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Alteingesessener Musical-Klassiker auf einer der unkonventionellsten Freilichtbühnen Deutschlands, der Großen Treppe in Schwäbisch Hall. Dank toller Besetzung und vielen kleinen, originellen Einwürfen ein kurzweiliger Spaß , der auch gestandenen „Horrorladen“-Fans gefallen dürfte.
In Schwäbisch Hall wird der Blumenladen von Mr. Mushnik, in dem der introvertierte Seymour seine blutdürstige Pflanze ‚Audrey Zwo‘ füttert, an einem außergewöhnlichen Standort eröffnet: Statt einer ebenen Bühne wird die 48 Meter lange, acht Meter hohe und 53 Stufen zählende Große Treppe auf dem Haller Marktplatz bespielt, hinter der sich am oberen Ende die Kirche Sankt Michael erhebt: eine beeindruckende und unkonventionelle Kulisse.
Auf den Stufen sind rampenartig kleine Podeste verteilt, die als Bühnenbild fungieren. Sie sind als Dachgiebel mit Fensterläden gestaltet und haben mehrere Funktionen: Zum einen deuten sie als Kulisse eine Kleinstadt an und zum anderen werden sie als Unterbühnen von den Darstellern bespielt und öffnen so insgesamt 5 Spielebenen auf der mächtigen Treppe, wo dann jeweils parallele Handlungen stattfinden. Außerdem dienen sie als Stauraum für kleinere Requisiten und werden je nach Szene passend ausgeleuchtet. Abgerundet wird das Bild von einer Reihe Blumen-Bouquets, die um die Häuser drapiert werden und sich in der Handlung – mit zunehmendem Erfolg von Mushniks Blumenladen – weiter über die bespielte Fläche ausbreiten. So kann auch mit simplen Mitteln und wenigen, clever eingesetzten Bühnenelementen eine immersive Atmosphäre entstehen.
Sound und Ton sind gut austariert. Musik und Gesang sowie Sprechszenen der Darsteller sind einwandfrei zu hören, auch in Ensembleszenen – gerade Open Air kein einfaches Unterfangen. Das Lichtdesign ist minimalistisch: drei große Flutscheinwerfer tauchen die Treppe von oben in ein warmes Licht; Helligkeit und Farbe ändern sich kaum. Einzig die Unterbühnen in Dachoptik und das große Eingangstor der Kirche Sankt Michael werden die Handlung unterstreichend beleuchtet: kommt Audrey Zwo auf die Bühne, erstrahlen die Fensterläden grün – passiert etwas Blutrünstiges, so leuchten sie rot. Einige Licht- und Soundeffekte kommen vermehrt gegen Ende des Stücks auf, beispielsweise passende Nebeleffekte bei einer Szene, in der eine der Hauptfiguren „explodiert“ oder bedrohliches Blitzen und Donnern beim Auftakt zum düsteren Finale. Auch hier gilt: einfach, aber wirkungsvoll.
Die eingängige Musik von Alan Menken wird unter Heiko Lippmann und seinem zehnköpfigen Orchester stimmungsvoll und mit Schwung zum Leben erweckt und geht direkt ins Ohr. Die dynamische Instrumentierung lässt die Handlung, die stellenweise mit sehr düsteren Themen konfrontiert, leicht, kurzweilig und komisch erscheinen.
Die Kostüme von Heiko Mönnich orientieren sich zum großen Teil an vorigen Produktionen und setzen die Figuren passend und altbekannt in Szene – einzig die Wahl der Trachten für die Soulgirls, die hier in die Handlung eingebunden als auf der Straße abhängende Teenager agieren, ist außergewöhnlich: Sie wirken wie eine Mischung aus bairischem Dirndl und japanischem Lolita-Streetstyle – sehr auffällig, aber nicht ganz ins Bild passend, das sie zu vermitteln versuchen. Optisch besonders gelungen ist dagegen die Darstellung der Pflanze Audrey Zwo, die von einer Handpuppe anwächst zu einem immer größer werdenden Ungetüm, dessen Maul und Ranken am Ende von sieben schwarz verhüllten Darstellern mit weißen, bedrohlich wirkenden Masken bewegt werden. Originelle Einfälle in einer ansonsten eher konventionellen Kostümierung.
Die Regie von Thomas Goritzki holt das Beste aus dem Buch von Howard Ashman heraus. Trotz des Alters des Stücks, des Buches und des stellenweise wirklich nicht mehr zeitgemäßen Humors gelingt es Goritzki mit verschiedenen Elementen dem Publikum viele Lacher zu entlocken: Die Figuren schwäbeln in einigen Momenten („Küss mich schnell!“ –„Des lasset mir, gell?“), Riffs werden extra lächerlich lang herausgezogen, und das Finale wartet mit einem Regionalbezug auf, laut dem sich die Pflanze Audrey Zwo und ihre Ableger von den USA über Stuttgart, Heilbronn bis Schwäbisch Hall ausgebreitet haben.
Wenige Wermutstropfen: Besonders eindrucksvolle Szenen, wie der explosive Tod des Zahnarztes Orin Scrivello, inklusive herumfliegender Gedärme, sind sehr wirkungsvoll inszeniert, während andere ähnlich wichtige Szenen, beispielsweise der Tod von Mr. Mushnik, eher antiklimatisch verpuffen: Er steigt einfach ins Maul der Pflanze und marschiert dann nach hinten ab. Recht groß sind teilweise auch die Sprünge in der Handlung, aus denen nicht deutlich wird, wie Seymour genau zu seinem großen Erfolg kommt. So sitzt er zum Beispiel im einen Moment noch bei seiner kleinen Pflanze und füttert sie mit Bluttropfen und im nächsten wird er schon vom Radio zur Pflanze interviewt. Auch ist der Humor des Stücks ist nicht durchweg gut gealtert – aus heutiger Sicht ist etwa die seichte und humoristische Darstellung der Misshandlung von Frauen bei der Beziehung zwischen Seymours Schwarm Audrey und ihrem Freund Orin eher schwierig. Es lässt sich nicht verleugnen, dass der „Horrorladen“ inzwischen 40 Jahre auf dem Buckel hat. Für Ihr Alter überraschend frisch und zeitgemäß wirkt dabei die deutsche Übersetzung von Michael Kunze, was Regie und Buch zu Gute kommt.
Natalie Holtoms beschwingte Choreographien kommen vor allem bei den Soulgirls zur Geltung und tragen zur heiteren Stimmung bei. Außerdem ist die turbulente Tanzszene im Lied „Mushnik und Sohn“ ein Hingucker – die spezielle Herausforderung, auf einer Treppe elaborierte Choreographien zu entwerfen, wurde hier vortrefflich gemeistert.
Alle Figuren sind passend besetzt und die Darsteller sind mit Spielfreude und Energie bei der Sache. Andreas Zaron verleiht dem berechnenden, stereotypisch jüdischen Blumenverkäufer Mushnik durch sein extrovertiertes Schauspiel eine charismatische Note. Man findet ihn trotz seiner Antagonistenrolle sympathisch und ist schon fast betrübt, als seine Figur der Pflanze zum Fraß vorgeworfen wird. Auch der zweite „Bösewicht“ des Stückes, Orin Scrivello, wird von Andrea M. Pagani mit einer großen Portion Charisma und Humor angelegt. Als Zuschauer erlaubt man sich zwar nicht, den fiesen Sadisten zu mögen, doch schaut man Pagani bei seinem Schauspiel gerne zu, wie er mit Elvis-Tolle und eingestreuten King-of-Rock’n‘Roll-Bewegungen seinen lachgassüchtigen Zahnarzt charakterisiert. Optimal gecastet!
Seymour und Audrey, gespielt von Benjamin Sommerfeld und Hanna Mall, haben eine schön anzusehende Bühnenchemie. Ihnen gelingt es spielend, ihr schräges Liebespaar glaubwürdig zu machen und ihren Figuren im Rahmen der vorlagebedingt recht flachen Charakterzeichnung eine Mehrschichtigkeit zu verleihen, die über die humoristisch angelegte Charakterisierung hinausgeht.
Eindrucksvoll kommt Andreas Wolfram als Stimme von Audrey Zwo daher. Er legt die Killerpflanze bedrohlich, aber auch sehr lustig und schrullig an. Untermalt wird das nicht nur durch seine virtuose und beeindruckende Gesangsstimme, sondern auch durch die vielen skurrilen Geräusche, die er die Pflanze machen lässt.
Nicht unerwähnt bleiben darf auch Timothy Roller, der aus dem Ensemble dadurch heraussticht, dass er in Rekordgeschwindigkeit mindestens fünf unterschiedliche Rollen einnimmt, die dem Zuschauer das eine oder andere Lachen entlocken.
Das Highlight des Abends sind die drei Soulgirls Crystal, Ronette und Chiffon, gespielt von Karen Helbing, Daniela Tweesmann und Friederike Kury. Als einzige Figuren sind sie das gesamte Stück über präsent auf der Bühne. Sie haben die elaboriertesten Choreographien und Gesangsparts des Stücks zu bewältigen und meistern diese Aufgabe scheinbar mühelos. Nicht nur sind sie als Nebenfiguren in die Handlung eingebaut, sondern sie fungieren darüber hinaus als sehr reaktive Beobachter und Kommentatoren der Geschichte, reichen auch mal aus dem Off eine handlungstragende Requisite und sind sich für den einen oder anderen Gag nicht zu schade. In nahezu allen Liedern haben sie Solo- oder Background-Parts, die sie mit klassischen Showgirl-Moves zum Leben erwecken. Durch das Anlegen einer hawaiianischen Blumenkette in einem oder einem Gospel-Glitzerkittel in einem anderen Moment sowie ihre herausragenden Stimmen mit Soul und Funk gelingt ihnen der Stimmungs- und Szenenwechsel mit links.
Alles in allem ist der „Horrorladen“ in Schwäbisch Hall ein solider und kurzweilig inszenierter Klassiker mit vielen kleinen aber originellen Ideen und einer hervorragenden Besetzung ins außergewöhnlicher Kulisse. Gute Unterhaltung ist dabei garantiert – und für Fans dieses Stücks unbedingt sehenswert!
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KREATIVTEAM |
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Buch und Liedertexte | Howard Ashman |
Musik | Alan Menken |
Filmvorlage | Roger Corman |
Musikalische Leitung | Heiko Lippmann |
Inszenierung | Thomas Goritzki |
Ausstattung | Heiko Mönnich |
Choreografie | Natalie Holtom |
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CAST (AKTUELL) |
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Seymour | Benjamin Sommerfeld |
Audrey | Hanna Mall |
Mushnik | Andreas Zaron |
Audrey II (Pflanze) | Andreas Wolfram |
Orin | Andrea Matthias Pagani |
Chiffon | Friederike Kury |
Ronette | Daniela Tweesmann |
Chrystal | Karen Helbing |
Saufbruder, Agent, Bernstein, Mrs. Luce, Martin | Timothy Roller |
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GALERIE |
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TERMINE |
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