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Der Schauspieler Michael Dorsey verkleidet sich als Frau und bekommt als Dorothy Michaels eine Rolle im Broadway-Musical „Julias wahre Flamme“. Die vom Set einer Seifenoper ins Theatermilieu verschobene Musicalversion des 1982er Filmklassikers steht in dieser Saison mehrfach auf deutschsprachigen Spielplänen. Ein bekannter Titel, nicht allzu oberflächliche Unterhaltung und Rollen, in denen das Ensemble glänzen kann – da macht man bei der Programmgestaltung nichts falsch. Auch in Linz wird das Publikum sehr gut unterhalten. Die Musiknummern werden fabelhaft auf die Bühne gebracht, bei den Schauspielszenen hätte es aber ein bisschen mehr Feuer gebraucht.
Es gibt – vor allem im zweiten Akt – Momente, in denen sich das Komödienrad ungestört dreht und die Dialoge Tempo haben. Aber in zu vielen Szenen hat Regisseur Ulrich Wiggers wohl nicht das von seinen Darstellern verlangt, was Dorothy ihrem semi-talentierten Kollegen Max rät: „Du musst meinen, was du sagst.“ Wiggers lässt sein Ensemble zu oft nur trocken Text aufsagen und das ist schade. Darunter leidet vor allem sein Hauptdarsteller. Vielleicht hätte ein Quäntchen komödiantische Lockerheit Gernot Romics Schauspiel als Michael lebendiger gemacht. Trotzdem hat er – besonders als Dorothy – einige hinreißend lustige Momente und singt die höllisch hohe Partie beeindruckend.
Karsten Kenzel hat als Jeff das Problem, dass er im ersten Akt fast nur Ansprechpartner seines Mitbewohners Michael ist. Diese Szenen dienen dramaturgisch der Informationsvermittlung; das Publikum erfährt durch den Dialog, was Michael passiert ist oder was er denkt. Und das ist eben nur bedingt lebendig gespielt und inszeniert. Im zweiten Akt wird Jeff aktiver, hat da das fulminante Solo „Jeff fasst zusammen“ und die Figur löst sich davon, einfach nur Stichwortgeber zu sein.
Von Anfang an „zügellos“ (wie in Michaels Showstopper) sind Celina dos Santos und Christian Fröhlich. Dos Santos hat eine sprühende Energie, in die sich Frustration und Despression der erfolglosen Schauspielerin Sandy Lester mischen. Ihr zungenbrechend schneller Song „Was passier‘n wird“ ist ebenso witzig (auch dank der pointierten Übersetzung von Roman Hinze) wie verzweifelt. Christian Fröhlich hat als dumpfbackiger Max Van Horn das Publikum sofort auf seiner Seite. Der Reality-TV-Star Max wurde nicht wegen darstellerischer Fähigkeiten, sondern aufgrund seiner großen Fangemeinde als Zuschauermagnet engagiert. Um die Erwartungen seiner Fans zu bedienen, zieht er bei jeder sich bietenden Gelegenheit sein Hemd aus. Fröhlich gibt Max einen stumpfen Blick sowie kindliche Freude, wenn er Lob für sein Schauspiel bekommt, und setzt sein beeindruckendes Stimmvolumen bei einem Ständchen für Dorothy ein.
Bietet Fröhlich die komödiantischste Leistung des Abends, so bringt Sanne Mieloo die emotionalste. Als Dorothys Bühnenpartnerin Julie Nichols ist Mieloo aufrichtig sympathisch. Glaubhaft vermittelt sie die Verwirrung, die Dorothys Kuss in ihr auslöst und warum sie letztlich sogar bereit ist, mit ihr eine Beziehung einzugehen. Stimmlich glänzt sie besonders in der fordernden Soul-Nummer „Alles läuft schief“.
Das Bühnenbild von Leif-Erik Heine hinterlässt ein paar Fragezeichen. Heine verlegt die Handlung in und vor einen Kosmetikkoffer der Marke „Maybehim New York“. Das Orchester sitzt im Hintergrund erhöht auf eben diesem Koffer, in seinen Schubladen verbergen sich Orte wie das Büro von Michaels Manager. Eine Dose Nagellackentferner wird aufgeklappt zu einer Bar, eine Box mit überdimensionalen Wattestäbchen, Rasierpinsel und Rasierer zu einer Bank. Ein Hinweis auf die Utensilien, die Michael braucht um Dorothy zu werden – sicher! Aber die inhaltliche Verankerung der Szenerie ist ziemlich gewollt. Gelungen dagegen die Kostüme von Franz Blumauer. Ob Dorothys spießige Blümchenkleider, ihr divenhaftes Glitzerkleid oder die Ausstattung des Ensembles im „Julia“-Musical – das ist bunt, lebendig und schön anzusehen.
Bunt und lebendig sind auch Kati Heidebrechts Choreographien, die vom starken Ensemble einiges abverlangen. Sie sind witzig, energetisch und akrobatisch.
Autor Robert Horn hat das Drehbuch gut den Gegebenheiten einer Bühne angepasst. Manche Handlungselemente und Figuren sind verschwunden, dafür kommen andere dazu. Die Dialoge sind oft sehr witzig; da kann man verschmerzen, dass sich Horn einige flaue Garantielacher nicht verkniffen hat. Der Spaß steht zwar im Vordergrund, aber Horn hat auch die Dreidimensionalität der Figuren aus der Drehbuchvorlage übernommen. Dadurch wird die Show nicht zu einer plumpen „Mann im Fummel“-Klamotte. Auch ernste Themen wie gleiche Bezahlung für Frauen und Männer oder prekäre Lebensumstände von Schauspielern werden zur Sprache gebracht.
David Yazbek hat sowohl die Songtexte als auch die Musik verfasst. Seine Kompositionen sind im besten Sinn funktional. Yazbek hat ein gutes Gefühl für das Tempo, das eine Komödie benötigt. Seine Lieder fordern einiges von ihren Interpreten, aber Ohrwürmer oder veritable Hits sucht man vergebens. Was Yazbek großartig gelungen ist: Die Songs aus dem Musical-im-Musical „Julias wahre Flamme“ sind mit einer guten Portion Selbstironie belanglos komponiert und mit so hanebüchenen Texten versehen, dass ein Erfolg der „Romeo und Julia“-Fortsetzung bezweifelt werden kann. Sie setzen sich damit qualitativ von denen des „echten“ Musicals klar ab.
In der besuchten Vorstellung dirigiert Tom Bitterlich das Bruckner Orchester. Der jazzige Grundton wird mit beschwingtem Bigband-Sound gut getroffen und die Solo-Einsätze etwa von Saxofon oder Posaune sind beachtlich.
Nach dem Besuch einer „Tootsie“-Vorstellung wird dem Publikum wahrscheinlich nicht viel mehr im Gedächtnis bleiben, als dass man es mal gesehen hat und einen schönen Abend hatte. Mehr will man manchmal auch einfach nicht.
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KREATIVTEAM |
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Musik und Gesangstexte | David Yazbek |
Buch | Robert Horn |
Übersetzung | Roman Hinze |
Musikalische Leitung | Juheon Han |
Inszenierung | Ulrich Wiggers |
Choreografie | Kati Heidebrecht |
Bühne | Leif-Erik Heine |
Kostüme | Franz Blumauer |
Lichtdesign | Michael Grundner |
Dramaturgie | Arne Beeker |
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CAST (AKTUELL) |
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Michael Dorsey / Dorothy Michaels | Gernot Romic |
Julie Nichols | Sanne Mieloo |
Jeff Slater | Karsten Kenzel |
Sandy Lester | Celina dos Santos Valerie Luksch |
Ron Carlisle | Enrico Treuse |
Max Van Horne | Christian Fröhlich |
Rita Marshall | Daniela Dett |
Stan / Carl | Max Niemeyer |
Stuart / Ensemble | Lukas Sandmann |
Suzie / Vokal-Trio 1 | Alexandra-Yoana Alexandrova |
Ensemble / Vokal-Trio 2 | Valerie Luksch Lynsey Thurgar |
Ensemble / Vokal-Trio 3 | Susanne Rietz |
Ensemble | Laura Araiza Alexandra Frenkel Christian Funk Verena Nothegger Kevin Reichmann Stefan Schmitz Davide Venier Matteo Vigna |
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GALERIE |
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TERMINE |
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TERMINE (HISTORY) |
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