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Wer Musicals zeigt, sollte auch den passenden Cast dafür haben. Wenn aber wie in Schwerin das hauseigene Schauspielensemble gesanglich überfordert ist, dann retten weder ein prominenter Hauptdarsteller noch die wuchtigen Bilder eines spannenden Regiekonzepts den Abend.
Die Welt der Kreter ist schwarz-weiß. Das drücken sie nicht nur in ihrer Kleidung (schwarze Hosen oder Kleider, weiße Hemden oder Blusen) aus, sondern auch in ihrer Einstellung: Wer anders ist, wird ausgegrenzt. Der geistig behinderte Mimiko (Johann Zürner) passt ebenso wenig ins Weltbild wie die auf dem Eiland gestrandete Chansonette Hortense (Ute Kämpfer) oder eine abschätzig “Die Witwe” titulierte namenlose Frau (Jana Kühn). Wer wie sie in einer von Männern dominierten Gesellschaft das Leben selbst bestimmen möchte und Ursache für den Freitod eines abgewiesenen Freiers ist, an dem begeht die Gemeinschaft Blutrache. Wie ein hilfloses Tier wird die Frau in die Enge getrieben und abgestochen.
Dies ist nicht der einzige bedrückende Moment in Peter Dehlers Inszenierung. Auch für Hortenses Tod wählt er ein stimmiges Bild: Zum Song “Die Krähen” lässt er die in einem kalten Lichtkegel stehende Sterbende von der Menge Arme schwingend umkreisen, während über die rückwärtige LED-Wand zwischen düsteren Wolkenformationen ein bedrohlich wirkender Schwarm der Rabenvögel zieht. Nicht immer frei von Kitsch zaubern Stéphane Maeders Projektionen während der gesamten Vorstellung gekonnt Emotionen in den in sattem Blau gestrichenen Bühnenraum (Olaf Grambow), in dem sich unzählige Blechtonnen in gleicher Farbgebung im Sandboden und an den Seiten in den Abendhimmel stapeln.
Konsequent verzichtet Dehler in seiner packenden, eher melancholisch gefärbten Inszenierung auf jegliche Revue-Elemente. Selbst als in John Kanders an der griechischen Folklore orientierten Partitur bei “Kein Bum-Bum” satter Bigband-Sound aufblitzt, zeigt er keine große Show-Nummer, sondern lässt vor vier videoanimierten, auf die Zuschauer zufahrenden Kriegsschiffen deren Kapitäne in grellen Fantasie-Uniformen (Kostümbild: Bettina Lauer) auf der Bühne marschieren. Das sprunggewaltige Ballettensemble setzt der Regisseur ausschließlich in den Volksszenen ein, wobei Choreograf Jens-Peter Urbich seine Tänzer gleich nach der Pause in der gespenstischen, trommelbegleiteten Beerdigungsszene im Modern Dance-Stil glänzen lässt.
Wie Fremdkörper im schlüssigen Regiekonzept wirken die clownesk gezeichneten Frauenfiguren Alexa (Isa Weiß) und Athena (Ulrike Hanitzsch). Nachdem sie den musikalischen Leiter Thomas Möckel zu seinem für den Zuschauer unsichtbar im zentralen Treppenpodest versteckten Orchester gebracht haben, nisten sich beide auf der Bühne ein und erläutern in unnatürlich wirkendem griechischen Akzent die Handlung. Sinnvoll ist das nur, wenn sie gemeinsam mit der Erzählerin (Katrin Huke) wie der Chor in der griechischen Tragödie den Handelnden Ratschläge erteilen oder das Geschehen kommentieren.
Wenn gleich zu Beginn der Vorstellung in der Ensemble-Nummer “Leben” ein falsch intonierter Ton den nächsten jagt, dann zieht sich dies wie ein roter Faden durch den gesamten Abend. Richtig singen können in dieser Produktion die wenigsten. Zumindest Rüdiger Daas (Nikos) lässt mit geschmeidigem und vor allem sicher geführtem Bariton aufhorchen. Die beiden Duette mit der Witwe, in die Jana Kühn ihren schönen, klaren Sopran einbringt, gehören zu den musikalischen Höhepunkten. Katrin Huke bemüht sich hörbar, den vielen Songs der Erzählerin musikalisch gerecht zu werden, was ihr zumindest in der Mittellage auch gut gelingt. Muss sie diese allerdings verlassen, dann scheppern entweder die Höhen oder die tiefen Töne werden nicht richtig getroffen. Ute Kämpfer als charmant agierende Hortense mogelt sich vor allem mit Sprechgesang durch ihre Partie.
Im Mittelpunkt des Interesses steht in der Titelrolle Goijko Mitic, langjähriger Oberindianer in DEFA-Filmen und nach der Wende bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg im Sattel. Mitic ist mit Haut und Haar der verschmitzte Lebenskünstler Sorbas – eine tolle Darstellung, zu der auch die tapsigen Tanzschritte passen. Extra für dieses Engagement hat er seinen Bass-Bariton in Gesangsstunden schulen lassen, die er für weitere Musicalrollen unbedingt fortsetzen sollte. Zu matt und rau klingt Mitics Stimme, nur mühevoll kämpft er sich zu höheren Tönen empor.
Eine Reihe der Besucher sucht in der Pause irritiert das Weite in das nächtliche Schwerin. Ihre Erwartung, einen vergnüglichen Abend mit einem prominenten Hauptdarsteller zu besuchen, erfüllt sich nicht. “Sorbas” in Schwerin beweist, dass Musical weit mehr ist als leichte Unterhaltungskost.
Musical nach dem Roman von Nikos Kazantzakis
Buch von Joseph Stein · Gesangstexte von Fred Ebb · Musik von John Kander
Deutsch von Robert Gilbert und Gerhard Bronner
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KREATIVTEAM |
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Inszenierung | Peter Dehler |
Musikalische Leitung | Thomas Möckel |
Choreografie | Jens-Peter Urbich |
Bühne | Olaf Grambow |
Kostüme | Bettina Lauer |
Video | Stéphane Maeder |
Leitung Trommelensemble | Hannes Richter |
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CAST (AKTUELL) |
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Alexis Sorbas | Gojko Mitic |
Hortense | Ute Kämpfer |
Witwe | Jana Kühn |
Nikos | Rüdiger Daas |
Erzählerin | Katrin Huke |
Alexa | Isa Weiß |
Athena | Ulrike Hanitzsch |
Mimiko / Admiral | Johann Zürner |
Pavili | Hagen Ritschel |
Priester | Knut Fiete Degner |
Mavrodani / Admiral | Klaus Bieligk |
Manalakos /Admiral | Gottfried Richter |
Grigoris / Admiral | Andreas Lembcke |
Fivos | Bernhard Meindl |
Mann 1 | Florian Anderer |
Mann 2 | Sven Jenkel |
Frau 1 | Beate Rothmann |
Frau 2 | Samira Hempel |
Frau 3 | Anna Jamborsky |
Frau 4 | Kathleen Rabe |
Mann an der Doumbek | Florian Anderer |
Mann an der Bouzouki | Jannes Zotos |
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keine aktuellen Termine |
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