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Deutschsprachige Erstaufführung von Dana P. Rowes und John Dempseys Fassung des Romans „The Witches of Eastwick“ unter der Regie von Gil Mehmert. Die deutsche Übersetzung stammt von Roman Hinze.
Die Ouvertüre beginnt, das Licht geht aus, plötzlich kommt ein Mann im Anzug durch den Saal und ruft „Stop, stop…“, woraufhin das Orchester aufhört zu spielen. Der Mann ist Regisseur Gil Mehmert, und was wie inszeniert wirkt, ist es nicht, denn zur Premiere wollte die Technik nicht mitspielen. Mehmert verweist auf die technisch sehr aufwändige Produktion und erklärt, wenn das Timing zu Beginn nicht passt, dann funktioniert das ganze Stück nicht. Also nochmal von vorn…
Wovon Mehmert hier sprach, ist die trickfilmartige Animation, die auf Musik und Rhythmus abgestimmt ist und in solch einer Perfektion selten an einer städtischen Bühne zu sehen ist. Wechsel zwischen den verschiedenen Handlungsorten werden durch einen filmischen Schnitt vollführt, mit Splitscreens werden manchmal zwei Orte gleichzeitig dargestellt. Zuweilen bewirkt die filmische Bewegung in Kombination mit den Bewegungen und Choreografien der Darsteller sogar die Illusion, dass ein Haus physisch betreten wird oder die Hexen zum Finale des ersten Aktes wirklich fliegen, obwohl die drei Damen nur ihre Roben wehend in die Höhe halten und sich dabei vor der Leinwand drehen. Dazu kommt ein riesiger Ventilator, der den nötigen Wind erzeugt – und schon hat man einen visuell überzeugenden Moment geschaffen, ohne auf die klassischen Drahtseile für Flugszenen zurückzugreifen. Beeindruckend sind auch die kleinen Effekte auf der Leinwand, die punktgenau zur Bühnenhandlung passieren. Bestes Beispiel hierfür ist der Mord an Felicia: Nach jedem Schlag mit dem Kaminhaken spritzt das gezeichnete Blut auf die Wände des projizierten Wohnzimmers.
Die dominierende halbrunde Leinwand im Hintergrund wird durch zwei vertrocknete Bäume sowie eine große Stahltreppenkonstruktion auf der linken Seite der Bühne ergänzt. Ein Podest in der Mitte wird genutzt, um ein Sofa, eine Hausbar oder einen Whirlpool darzustellen. Insgesamt bietet das Bühnenbild keine pompösen Höhepunkte, überrascht aber immer wieder durch die clevere Kombination von Illustrationen (Fufu Frauenwahl), Ausstattung (Heike Meixner) und Licht und Projektionen (Gerrit Jurda).
Der Stil der Animationen ist dabei symptomatisch für das Stück. Eastwick ist ein komischer Ort, wie aus einem Trickfilm, in dem Menschen leben, die mehr Cartoonfiguren sind als reale Persönlichkeiten. Besonders die einfältigen Moralhüter unter der Leitung von Bürgermeisterin Felicia Gabriel (stimmstark und militärisch überzeichnet von Gudrun Schade) wirken wie eindimensionale, comichafte Abziehbilder einer scheinheiligen, konservativen Gesellschaft.
Dagegen stehen die drei Protagonistinnen, die kein doppelmoralisches Familienleben führen und gerade durch ihre charakterlichen Ecken und Kanten die Sympathie des Publikums auf ihrer Seite haben. Da ist die Musiklehrerin Jane Smart (gut gespielt und gesungen von Jeanette Claßen), die Journalistin Sukie Rougement (Anke Sieloff überrascht mit einem Tanz auf Spitze) und die Bildhauerin Alexandra Spofford (stimmlich stark und tolles komisches Timing von Stefanie Dietrich). Sie alle haben eigentlich nur den Wunsch, sich noch einmal richtig zu verlieben. Zum Objekt ihrer Begierde wird der „teuflische“ Darryl van Horne (Kristian Vetter: wunderbar obszön und direkt), der Schwung in das spießige Eastwick bringt.
Gil Mehmert inszeniert den comichaften Reigen skurriler Figuren schwungvoll, mit hohem Tempo und Witz. Dennoch kann er die Langatmigkeit des ersten Aktes nicht kaschieren, denn hier fehlt der Aneinanderreihung verschiedenster Szenen ein stringenter Aufbau. Es passiert viel, aber man weiß nicht, warum und wohin das führen soll. Der zweite Akt ist in dieser Hinsicht stärker, denn jetzt rückt der Konflikt zwischen den drei Damen (mittlerweile gelernte Hexen) und ihrem Mentor Darryl van Horne in den Mittelpunkt. Ihre Leidenschaft wandelt sich nach dem ungewollten und durch ihre Hexenkünste indirekt verursachten Tod Felicias zu Vernunft, und sie setzen schließlich ihre Kräfte gegen ihren teuflischen Verführer ein.
Das Orchester unter der Leitung von Jürgen Grimm spielt druckvoll, vielleicht sogar zu druckvoll. Ein großes Manko der Inszenierung ist die Soundtechnik und -abmischung. Am Premierenabend dröhnte die Musik derart aus dem Orchestergraben und den Boxen, dass man sich in der vierten Reihe eher in einem Rockkonzert als in einem Opernhaus wähnte. Wegen der übersteuerten, scheppernden Musik waren die Darsteller zwischendurch kaum zu verstehen, und somit gingen auch einige Pointen aus Roman Hinzes Übersetzung verloren, die ansonsten – soweit hörbar – gut gelungen ist. Das ist sehr schade und sorgte in der Pause für Gesprächsstoff unter den Zuschauern.
So bleibt ein kurzweiliger Abend, der unterhält und doch den großen Wunsch weckt, dass sich Opernhäuser endlich mehr Expertise in der Abmischung und Aussteuerung von Musicals zulegen. Denn wie dieses Beispiel zeigt, können die besten Darstellerleistungen und die gelungenste Inszenierung durch Mängel auf der auditiven Seite im Gesamteindruck extrem getrübt werden.
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KREATIVTEAM |
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Regie | Gil Mehmert |
Musikalische Leitung | Jürgen Grimm |
Choreografie | Kati Farkas |
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CAST (AKTUELL) |
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Jane Smart | Jeanette Claßen |
Alexandra Spofford | Stefanie Dietrich Kira Primke |
Sukie Rougemont | Anke Sieloff |
Darryl van Horne | Kristian Vetter |
Felicia | Gudrun Schade |
Michael | Julian Culemann |
Jennifer | Anna Preckeler |
Clyde Gabriel | Joachim G. Maaß |
Mädchen | Sandra Pangl |
Fidel | Christian Hante |
Rebecca | Daniela Günther |
Gina | Yara Hassan Kati Farkas |
Joe | Wolf-Rüdiger Klimm |
Brenda | Léony Thoms |
Rev. Ed Parsley | Stefan Preuth |
Greta Parsley | Wiltrud Maria Gödde |
Raymond | Oliver Aigner |
Marge | Jane Reynolds Marika Carena |
Toby | Sergey Fomenko |
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GALERIE |
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