Bärbel Röhl (Oma Lena) und Harrie Poels (Karl) © Jochen Quast
Bärbel Röhl (Oma Lena) und Harrie Poels (Karl) © Jochen Quast

Abenteuerland (seit 10/2023)
Capitol Theater, Düsseldorf

Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

“Komm mit mir ins Abenteuerland, auf deine eigene Reise.” So stimmt Mr. X das Publikum mit dem Originaltext aus der Feder Hartmut Englers, dem Kopf der erfolgreichen Deutsch-Pop-Band PUR, ein. Mithilfe von 30 der bekanntesten Musikstücke aus 40 Jahren Bandgeschichte verbindet Autor Martin Flor Lebensthemen verschiedener Generationen um Liebe, Leid und der Suche nach dem eigenen Weg. Da zerplatzt der ein oder andere “Seiltänzertraum”. Nicht nur PUR-Fans werden sich in der Geschichte der Familie Schirmer wiederfinden, mitlachen, -feiern und -fühlen.

Das Publikum begleitet ein Jahr lang die Familie Schirmer. Das sind Petra und Robert als Eltern der beiden Teenager Alex und Anna. Immer mal wieder schaut auch Oma Lena vorbei. Alles könnte so harmonisch sein, doch das ist es keineswegs: Die Eltern haben sich nach 20 Jahren Ehe so weit auseinandergelebt, dass Robert vor lauter Arbeit und Sport sogar Petras Geburtstag vergisst. Daraufhin bricht Petra mit ihrer Freundin Beate zu einem Tag unter Frauen auf und begibt sich schließlich für eine Nacht in fremde Arme. Auch Oma Lena fühlt sich einsam und sucht über das Internet eine neue Bekanntschaft. Alex ist der Einzige, bei dem alles rund zu laufen scheint: Er verliebt sich in seine neue Mitschülerin Amira und wird mit seiner Band auf einem Newcomer-Wettbewerb gefeiert. Seine Schwester Anna hingegen scheint nicht nur im Familientrubel unterzugehen: In der Schule hat sie mit Mobbing zu kämpfen und darüber hinaus ist sie unglücklich in den Bandkollegen und besten Freund ihres Bruders verliebt, der in ihr jedoch nur eine Freundin sieht. Anna verstrickt sich immer mehr und flüchtet sich während eines Konzerts des Bruders schließlich in einen Suizidversuch.

Am Rande werden außerdem immer wieder die Themen LBGTQ und diverse geschlechtliche Orientierungen aufgegriffen. Damit ist das Musical sehr zeitgemäß, aber es wirkt insgesamt etwas überladen und lässt den einzelnen Problemen und Schicksalen nicht soviel Raum, wie sie es verdienen. Auch der Ton der gesprochenen Dialoge wirkt im Vergleich zu den Liedtexten etwas gekünstelt und unpassend, da sehr gewollt auf die Jugendsprache der 2020er Jahre gebracht. Da wird schon mal “verkackt” und das irritiert.

Ganz nach der Partitur PURs setzt Dominik Flaschka in der Regie auf verschiedene Tempi: Bewegte Szenen, die jeder in der eigenen Alltagswelt erlebt, werden in der modernen Wohnküche zusammengetragen – offen ausgesprochen oder nicht. Denn es passen bei der Dichte und Vielzahl der behandelten Themen nicht immer alle in das Zusammenspiel der Familienmitglieder, was im Verlauf dramatisch gipfelt. Doppeldrehbühne, Treppenaufgänge, verschiedene Ebenen und Höhen des Bühnenaufbaus von Stephan Prattes werden mithilfe von Lichtprojektionen, Bildschirmen und beleuchteten Rahmen zu diversen Kulissen – vom Klassenzimmer, über den Wellness-Tempel zum Bahnhof und wieder zum Jugendzimmer, in dem Mascha Volmershausen als Anna “Allein vor dem Spiegel” steht.

Gerade die Kompositionen der Lichtprojektionen und Choreographien von Jonathan Huor sind sehr gut auf das Innenleben der Protagonisten abgestimmt, und passen eben dann, wenn die Worte fehlen (“Fallen”). Dass sich zu den bekannten PUR-Hits eben nicht nur Disco-Fox tanzen lässt, sondern auch moderner Contemporary, wird den ein oder anderen Zuschauer vielleicht überraschen. Mal geht es chaotisch und düster zu und dann wirbeln die Darsteller wieder beschwingt über die Bühne.

Die Kostüme von Irina Hofer spiegeln in Stil und Farbauswahl vor allem die Stimmung bzw. das Temperament der einzelnen Rollen wider. So begegnet Bärbel Röhl als Oma Lena der Liebe im Alter ganz flott in Turnschuhen. Mascha Volmershausen als Anna trägt ausnahmslos dunkle Farben, die zu ihrer oft düsteren Stimmung und ihrem angeschlagenen Selbstbild passen. Aufgrund ihrer starken Präsenz wirkt sie jedoch keine Sekunde wie eine graue Maus.

Auch die musikalische Umsetzung der PUR-Songs nach Gary Hickeson und Richard Morris kann sich hören lassen: Die Band – wie auch PUR auf Konzerten in siebenköpfiger Formation – wird dirigiert von Jeff Frohner und lässt sich im Finale auf der Bühne von Publikum und Cast zu Recht feiern. Das weckt Erinnerungen an einen echten PUR-Konzertbesuch.

Mascha Volmershausen ist als Anna die jüngste, aber wohl überzeugendste Darstellerin des gesamten Casts. Ihre Rolle ist zweifellos die mit dem meisten Tiefgang und der größten Schwere, aber auch der größten Entwicklung im Laufe des Stücks. Schauspielerisch wie gesanglich berührt, bewegt und überzeugt sie auf ganzer Linie. 

Annas Bruder Alex, gespielt von Johann Zumbütt, der immer wieder im Mittelpunkt des Geschehens steht, wirkt neben seiner Schwester etwas dünn in der Stimme, beeindruckt aber durch Schauspiel, Tanz und Bühnenpräsenz. Lea Marie Hansche bringt als Amira durch ihre natürliche Art eine wunderbare Leichtigkeit auf die Bühne. Sie zeigt ein großes Stimmspektrum und verleiht ihrer Rolle eine ansprechende Tiefe.

Carolin Soyka als Petra und Hannes Staffler als Robert wirken als Paar auf der Bühne wenig harmonisch – teilweise mag das gewollt sein, aber auch in Szenen, in denen sie versöhnlich miteinander umgehen, kommt keine gute Chemie auf. Soyka übertrifft ihren Spielpartner in Gesang und Spiel deutlich.

Oma Lena, gespielt von Bärbel Röhl, wirkt neben ihrem starken Spielpartner Karl – Harrie Poels – unsicherer, als die Rolle es verträgt. Poels dagegen besticht durch Stimme und Schauspiel und bietet “Lena” eine ‘ruhige Hand’.

Kim-David Hammann, der seine Stärken im Gesang und vor allem im Schauspiel beweist, führt als wandlungsfähiger Mr. X durch die Handlung und tritt sowohl als Erzähler, Moderator, Verführer und Arzt in Erscheinung. Er verleiht allen Rollen etwas Unnahbares sowie eigene Tiefe und sticht somit aus dem Cast besonders heraus.

Die Songs von PUR, die ursprünglich als Sologesang für den Frontmann konzipiert wurden, wirken im Musical so, als wären sie extra hierfür geschrieben: Mal entwickeln sich aus den Originaltexten der Band Dialoge (“Heimlich”, “Dass es dir leid tut”), mal setzen Chöre ein und übernehmen eigene Passagen (“Drachen sollen fliegen”). Gerade diese Adaptionen, mit minimalen Abänderungen der Textvorlagen von Hartmut Engler, beleben das Stück. PUR-Fans, und alle, die es vielleicht noch werden, kommen voll auf ihre Kosten und werden sich zwischenzeitig zum Mitsingen bewegt fühlen.

Martin Flohr hat in enger Zusammenarbeit mit den PUR-Mitgliedern Hartmut Engler und Ingo Reidl mit “Abenteuerland” ein Musical geschaffen, das trotz der Schwere verschiedener Passagen viel Spaß macht!

 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
KREATIVTEAM
MusikHartmut Engler
Ingo Reidl
TexteHartmut Engler
Konzept & BuchMartin Flohr
RegieDominik Flaschka
Arrangements & Musical SupervisionGary Hickeson
Richard Morris
ChoreografieJonathan Huor
BühnenbildStephan Prattes
Licht DesignBen Cracknell
Sound DesignDan Samson
Video DesignLeo Flint
KostümbildIrina Hofer
Musical DirectorJeff Frohner
DramaturgieFriederike Bernau
Associate DirectorGordon Gesatzki
Haare & Make-UpSandra Wartenberg
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
AnnaMascha Volmershausen
AlexJohann Zumbült
AmiraElvin Karakurt
TomLukas Baeskow
PetraCarolin Soyka
RobertHannes Staffler
BeateJana Stelley
Oma LenaBärbel Röhl
Regina Venus
KarlHarrie Poels
Mr. XKim-David Hammann
VanessaPauline Schubert
EnsembleChristian Bock
Matthias Graf
Lea Marie Hansche
Florian Karnatz
Nadine Lauterbach
Lena-Sophie Pudenz
Anja Quinter
SwingsClarissa Gundlach
Jessica Kessler
Pascal Pfeiler
Julia Waldmayer
Marcel Walther
Jakob Wirnsperger
  
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE
Fr, 26.04.2024 15:00Capitol Theater, Düsseldorf
Fr, 26.04.2024 19:30Capitol Theater, Düsseldorf
Sa, 27.04.2024 15:00Capitol Theater, Düsseldorf
Sa, 27.04.2024 19:30Capitol Theater, Düsseldorf
So, 28.04.2024 14:00Capitol Theater, Düsseldorf
So, 28.04.2024 18:30Capitol Theater, Düsseldorf
Di, 30.04.2024 19:30Capitol Theater, Düsseldorf
Mi, 01.05.2024 14:00Capitol Theater, Düsseldorf
Mi, 01.05.2024 18:30Capitol Theater, Düsseldorf
Fr, 03.05.2024 19:30Capitol Theater, Düsseldorf
▼ 114 weitere Termine einblenden (bis 27.09.2024) ▼
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE (HISTORY)
Di, 10.10.2023 19:30Capitol Theater, DüsseldorfPreview
Sa, 14.10.2023 19:30Capitol Theater, DüsseldorfPreview
Di, 17.10.2023 19:30Capitol Theater, DüsseldorfPreview
▼ 180 weitere Termine einblenden (bis 25.04.2024) ▼
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