Sweeney Todd
Konzert Cast / 2012

Keine Aufnahme des Sondheim-Klassikers für die breite Masse, dennoch eine Einspielung, die in ihrer Opulenz begeistert.


Die Ankündigung zu dieser CD klang gewagt. Das bayrische Rundfunkorchester beschenkt sich zum 60. Geburtstag selbst mit einem Konzertmitschnitt des Musical-Thriller „Sweeney Todd“. Dazu der Vermerk „Erste Deutsche Gesamtaufnahme“. Missverständlich auf jeden Fall, denn die Aufnahme ist durchgehend in englischer Sprache. Auch die Besetzung des Stückes sorgt für Ernüchterung – Opernsänger singen Musical. Was an so manchem Stadttheater nicht funktioniert, erweist sich nach kurzer Einhörzeit als vollkommen nebensächlich. Vor allem wenn man sich zunächst einmal auf die Musik und die Ensemble-Szenen konzentriert. Ist bei vielen Aufnahmen neueren Datums nur noch ein spärliches Orchester oder gar nur noch ein vorproduziertes Playback zu hören, so erklingt hier Sondheims Partitur mit der geballten Kraft des Bayrischen Rundfunkorchesters und gibt die Nuancen des komplexen Werkes wunderbar wieder. Kommt dann noch der Chor dazu, ist beim Hörer Gänsehaut programmiert.

Hat man andere Aufnahmen des Stückes im Kopf, muss man sich erst an die Opernstimmen gewöhnen. Anfangs entsteht noch der Eindruck, dass die Sänger sich in ihren Rollen noch nicht all zu sehr gefunden haben. So klingen gerade Mark Stone und Jane Henschel als Sweeney und Mrs. Lovett noch langweilig und ausgerechnet „Worst Pies in London“ bleibt einer der schwächsten Momente im Stück. Ab Pirellis (sehr gelungen: Ronald Samm) erstem Auftritt sind die beiden dann aber voll da und bieten gelungene diabolische Rollenportraits. Ihre Mrs. Lovett zeichnet Jane Henschel äußerst hinterhältig und gehässig, so dass man mit ihr kaum Mitleid ob ihres tragischen Endes hat. Stone ist ein still-bedrohlicher Barbier, der zwar keine großen Gefühlsausbrüche zeigt, dessen Rachedurst aber in jeder Note hörbar wird.

In den Nebenrollen überzeugen allen voran Diana DiMarzio als Beggar Woman, die diesen gesanglich äußerst schwierigen Part mühelos meistert, und Pascal Charbonneau als Toby. Gerade Charbonneau reißt den Hörer vom ersten Moment an mit, wenn er stimmstark Pirellis Wunderelixiere anbietet. Er schafft es auch in „Not While I’m Around“ emotional zu überzeugen. Rebecca Bottone singt eine reizende Joanna, ohne dabei in zu süßlichen Soprantonlagen zu schwelgen.

Wer sich darüber im Klaren ist, dass diese Aufnahme wirklich sehr nah an der Grenze zur Oper ist und der Einspielung ohne Vorurteile gegenüber tritt, wird mit einer der besten Einspielungen der letzten Monate belohnt.

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