Stefan Hubers Inszenierung hat schon eine längere Reise hinter sich. Sie war als Co-Produktion der Theater Dortmund, Nürnberg und Chemnitz nacheinander auf den drei Bühnen zu sehen und wurde dann von Graz übernommen. Nun ist Hubers „Funny Girl“ in der Bad Hersfelder Stiftsruine angekommen. Da wäre bestimmt Gelegenheit gewesen, doch einmal beherzt zum Rotstift zu greifen. In den etwas mehr als drei Stunden Spielzeit herrscht viel Leerlauf.
Katharine Mehrling ist auch in Bad Hersfeld eine sehr präsente Fanny Brice. Sie spielt sie anfangs als freches, gewitztes Showgirl, um dann als Broadway-Star sehr kontrolliert zu agieren. Das nimmt ihr etwas Lebendigkeit in dem dramatischen, eher schleppenden Teil des Stücks. Ihre Stimme trägt die mittlere und tiefe Lage sehr kraftvoll. Muss sie weiter nach oben, klingt sie etwas angestrengt.
Fannys Ehe mit dem Spieler Nick Arnstein steht von Anfang an unter keinem guten Stern. Allerdings bleibt in Alen Hodzovics steifer und trockener Darstellung der Charme des Verführers auf der Strecke. Zwischen Mehrling und Hodzovic entsteht keine Harmonie – so bleibt dem Zuschauer ihre Beziehung weitgehend egal.
Das Buch stellt Fanny sehr in den Mittelpunkt und drapiert dünne Nebenrollen um sie herum. Marianne Larsen und Marc Seitz – wie Mehrling ebenfalls Veteranen in dieser Inszenierung – können als Fannys Mutter und ihr Jugendfreund und Choreograph Eddie Ryan durch Gesang, Komik und Tanz Akzente setzen. Die funktionalen kleinen und Kleinst-Rollen werden durch Hubers gute Personenführung aufgewertet – eine Stärke seiner Inszenierung. Auch Danny Costellos klassische Vaudeville-Choreographien sind sehr gelungen.
Der Umzug in die große Stiftsruine hat dem Bühnenbild von Harald B. Thor nicht gut getan. In der besuchten Nachmittagsvorstellung steht die variable Showtreppe im Tageslicht etwas verloren im großen Raum. Susanne Hubrichs üppige Kostüme sind da bunte Pluspunkte auf der Ausstattungsseite.
Ein Pluspunkt ist auch das Orchester. Dirigent Christoph Wohlleben trifft mit Elan die Revuetheater-Stimmung des frühen 20. Jahrhunderts. Doch auch der Schwung aus dem Orchestergraben kann den Staub, der sich in den letzten 55 Jahren auf Jule Stynes Partitur und Isobel Lennarts Buch angesammelt hat, nicht wegpusten. Am besten haben sich noch Bob Merrills oft sehr witzige Songtexte gehalten. Warum sie mal im englischen Original und mal in deutscher Übersetzung gesungen werden, ist nicht nachvollziehbar.
„Funny Girl“ war schon bei seiner Uraufführung bodenständige Unterhaltung, die keine neuen Wege einschlug. Heute ist es ein Stück aus dem Musical-Museum, das man besucht, um es mal gesehen zu haben, und es dann wieder in seine Vitrine zurückzustellen.
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