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Die Literaturadaption erzählt eine parodistische Reise gegen die Zeit durch Szenen diverser Opern. Das Landestheater Linz geht dieses Experiment erfolgreich ein. Das vielfältige Bühnenbild, die starke Besetzung und die temporeiche Inszenierung lenken geschickt von einigen Ungereimtheiten der Vorlage ab.
Jule Vernes Roman aus dem Jahr 1873 ist durch zahlreiche Verfilmungen bekannt (zuletzt 2004 mit Jackie Chan). Eine Weltreise in „nur“ 80 Tagen zu absolvieren, war im 19. Jahrhundert eine enorme Herausforderung. Der Brite Phileas Fogg (Alen Hodzovic), ein Exzentriker in Sachen Pünktlichkeit, lässt sich trotzdem auf die Wette mit seinem Clubkollegen Stuart (Mark Sampson) ein, den Trip in dieser Zeit zu absolvieren. Zusammen mit seinem Diener Passepartout (Rob Pelzer) macht er sich auf den Weg und erlebt diverse Abenteuer.
Foggs Wettgegner engagiert vorsichtshalber die Detektivin Fionula Fix (Daniela Dett), die Fogg an verschiedenen Orten aufhalten soll. Im literarischen Original ist diese Rolle männlich. Hier wird die weibliche Besetzung in der Handlung genutzt und im Verlaufe verlieben sich Fix und Fogg ineinander. Passepartout kommt indes mit der in Indien geretteten Aouda (Anaïs Lueken) zusammen, die im Roman Foggs Frau wird. Die beiden nicht immer logisch aufgebauten, parallel laufenden Liebesgeschichten sind in die titelgebende Geschichte eingebettet. Sie lassen die Handlung jedoch immer wieder ins Stocken geraten.
Die Adaption des norwegischen Autoren-Duos Gisle Kverndokk und Øystein Wiik wurde 2010 in Oslo als Oper uraufgeführt. In Linz ist sie als stark überarbeitete Fassung nun als Musical zu sehen, das um die Erzählerrollen von Punch (Riccardo Greco) und Judy (Ariana Schirasi-Fard) ergänzt wurde. Die mit bunten Kostümen und Clown-Gesichtern versehenen Hauptfiguren eines Marionettentheaters beschreiben, berichten und kommentieren auf amüsante Weise mit Interaktionen zum Publikum. Punch ersetzt zeitweise auch mal den Dirigenten. Die beiden Schauspieler genießen ihre fast ständige Präsenz auf der Bühne, die ihnen auch mal die Freiheit gibt, sich für ein „Nickerchen“ hinzulegen. Mit musical-typischen Elementen in Musik, Gesang und Darstellung sind sie es jedoch, die die Handlung vorantreiben.
Die Geschichte wurde an Handlungsschauplätzen verschiedenster Opern und Operetten geknüpft: Zunächst begegnen die Reisenden in Paris Hanna Glawari, der lustigen Witwe. Dann Tosca in Rom, später Turandot in Peking, Minnie aus „La Fenciulla del West“ in San Francisco und schließlich dem Fliegenden Holländer bei der Atlantik-Überfahrt.
Die Opernausschnitte werden durch eine dralle Operndiva parodiert und amüsant dargeboten. Opernsängerin Karen Robertson hat damit die Lacher auf ihrer Seite. Herrlich, wie sie von der Engelsburg „stürzt“ (bzw. an zwei Seilen befestigt schwebend zu Boden gleitet) und auf Fogg landet. Für die Prügelei mit der viel kleineren und wesentlich schmaleren Fix im Saloon ernten beide Szenenapplaus. Ihre Kopfbedeckung als Turandot mit vielen Totenschädeln und Knochen ist eine beeindruckende Kostümierung. Gesanglich schöpft sie aus dem Vollen und verleiht dem Musical damit opernhafte Elemente.
Auch Daniela Dett hat energische Auftritte in diversen Verkleidungen, z.B. als Graf Danilo und Salome. Ihre taffe Rolle der Fix erinnert an Mylady de Winter aus „3 Musketiere“. Rollengemäß erfüllt sie ihren Part als verdeckte Ermittlerin schauspielerisch und gesanglich dezent. Ihre Stimme ist dabei klar und überzeugend. Am Ende erobert sie den in Liebesfragen unerfahrenen Fogg. Diener Passepartout bereitet seinen Herrn vor, in dem er Freiergeschichten aus zahlreichen Opern zitiert – ein grandioser Auftritt für Rob Pelzer, der seine Rolle ohnehin mit vielen witzigen Elementen spickt. Als Fogg gibt Hodzovic den korrekten britischen Gentleman treffend und stimmlich versiert. Anaïs Lueken greift als sympathische Aouda erst im zweiten Akt ins Geschehen ein.
Sehr aufwändig ist das Bühnenbild von Hans Kudlich. Es wird dominiert von einer großen, schräg stehenden, am Rand beleucht- und bespielbaren Drehscheibe mit einer Weltkarte, sowie einer entgegengesetzt drehbaren Umrandung, die teilweise mit Stufen und Geländer ausgestattet ist. Unterhalb der Scheibe werden diverse Spielorte wie ein Zug und ein Gefängnis geschaffen. Im Hintergrund befindet sich eine große Uhr, auf die der jeweilige Schauplatz projiziert wird. Analog zur Handlung ist die Bühne die meiste Zeit in Bewegung und unterstützt durch schnelle Wechsel der Schauplätze die Reise gegen die Zeit. Highlight ist die Bootsfahrt mit dem fliegenden Holländer hinter einem mit Projektionen versehenen Gazevorhang.
Susanne Hubrichs Kostüme bestehen aus klassisch britischen Anzüge für die Reisenden; für das Ensemble um Punch und Judy schuf sie groteske clownsartige Kleidung mit knielangen gestreiften Hosen. Das Lichtdesign von Michael Grundner ist dunkel gehalten und arbeitet mit Spots. Durch den geschickten Einsatz der Beleuchtung entstehen verschiedene Schauplätzen – etwa die Tunnelfahrten der Zugfahrt oder ein chinesischer Drache, der aus drei Stofffetzen und Lichtprojektionen geschaffen wird.
Die temporeiche Inszenierung von Musical-Spartenleiter Matthias Davids setzt passend zur Eile der Geschichte auf eine schnelle Abfolge der Szenen. Dadurch wird einiges nur angedeutet bzw. von Punch und Judy erzählt oder kommentiert. Auch in der Pause ruht die Handlung ohne Anwesenheit des Publikums nicht – das Verpasste wird dann zu Anfang des zweiten Aktes von beiden Erzählern zusammengefasst. Das ist eine gute Entscheidung, denn der komplexen Geschichte ist ohnehin manchmal schwer zu folgen. Musikalisch zeigt das große Bruckner Orchester unter der Leitung von Stefan Diederich sehr hohes Niveau. Es übertönt allerdings immer wieder die Sänger.
Mit dieser prächtigen Uraufführung als vielversprechendem Saisonauftakt beweist das Landestheater Linz mit seinem starken Musicalensemble wieder einmal seinen hohen Rang im deutschsprachigen Raum. Die Zuschauer dürfen in dieser Spielzeit noch auf die europäische Erstaufführung von „Préludes“ und die deutschsprachige Erstaufführung von „Ghost“ gespannt sein.
Musik von Gisle Kverndokk
Libretto von Øystein Wiik
nach dem Roman von Jules Verne
Deutsch von Elke Ranzinger und Roman Hinze
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KREATIVTEAM |
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Musikalische Leitung | Stefan Diederich Borys Sitarski |
Inszenierung | Matthias Davids |
Choreografie | Simon Eichenberger |
Bühne | Hans Kudlich |
Kostüme | Susanne Hubrich |
Videodesign | Atzgerei |
Lichtdesign | Michael Grundner |
Dramaturgie | Arne Beeker |
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CAST (AKTUELL) |
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Phileas Fogg | Alen Hodzovic |
Passepartout | Rob Pelzer |
Fionula Fix | Daniela Dett |
Aouda / Ensemble | Anaïs Lueken Ruth Fuchs |
Hanna Glawari / Tosca / Turandot / Minnie | Karen Robertson Christa Ratzenböck |
Stuart / Holländer | Mark Sampson |
Punch | Riccardo Greco Gernot Romic |
Judy | Ariana Schirasi-Fard |
Frau Kreti / Ensemble | Melanie Böhm |
Mrs. Horn / Frau Zeta / Larga / Ensemble | Ruth Fuchs |
Grisette / Tempeltänzerin / Ensemble | Lynsey Thurgar |
Grisette / Ensemble | Anne-Mette Riis |
Clottedcream / Pleti / Ensemble | Kevin Arand |
Brickass / Kreti / Presto / Ensemble | Peter Lewys Preston |
Mr. Horn / Ensemble | Thomas Karl Poms |
Gloates / Herold / Ensemble | Gernot Romic |
Zeta / Vivace / Ensemble | Cedric Lee Bradley |
Ensemble | Wei-Ken Liao Dorit Oitzinger Yuri Yoshimura |
Bellypimple / Sciarrone / Chor | Bonifacio Galván |
Throttlebottle / Chor | Tomaz Kovacic |
Curlywave / Chor | Ulf Bunde |
Spoletta / Chor | Ville Lignell |
Dolcetta / Chor | Petra Göndöcs |
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