spiegel des Hutmachers geht und dort alle ihre Erinnerungen ausgelöscht werden.

Die beiden Stars des Abends sind jedoch Valerie Luksch als Alice und Sanne Mieloo als verrückter Hutmacher. Valerie Luksch überzeugt mit ihrer kristallklaren Stimme und ihrem komischen Talent. Ihre Gesichtsausdrücke und Reaktionen im Wunderland sind urkomisch, besonders wenn sie versucht, sich einzugestehen, dass sie den Weißen Ritter gut findet. Ihr großer Song „Der Weg ins Wunderland“, der die Show abschließt, ist allein den Theaterbesuch wert. Sanne Mieloo als Hutmacher spielt ihre Rolle beängstigend überzeugend. Ihr Hutmacher ist gleichzeitig faszinierend und furchteinflößend – das Publikum wechselt zwischen Lachen und Schaudern. Ihr „Der Sieg ist mein“ welches in Linz zum Duett mit Alice wird, sorgt für einen der emotional packendsten Momente der Inszenierung.

So gelungen Inszenierung und Musik auch sind, das schwache Buch von „Wonderland“ bleibt das größte Manko. Die Geschichte beginnt vielversprechend, doch viele Handlungsstränge werden nicht weiterentwickelt. So trinkt Alice zwar wie in der berühmten Vorlage „Alice im Wunderland“ die Flüssigkeit, die sie schrumpfen lässt, doch das hat keinen Einfluss auf die Handlung. Auch die Begegnung mit El Gato bleibt weitgehend bedeutungslos. Diese Szenen sind zwar visuell beeindruckend und toll gespielt, aber für die Story entbehrlich.

Musikalisch liefert Frank Wildhorn einen großartigen Score. Songs wie „Der Sieg ist mein“ oder „Der Weg ins Wunderland“ sind echte Highlights. Wildhorns Musik gibt den Figuren mehr Tiefe, als das Buch es vermag. Mit einem Augenzwinkern charakterisiert er die Eigenheiten der Figuren, etwa wenn er dem Weißen Ritter mit „Dein Held“ einen Song im Boyband-Stil auf den Leib schreibt. Die „Club-Wonderland-Band“ unter der Leitung von Raban Brunner spielt den Score in gewohnt hoher Qualität und die Abmischung ist hervorragend. Die deutschen Dialoge und Songtexte von Wolfgang Adenberg fügen sich nahtlos in den Stil der Show ein und bringen zusätzliche Wortspiele und Witz.

Auch wenn „Wonderland“ inhaltlich eher weniger punkten kann, hat das Landestheater Linz mit seiner Inszenierung mal wieder einen aufsehenerregenden Start in die neue Saison abgeliefert.

 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
KREATIVTEAM
MusikFrank Wildhorn
GesangstexteJack Murphy
BuchJennifer Paulson-Lee
Gabriel Barre
Original-BuchGregory Boyd
Jack Murphy
Deutsche ÜbersetzungWolfgang Adenberg
Musikalische LeitungTom Bitterlich
InszenierungChristioph Drewitz
ChoreographieDavid Hartland
BühnenbildAndrew D. Edwards
KostümeAdam Nee
LichtdesignMichael Grundner
VideodesignLeo Flint
NachdirigatRaban Brunner
DramaturgieArne Beeker
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
AliceValerie Luksch
Alexandra-Yoana Alexandrova
Chloe / Kind im Wunderland / Junge AliceRosa Gruber
Helena Unger
Eva Winkelhofer
Greta Winkelhofer
Everheart / HerzköniginDaniela Dett
Ms Maddie Quizzle / Verrückter HutmacherSanne Mieloo
Jack / Weißer RitterMax Niemeyer
Richard Hopper / KaninchenChristian Fröhlich
Tyrell Leggett / RaupeKarsten Kenzel
Jose Purrez / El GatoLukas Sandmann
Mo / Morris March Hare / ChazEnrico Treuse
EnsembleAlexandra-Yoana Alexandrova
Valerie Luksch
Lynsey Thurgar
Astrid Nowak
Sophia Aregger
Kenia Bernal Gonzalez
Katharina Theil
Luuk Hartog
Matteo Vigna
Romeo Salazar
Evan Livesey
Danilo Aiello
Davide Venier
Jan Ungar
  
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE
Fr, 22.11.2024 19:30Landestheater, Linz
Do, 28.11.2024 19:30Landestheater, Linz
Fr, 06.12.2024 19:30Landestheater, Linz
Sa, 21.12.2024 17:00Landestheater, Linz
Mi, 25.12.2024 19:30Landestheater, Linz
Sa, 04.01.2025 19:30Landestheater, Linz
Mo, 20.01.2025 19:30Landestheater, Linz
Di, 28.01.2025 19:30Landestheater, Linz
So, 23.02.2025 15:00Landestheater, Linz
 
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TERMINE (HISTORY)
Sa, 07.09.2024 19:30Landestheater, LinzPreview
So, 08.09.2024 18:00Landestheater, LinzPremiere
Mi, 11.09.2024 19:30Landestheater, Linz
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