Lisa Antoni, Sebastian Smulders, Laura Friedrich Tejero, Philipp Büttner, Dennis Hupka, Lena Weiss © Agnes Wiener / Niklas Wagner
Lisa Antoni, Sebastian Smulders, Laura Friedrich Tejero, Philipp Büttner, Dennis Hupka, Lena Weiss © Agnes Wiener / Niklas Wagner

American Idiot (2018)
ShowSlot GmbH, Tournee

Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Die deutsche Erstaufführung von „American Idiot“ in Frankfurt ist rotzig und frech inszeniert, bietet beeindruckend guten Gesang, großartige Darsteller sowie eine kraftvoll-rockige musikalische Untermalung. Aber besonders überzeugend und nachhaltig beeindruckend ist die völlig neue Herangehensweise an das Thema Musical. Off-Musical Frankfurt setzt mit dieser Show ganz neue Maßstäbe in puncto Musiktheater in Deutschland und spricht damit eine neue Zuschauerschaft an.

Die Batschkapp in Frankfurt fungiert eigentlich als Konzert- und Tanzlocation und passt daher so gar nicht ins Bild des „typischen“ Musicaltheaters. Off-Musical Frankfurt hat sich jedoch genau solche außergewöhnlichen Locations zum Thema gemacht und deshalb diese Halle als Spielstätte für das Green-Day-Musical „American Idiot“ ausgesucht. Besser hätte die Wahl gar nicht sein können: Die Story über eine Gruppe junger Erwachsener auf der Suche nach dem Sinn des Lebens funktioniert hier bestens.

Zu Beginn der Show mischen sich die Darsteller unbemerkt unter die Zuschauer, springen zur Ouvertüre („American Idiot“) auf die Stühle und stürmen von dort auf die Bühne, um in die Handlung einzutauchen. Was dann folgt ist eine teils laute, teils berührende Coming-of-Age Story. Allen voran handelt die Geschichte von Johnny – immer auf der Flucht, sei es vor seinen Eltern oder vor der Öde seiner Kleinstadt-Idylle – der sich in die junge Whatsername verliebt. In parallelen Handlungssträngen werden die Storylines von Johnnys Freunden Tunny und Will erzählt. Während Tunny in den Krieg zieht, um seinem Leben einen Sinn zu geben, erwartet Will gemeinsam mit seiner Freundin ein Baby. Wie so häufig bei solcher Art Jukebox-Musicals ist die Handlung nicht unbedingt die Stärke der Show. Das Buch von Billie Joe Armstrong und Michael Mayer strotzt vor Stereotypen: Drogen, ungewollte Schwangerschaften, amerikanische Kriegsplattitüden. Regisseur Thomas Helmut Heep versucht erst gar nicht, daran etwas zu drehen; er macht das Beste aus der Vorlage und liefert eine Inszenierung, die nie an Fahrt verliert und von einem gesanglichen Highlight zum nächsten springt. Dies erreicht er unter anderem, indem er die zentrale Figur des Johnny stets in den Mittelpunkt stellt und ihn in Form von kleinen Tagebucheinträgen die Geschichte für die Zuschauer zusammenfassen und zwischen den Songs überleiten lässt.

Bis auf diese kurzen Monologszenen ist das Musical komplett durchkomponiert. Und hier liegt eine weitere Stärke der Inszenierung: Sowohl die Musik von Green Day als auch die Schauspieler werden strikt in den Fokus gerückt. Es gibt wenig Bühnenbild. Lediglich eine Spiegelwand im Hintergrund, die einen geschickten Blick auf die Vorderbühne freigibt, sowie ein paar Stühle unterstützen die Darsteller. Heeps Inszenierung wirkt ursprünglich und roh, ohne Schnickschnack – die Handlung wird alleine durch die Darsteller transportiert.

Einen großen Beitrag dazu leistet die 6-köpfige Band rund um den musikalischen Leiter Dean Wilmington. Sie umrahmen die Schauspieler auf der Bühne und bieten Rock-Sound vom Feinsten, der konzertartig laut durch die Halle wummert – teilweise zu Ungunsten der Gesangsstimmen abgemischt. Highlights der Partitur sind jedoch nicht unbedingt die gewaltigen Rocksongs, auch wenn dort im Publikum die meisten „Ist der Song auch von Green Day?“-Momente erkennbar sind und begeistert applaudiert wird. Besonders eindrucksvoll gelingen die balladenhaften Lieder, wie das wunderschöne, von Philipp Büttner als Johnny gesungene „Scherben meiner Träumerei’n“ („Boulevard Of Broken Dreams“) oder das von den drei Hauptdarstellern interpretierte „Weck mich auf, wenn der Herbst beginnt“ („Wake Me Up When September Ends“). Hier zeigt sich die Professionalität, die bei dieser Produktion an den Tag gelegt wird, denn mit den Darstellern Philipp Büttner (Johnny), Dennis Hupka (Will) und Sebastian Smulders (Tunny) stehen namhafte, teilweise aus anderen Produktionen ausgeliehene Darsteller auf der Bühne dieses jungen Musical-Start-Ups, die nicht nur das gesangliche, sondern auch das darstellerische Niveau der Show in höchste Höhen treiben. Ebenso emotional glaubhaft und gesangstechnisch auf hohem Niveau agieren Laura Friedrich Tejero als Wills Freundin Heather und Lisa Antoni als Whatsername.

Generell ist es schwierig, einzelne Darsteller hervorzuheben, denn die gesamte 10-köpfige Cast singt äußerst präzise und die Chorszenen klingen lupenrein. In Kombination mit der hervorragend aufspielenden Band würde man sich eine CD-Einspielung dieser deutschen Erstaufführung wünschen. Auch im Hinblick auf die Übersetzung der Green Day-Songs von Titus Hoffmann dürfte dies spannend sein. Zugegebenermaßen ist es anfangs schwierig, mit den deutschen Texten vorlieb zu nehmen. Es klingt ungewohnt, doch die Texte sind äußerst behutsam übertragen worden und geben die Inhalte sehr gut wieder.

Off-Musical Frankfurt hat nach „Hedwig And The Angry Inch“ mit „American Idiot“ einen zweiten Erfolg auf die Bühne gebracht, der die deutsche Musicallandschaft aufrütteln dürfte. Eine auf hohem Niveau inszenierte Show mit hervorragenden Darstellern, gespielt in einer abgefahrenen Location lassen Off-Broadway-Feeling aufkommen – und das Herz eines jeden Musical-Fans aufblühen, der sich nach Show-Perlen sehnt, die in den großen Häusern oftmals untergehen.

 
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KREATIVTEAM
MusikGreen Day
LiedtexteBillie Joe Armstrong
BuchBillie Joe Armstrong
Michael Mayer
Deutsche ÜbersetzungTitus Hoffmann
InszenierungThomas Helmut Heep
Musikalische LeitungDean Wilmington
ChoreografieLudwig Mond
 
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CAST (AKTUELL)
JohnnyPhilipp Büttner
WhatsernameLisa Antoni
TunnySebastian Smulders
WillDennis Hupka
HeatherLaura Friedrich Tejero
St. JimmyRobert Lankester
Abgefahrne FrauLena Weiss
EnsembleYvonne Braschke
Paulina Plucinski
Claudio Gottschalk-Schmitt
  
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Mi, 17.01.2018 20:00Batschkapp, Frankfurt am MainPremiere
So, 28.01.2018 14:00Batschkapp, Frankfurt am Main
So, 28.01.2018 19:00Batschkapp, Frankfurt am Main
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