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The Producers (2008 - 2009)
Ronacher, Wien

Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Wer möchte nicht gern als Broadway-Produzent Hit-Shows am laufenden Band produzieren? Mel Brooks ist dies mit seinen “Producers” weltweit gelungen. Trotz einer bis in die Nebenrollen brilliant besetzen Cast und des am Broadway bewährten Inszenierungs-Klons (Susan Stroman) hatte die Show in Wien nicht den Besucherzuspruch, den sie verdient hat. Schuld ist sicherlich die Scheu, sich dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte mit Humor zu nähern.

Darf man das? Mitten in Berlin, in dem Theater, in dem Hitler einst in seiner Führerloge zur Entspannung süßlichen Operettenliedchen lauschte, marschieren Nazis mit zum Gruß erhobenen Arm auf und formieren sich scheinbar harmlos auf der Bühne. Erst wenn die rückwärtige Spiegelwand leicht nach vorne kippt, zeigt sich, dass die Gruppe ein sich drehendes Hakenkreuz gebildet hat. Respektlos? Geschmacklos? Ein Skandal?

Isoliert betrachtet mag diese Szene für manchen im Publikum harter Tobak sein. Als Ganzes ist das Musical über zwei Broadway-Produzenten, die zwecks Prellung ihrer Geldgeber mit einer Nazi-Revue einen hundertprozentigen Flop landen wollen, eine schonungslose Parodie auf das unterhaltende Musiktheater. Autor Mel Brooks, selbst Jude und mit über neunzig Jahren Zeitzeuge des Zweiten Weltkriegs, konzentriert sich dabei nicht nur auf die braunen Machthaber, sondern bastelt mit Co-Autor Thomas Meehan eine ganze Reihe gängiger Klischees zu einem unterhaltsamen Plot zusammen. Die politisch rechte Gesinnung ist dabei nur eine Facette eines überzogenen Deutschlandbilds mit Brezeln, Bierseideln und einer schuhplattelnden Trachtengruppe. Zielscheibe des Spotts sind auch die Musicalmacher hinter den Kulissen. Als Financiers tritt z.B. eine Horde schrulliger Omas auf, deren Ersparnisse als Belohnung für körperbetonte Rollenspiele fließen.

Als besonders sichere Bank für das insgeheim geplante Fiasko engagiert das Produzenten-Doppel eine schrille Kreativ-Crew aus homosexuellen Rollenbildern vom Lederkerl (zuständig für das Bühnenbild), über die regieführende Tunte im Fummel bis hin zur kernigen wie wortkargen Lichtdesignerin. Das Libretto sprüht nur so vor Wortwitz, den die deutsche Übertragung (Philipp Blom, David Bronner und Michaela Ronzoni) trotz manch flacher Witze und falscher Betonungen (hier spielt man am Broad-way) bewahren kann. Ganz der Parodie verpflichtet sind William Ivey Longs Nazi-Revuegirls mit zum Brüllen komischen Teutonen-Outfits. Der Kostümbildner schwelgt aber auch in großen Roben, wie beispielsweise beim paillettenübersäten Kleid der Regisseur-Tunte für den Choreografenball. Robin Wagners schnell wandelbares Bühnenbild kommt, für die heutige Zeit unüblich, ohne Projektionen aus. Es besteht ganz klassisch aus gemalten Hintergrundhängern, Zwischenvorhängen und hereinschiebbaren Kulissenteilen, die atmosphärisch dicht die Spielorte im New Yorker Theater-Distrikt illustrieren.

Susan Stroman, Regisseurin und Choreografin in Personalunion, gibt dem Affen mit hohem Tempo, exaktem Timing und vielen optischen Gags so richtig Zucker. Da sitzt jede Geste, da unterstreicht ihre originelle Choreografie (Gehhilfen-Ballett!) perfekt einzelne musikalische Passagen. Mel Brooks gefällige Kompositionen bohren sich dabei sofort in den Gehörgang, was darin liegen mag, dass einzelne Passagen ihre Verwandtschaft quer durch das Musicalrepertoire von “My Fair Lady” über „Cabaret” bis zu „42nd Street” nicht verleugnen können. Das Orchester unter der Leitung von Bernd Steixner schwelgt in großen Melodienbögen (“So wie ihm”) , swingt (“Ich wär’ so gern ein Producer”) und parodiert auch schon mal die bajuwarische Volksmusik (“Rechtsrum-Hupfauf”),

Als gerissener Produzent Max Bialystock steht mit Cornelius Obonya eine Idealbesetzung auf der Bühne. Er ist ein begnadeter Komiker, der Pointen punktgenau aus dem Handgelenk schüttelt, und seine Figur von einer auf die andere Sekunde in Mimik, Gestik und Stimmgestaltung vom winselnden Verlierer zum durchtriebenen Macher katapultieren kann. In der Kerker-Szene kurz vor dem Finale spielt er in einem Affenzahn sämtliche Szenen des Stücks inklusive Pause als Schnelldurchlauf und singt mit rauem, kräftigen Bass-Bariton “Verrat”. Seinen Kompagnon Leo Bloom entwickelt Andreas Bieber vom gestörten Buchhalter-Schwächling mit Schnuffeltuch-Zwangsneurose zum erfolgreichen Geschäftsmann. Leo ist ganz der wissbegierige Showbiz-Azubi, der sich bei den ersten Begegnungen mit der ihm fremden Welt der Nazis oder Schwulen fast in die Hosen macht. Bieber verleiht dieser Figur etwas ungemein Menschliches, singt bis in die Höhen mit geschmeidigem Tenor und bleibt sich auch im Tanz nichts schuldig. Hier gefällt er insbesondere in den Duetten mit Bettina Mönch, die als schwedische Sexbombe Ulla ihre beiden Hauptdarsteller-Kollegen rein körperlich überragt, gemeinsam mit ihnen jedoch ein unschlagbares Team bildet. Mit ihrem Casting-Song beweist Mönch in der Steigerung zum Schluss ihre stimmliche Klasse.

In seiner Rolle als ebenso zickiger wie tuckiger Regisseur Roger DeBris hat Martin Sommerlatte das zweifelhafte Vergnügen, als ständig skandierender “Heil mir selbst”-Führer bei der “Frühling für Hitler”-Revue einspringen zu müssen. Sommerlatte zieht den Diktator, der hier seinem zweiten, geheimen Vornamen Elisabeth vollends gerecht wird, gehörig durch den Kakao. Herbert Steinböck kostet mit Stahlhelm und Lederhose seine Auftritte als tumber Nazi-Autor Franz Liebkind auch gesanglich genüsslich aus. Wenn er im breiten bayerischen Dialekt lospoltert und den Siegried-Eid zur ewigen Verbundenheit mit seinem zweifelhaften Idol einfordert, dann stehen sogar die Tauben in der Voliere stramm und heben ihre rechten Flügel zum Gruß. Eine Wucht ist auch das restliche Ensemble, das fast unentwegt in den unterschiedlichsten Rollen auf der Bühne präsent ist.

Als Besucher der Show sollte man nach deren Ende nicht zu hastig zur Garderobe stürmen. Denn nach den Vorhängen zum Schlussapplaus singen alle Darsteller ihre Gedanken während des Verneigens und schmeißen das Publikum schließlich mit einem finalen “Haut ab, haut ab!” aus der Show. Darf man das? Natürlich: Bei dieser genial-respektlosen Show ist fast alles erlaubt.

 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
KREATIVTEAM
BuchMel Brooks
Thomas Meehan
Musik und LiedtexteMel Brooks
Regie, ChoreografieSusan Stroman
Einstudierung der InszenierungNigel West
Einstudierung der ChoreografieLeigh Constantine
Deutsche Übersetzung LiedtextePhilipp Blom
zusätzliche LiedtexteDavid Bronner
Dialoge und DramaturgieMichaela Ronzoni
Überarbeitung für BerlinTitus Hoffmann
BühnenbildRobin Wagner
KostümeWilliam Ivey Long
Einrichtung des BühnenbildesDavid Peterson
Einrichtung der KostümeAnita Spanring
ArrangementsDoug Besterman
Larry Blank
Patrick Brady
Musiklische LeitungAdrian Manz
DirigentenBernd Steixner
Andrew Hilton
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
Max BialystockCornelius Obonya,
(Martin Berger
Oliver Mülich)

Leo BloomAndreas Bieber,
(Peter Lesiak
Michael Clauder)

UllaBettina Mönch,
(Sabrina Harper
Ellen Wawrzyniak)

Franz LiebkindHerbert Steinböck,
(Reinwald Kranner
Peter Lesiak)

Roger deBrisMartin Sommerlatte,
(Karsten Kammeier
Marc Lamberty)

Carmen GhiaRob Pelzer,
(Marc Lamberty
Florian Theiler)

EnsembleBirgit Arquin
Katharina Dorian
Sabrina Harper
Ahou Nikazar
Rita Sereinig
Stephanie Sturm
Ellen Wawrzyniak
Nina Weiß
Michael Clauder
Reinwald Kranner
Peter Lesiak
Oliver Mülich
Oliver Polenz
Manuel Steinsdörfer
Florian Theiler
SwingsAriane Swoboda
Marianne Tarnowskij
Gloria Wind
Bart De Clercq
Karsten Kammeier
Marc Lamberty
Nils Sundberg
 
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Mo, 30.06.2008 19:30Ronacher, WienPremiere
Mi, 02.07.2008 19:30Ronacher, Wien
Do, 03.07.2008 19:30Ronacher, Wien
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