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In diesem Jahr feiert das Kleine Theater, eine Berliner Erstaufführungsbühne, die auch immer wieder neue Kammer-Musicals für sich entwickeln lässt, sein 50. Jubiläum. Die Uraufführung des Krimi-Musicals „Vermisst! Was geschah mit Agatha Christie?“ ist ein Geschenk für das treue Publikum und Besucher, die das Haus im Ortsteil Friedenau mit nur 99 Zuschauerplätzen noch nicht kennen. Zu sehen gibt es einen Kriminalfall vor realem Hintergrund, der von einem guten Cast getragen Spannung verspricht.
Eine Frau verschwindet. Ihr verlassenes Auto wird im Graben mit angestellten Scheinwerfern in der Nähe eines Sees in der südenglischen Grafschaft Surrey gefunden. Auf einem im Fahrzeug hinterlassenen Zettel kündigt die Schreiberin eine Wanderung an. Doch wo ist die Fahrerin? Ist sie ertrunken? Wurde sie entführt, war es Suizid oder wurde sie ermordet? Scotland Yard steht vor einem Rätsel.
Diese Ausgangssituation mutet wie der Beginn eines Krimis der britischen Bestseller-Autorin Agatha Christie an. Die Lösung des Falls wird allerdings nicht von ihren literarischen Spürnasen Miss Marple oder Hercule Poirot vorangetrieben. Vielmehr handelt es sich um eine bis heute nicht eindeutig aufgeklärte Episode aus dem echten Leben der „Queen of Crime“. In einer Dezembernacht des Jahres 1926 war die Christie plötzlich wie vom Erdboden verschluckt und tauchte erst elf Tage später in einem Hotel im mehrere hundert Kilometer entfernten Ort Harrogate wieder auf. Vorausgegangen war eine international medienwirksam ausgeschlachtete Suche von Polizisten mit Hunden und Freiwilligen. Die prominente Vermisste gibt an, dass sie sich an nichts erinnern könne. Aber entspricht das auch wirklich den Tatsachen?
Das auf dieser wahren Geschichte basierende Musical von James Edward Lyons (Buch) und Paul Graham Brown (Songtexte, Musik) vermischt Fakten mit Fiktion, indem Christie als Grund für die Inszenierung ihres Abtauchens die Affäre ihres Ehemannes mit seiner Sekretärin anführt, gleichzeitig aber auch einen Mord aufklärt. Und das ausgerechnet in dem als Liebesnest von Archie Christie und Nancy Neale dienenden Hotel „Old Swan“, in das die betrogene Ehefrau unter dem Namen der Geliebten eincheckt und dort später wieder ins Licht der Öffentlichkeit tritt. Lyons Buch gibt sich „very british“, zitiert immer wieder bekannte Personen und Situationen aus Christies Krimi-Oeuvre und spinnt das aufzuklärende Verbrechen so ausgeklügelt und voller Wendungen, als entstamme es tatsächlich aus der Feder der Autorin. Wer da nun wen warum ermordet hat, soll hier allerdings zur Aufrechterhaltung der Spannung nicht verraten werden.
Lyons setzt das Krimi-Musical als Regisseur selbst in Szene und führt den hohen Spannungsbogen auch in seiner Inszenierung fort. Dabei pendelt er unentwegt zwischen den beiden Erzählebenen – dem Verschwinden von Agatha Christie und der Aufklärung des Mordes – hin- und her. Auch wenn sie immer wieder ineinander übergehen, behält das Publikum stets den Überblick, in welcher Ebene sich die Handlung gerade befindet. Zum Schluss verschmelzen beide Rätsel zu einer Einheit und geben eine Lösung preis, die überrascht, aber dabei alles andere als bemüht wirkt. Allerdings würden einige Kürzungen in den manchmal sehr behäbig wirkenden Texten den Spannungsbogen noch mehr stärken.
Auch musikalisch ist noch Luft nach oben. Die Partitur von Paul Graham Brown ist zwar sehr abwechslungsreich und beinhaltet vom Tango bis zu klassisch inspirierten Ballade fast alles was das Musical-Herz begehrt. Allerdings besitzt sie nur ein geringes Ohrwurm-Potenzial, was auch daran liegt, dass der Komponist als einziger musikalischer Begleiter am E-Piano nur wenig Gestaltungsmöglichkeiten hat.
Dietrich von Grebmers Bühnenbild – ein plüschig wirkender Raum mit allerlei Klapp- und Schiebe-Elementen – unterstützt sowohl Mystisches als auch schnelle Szenen-Wechsel. Aufgrund der kleinen Bühne sind ausladende Choreografien schon aus baulichen Gründen nicht möglich. Daniela Thiele lässt das Darsteller-Quartett allerdings angemessen das Tanzbein schwingen – wie zum Beispiel gleich nach der Pause bei einem zeittypischen Modetanz der 1920er. Zeitkolorit atmet auch das ebenfalls von Dietrich von Grebmer entworfenen, sehr britisch wirkende Kostümbild.
Mit Barbara Felsenstein (Agatha Christie), Holger Hauer (Archie Christie u. a.), Melanie Starkl (Nancy Neale u. a.) und Björn-Ole Blunck (John u. a.) hat das Kleine Theater vier ausgesprochen gute Musical-Darsteller verpflichtet. Das Quartett weiß sowohl darstellerisch als im Gesang zu überzeugen und ist während der gesamten Spieldauer sehr präsent auf der Bühne. Die Cast-Zusammensetzung ist auf den Punkt genau. Die vier Darsteller ergeben zusammen eine großartige Einheit, bei der alle Leistungen auf gleichem, hohem Niveau angesiedelt sind.
Unterm Strich ist „Vermisst!“ ein mörderisch guter Abend, der sowohl Krimi-Freunde als auch Musical-Fans in seinen Bann zieht und versucht, für eine wenig bekannte Episode aus dem Leben der Agatha Christie eine unterhaltsame Erklärung zu finden.
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KREATIVTEAM |
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Inszenierung | James Edward Lyons |
Musikalische Leitung | Paul Graham Brown |
Ausstattung | Dietrich von Grebmer |
Choreografie | Daniela Thiele |
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CAST (AKTUELL) |
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Agatha Christie | Barbara Felsenstein |
Archie Christie u. a. | Holger Hauer Ecco Mylla |
Nancy Neale u. a. | Melanie Starkl |
John u. a. | Björn-Ole Blunck |
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GALERIE |
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TERMINE |
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Fr, 10.01.2025 20:00 | Kleines Theater, Berlin | |
Sa, 11.01.2025 20:00 | Kleines Theater, Berlin | |
So, 12.01.2025 18:00 | Kleines Theater, Berlin |
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TERMINE (HISTORY) |
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