“Hedwig and the Angry Inch” ist mehr Rockkonzert als Musical: Mitreißende Rocknummern werden durch eine schräg-berührende, von der Titelfigur in Monologen erzählte Geschichte zusammengehalten. Mit Nigel Francis als Hedwig funktioniert dieses Konzept großartig.
Die Frankfurter Version der “One-Man/Woman-Show” von Stephen Trask (Musik, Lyrics) und James Cameron Mitchell (Buch) steht und fällt mit Co-Produzent, Regisseur und Hauptdarsteller Nigel Francis. Allein seiner Idee, dieses wenig massentaugliche Musical in der englischsprachigen Originalversion in die ehemaligen Räumlichkeiten des English Theatre zu bringen, gebührt Respekt. Francis’ Bühnenpräsenz begeistert von der ersten Sekunde, vom ersten Ton an – er ergreift wortwörtlich Besitz von der Bühne, springt beim Eröffnungssong “Tear Me Down” in gewaltigen Sätzen vor und zurück, nach rechts und links, testet mit durchdringender Rockröhre die Leistungsfähigkeit der Lautsprecher und sorgt so für die ersten offenen Münder im Publikum. Seine stimmliche Wandlungsfähigkeit beweist Francis gleich im nächsten Song, dem lyrischen “The Origin of Love”: Von Aristophanes’ Mythos der Kugelmenschen erzählend, trotz Rockband im Hintergrund mit angenehm sanftem Timbre, gibt er die Richtung für dieses grandiose Stück Musiktheatergeschichte vor. Denn jeder Song in “Hedwig and the Angry Inch” ist für sich genommen ein kleines Juwel, erinnert musikalisch an die im Stück genannten Vorbilder David Bowie, Iggy Pop und Lou Reed sowie an Queen und Richard O’Briens Kompositionen für die “Rocky Horror Show”, und ist doch einzigartig. Auch Hedwigs Monologe sind von einer poetischen Schönheit, wie man sie in Musicals gern öfter finden möchte. Die Emotionen der Songs wechseln zwischen wütender Anklage (“Angry Inch”) und leiser Melancholie (“Wig in a Box”, “Turn Back to Myself”), während in den Monologen oft der komische Aspekt dominiert. Francis stellt dabei die vielen Facetten Hedwigs mit seinem ekstatisch-instensiven Spiel glaubhaft dar und zeigt sein ganzes Spektrum an gesanglichen Fähigkeiten. Ein kleiner Kritikpunkt bleibt: Francis wirkt zu männlich für die Rolle, auf der Bühne ist trotz Kostüm (Herbert Ehrhardt), Perücke und Make-Up immer ein verkleideter Mann zu sehen. Mit seinem muskulösen Oberkörper und den kraftvollen, ruckartigen Bewegungsabläufen während der Uptempo-Songs ist er optisch eine ganz andere Hedwig als der feingliedrige, fast androgyne James Cameron Mitchell in der Originalproduktion. Wegen Francis’ stimmiger Rolleninterpretation lässt sich über dieses Detail aber leicht hinwegsehen.
Die im Hintergrund agierende Band wird sporadisch ins Spiel einbezogen, wobei Carlotta Wüstkamp als unglücklich in Hedwig verliebter Yitzhak noch der meiste Platz eingeräumt wird. In Lederjacke und mit aufgemalten Bartstoppeln meistert sie die Diskrepanz zwischen mürrischer Grundstimmung – Yitzhak ist durchgängig stocksauer auf Hedwig und beschimpft sie regelmäßig – und energiegeladenem Backgroundgesang hervorragend und hat zum Schluss einen wohlverdienten Auftritt als “Drag Queen”. Bassist und Backgroundsänger Bene Baum als Jacek überzeugt ebenso und darf mit “Look What You’ve Done” ein Solo zum Besten geben. Die gesamte Band rockt unter der Leitung von Michael Scheuber und in der Kulisse des Graffitisprayers Helge “Bomber” Steinmann mit großer Hingabe und technischer Perfektion.
Fr, 13.02.2009 20:00 | K52, Frankfurt am Main | Preview |
Sa, 14.02.2009 20:00 | K52, Frankfurt am Main | Premiere |
So, 15.02.2009 20:00 | K52, Frankfurt am Main | |
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Mi, 18.02.2009 20:00 | K52, Frankfurt am Main | |
Do, 19.02.2009 20:00 | K52, Frankfurt am Main | |
Fr, 20.02.2009 20:00 | K52, Frankfurt am Main | |
Sa, 21.02.2009 20:00 | K52, Frankfurt am Main | |
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Fr, 19.08.2011 20:30 | Neues Theater Höchst, Frankfurt am Main | |
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