Im Frühjahr 2025 soll am Theater St. Gallen das Musical „Einstein – A Matter of Time“ seine Uraufführung erleben. Regisseur und Autor Gil Mehmert sowie der Komponist Frank Wildhorn erzählen die Geschichte des weltbekannten Physikers Albert Einstein – von seinen Anfängen als Student bis hin zu seiner Flucht aus Nazideutschland und seiner Professur in Princeton. Die Titelrolle übernimmt David Jakobs, in weiteren Rollen stehen unter anderem Katia Bischoff, Livio Cecini, Andrè Bauer und Barbara Obermeier auf der Bühne. Im Vorfeld der Uraufführung hatten wir die Möglichkeit, mit Frank Wildhorn und Gil Mehmert über die Entstehung des Musicals zu sprechen. Sie geben in diesem Interview spannende Einblicke in die Herausforderung, Einsteins Lebensgeschichte auf die Bühne zu bringen, und berichten von ihrer Zusammenarbeit an diesem außergewöhnlichen Projekt.
Wie kam die Idee auf, ein Musical über Albert Einstein zu schreiben, und welche Aspekte seines Lebens haben euch besonders inspiriert?
Gil Mehmert: Die Idee zu „Einstein“ kam hauptsächlich von unserem Mit-Produzenten, Walter Feucht aus Ulm. Er war inspiriert durch seine tägliche Verbindung zum Geburtsort von Albert Einstein. Seine Bewunderung für Einstein und seine Wertschätzung für Frank Wildhorn führten zu der Vision, beide in einem Musical zu vereinen. Ein biografisches Musical zu schreiben, ist immer eine Herausforderung – besonders, weil Einstein ein langes, komplexes Leben hatte. Es war kein kurzes, tragisches Leben wie bei „Evita“ oder „Jesus Christ Superstar“, sondern ein Leben, das sich über Jahrzehnte erstreckte und in einer turbulenten Welt stattfand, die zwei Weltkriege und den Übergang ins 20. Jahrhundert umfasste. Daher fokussierten wir uns auf die zentrale Idee: Vom Albert zum Einstein! Wir wollten zeigen, wie aus einem exzentrischen Physikstudenten ein weltberühmter Wissenschaftler wurde.

Frank Wildhorn: Für mich ist Einstein eine Figur, die einfach ‚größer als das Leben‘ ist. In seiner Zeit standen die Einsätze für die Welt so hoch. Er hat uns an Orte geführt, an die wir vorher nie gedacht hätten. Und was mir besonders gefällt, ist, dass er auch viele menschliche Fehler hatte. Das macht ihn für mich zu einem faszinierenden Charakter. Ich liebe die Idee, über so jemanden zu schreiben, weil es unglaublich viele Dimensionen gibt – sowohl als Wissenschaftler als auch als Mensch.
Gil Mehmert: Genau, es war diese Kombination aus Menschlichkeit und Genie, die uns wirklich fasziniert hat. Wir mussten sowohl die wissenschaftliche als auch die persönliche Seite von Einstein einfangen.
Der Titel lässt darauf schließen, dass das Thema Zeit eine zentrale Rolle im Musical spielt. Könntet ihr mehr darüber erzählen, wie ihr dieses Konzept sowohl narrativ als auch musikalisch umgesetzt habt und welche Emotionen und musikalischen Stile das Stück prägen werden?
Gil Mehmert: Der Untertitel „A Matter of Time“ führt uns zu vielen Reflexionen. Es geht nicht nur um die Relativitätstheorie, sondern auch um die Tatsache, dass es eine Frage der Zeit ist, wann die Menschheit begreifen wird, dass wir unsere eigene Welt nicht weiter zerstören können. Einstein hatte stets eine klare Meinung dazu. Es ist auch eine Frage der Zeit, dass wir anfangen, uns zu verändern. Für mich ist es eine philosophische Betrachtung. Das Musical thematisiert nicht nur die wissenschaftliche Seite, sondern auch den Kampf der Menschheit, in einer immer schneller werdenden Welt die richtige Richtung zu finden.
Frank Wildhorn: Und dabei geht es für mich um mehr als nur die wissenschaftlichen Entdeckungen. Zeit ist so kostbar für uns alle, es ist eine emotionale Frage. Wenn du die Wissenschaft und die menschliche Emotion miteinander verbindest, wird es zu etwas, das sich auf einer ganz anderen, lyrischen Ebene entfaltet. Es spricht tiefere Emotionen an, als man es vielleicht erwarten würde, wenn man nur die Theorie betrachtet.
Gil Mehmert: Absolut. Und das ist auch der Punkt, an dem wir mit der Musik arbeiten. Wir wollten, dass die Musik genauso viele Emotionen transportiert wie die Geschichte von Einstein. Sie soll die Zeit und den Wandel widerspiegeln, aber gleichzeitig auch die menschliche Dimension, die in der Wissenschaft oft übersehen wird.
Einstein ist nicht nur eine historische Figur, sondern auch ein kulturelles Symbol. Wie habt ihr das Gleichgewicht zwischen historischer Genauigkeit und künstlerischer Freiheit gefunden, insbesondere bei der Darstellung seines persönlichen Lebens? Und was unterscheidet „Einstein – A Matter of Time“ von euren bisherigen Arbeiten?
Frank Wildhorn: Die Musik in diesem Stück ist ziemlich vielseitig und wurde von den verschiedenen Epochen inspiriert, in denen Einstein lebte. Für mich war es wichtig, seine Persönlichkeit zu verstehen und zu vermitteln – diese Mischung aus Leidenschaft und der Fähigkeit, über das Universum nachzudenken. Es gibt so viele verschiedene Ebenen seiner Geschichte, die man erkunden kann, sowohl als Wissenschaftler als auch als Mensch. Einstein hatte dieses unglaublich tiefe Verständnis von Zeit und Raum, aber auch diese sehr menschliche Seite, die er nicht immer zeigen wollte. Und genau das macht ihn für mich zu einem besonders spannenden Charakter.
Gil Mehmert: Es war genau diese Mischung, die uns zu der Entscheidung brachte, die Geschichte von Einstein in zwei wichtigen Abschnitten zu erzählen. Wir beginnen mit seinen Studienjahren 1896 und führen ihn dann zu seinem weltweiten Ruhm im Jahr 1919. Aber wir springen auch zu zwei Schlüsselmomenten seines Lebens: seiner Flucht nach Amerika 1933 und seinen letzten Jahren in Princeton. Es war uns wichtig, diese Reise so authentisch wie möglich zu zeigen, aber gleichzeitig die Freiheit zu haben, seine inneren Kämpfe und menschlichen Konflikte zu erforschen.
Frank Wildhorn: Ja, und genau hier gibt es die Herausforderung – man kann nicht nur die Fakten präsentieren. Es geht darum, die Essenz von Einstein zu fangen. Wir wollten die Freude und die Zerbrechlichkeit, aber auch die Leidenschaft und die Triumphe, die zu seinen Erfolgen führten auf die Bühne bringen. Es gibt so viele wunderbare Facetten, die wir mit der Musik und der Erzählweise ausdrücken konnten.
Gil Mehmert: Und das ist auch das, was dieses Musical von unseren früheren Arbeiten unterscheidet. Es ist nicht nur eine historische Erzählung, sondern eine, die tief in die menschliche Psyche eindringt und universelle Fragen stellt.
Vielen Dank, lieber Frank Wildhorn und lieber Gil Mehmert, für die Beantwortung unserer Fragen und für die spannenden Einblicke in eure Arbeit. Wir sind schon sehr neugierig auf das Ergebnis und freuen uns auf die Premiere am 01.03.2025, bei der wir selbstverständlich dabei sein werden.
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