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Das Kunze/Levay-Musical erstrahlt in neuem Glanz. Andreas Gergens innovative und gelungene Herangehensweise, eine gelungene Auswahl an Hauptdarstellern sowie ein bombastisch aufspielendes Orchester sorgen für einen dramatisch dichten, nahezu fesselnden Theaterabend in Tecklenburg.
Es ist erfreulich zu sehen, dass neue Regieeinfälle die Erzählung einer bekannten Geschichte so nachhaltig positiv beeinflussen, dass man von einer völlig neuen Inszenierung sprechen kann. Jüngst konnte man dies bei Disneys „Der Glöckner von Notre Dame“ erleben – einer Neuinszenierung, die mit völlig plakativen Ideen nachhaltig überzeugt. Ähnlich geht auch Gergen an „Rebecca“ heran. Er stellt stark die Symbolik der Geschichte in den Mittelpunkt und konzentriert sich weniger auf Kitsch und Opulenz der damaligen Wiener bzw. Stuttgarter Produktion.
Das Ergebnis ist eine Show, die mit wunderbaren Bildern verzaubert und einen beinahe gespenstischen Eindruck hinterlässt. Besonders deutlich wird das bei Gergens wortwörtlichem Einsatz der „Schatten“ von Manderley. Tänzerinnen und Tänzer in schwarzen Kostümen schleichen unentwegt über die große Bühne, tanzen Choreografien, bauen sich zu unheimlichen Bildern auf (wunderbar z. B. die schattenspielartige Darstellung einer Meeresszene in Monte Carlo) oder interagieren mit den Darstellern, indem sie beispielsweise als Tischbein oder Bilderrahmen fungieren. Besonders im späteren Verlauf des Abends, wenn die Dämmerung nach und nach einsetzt, wirkt dies ungemein atmosphärisch und sehr intelligent. Obwohl es eigentlich simple Mittel des Theatermachens sind, begeistern gerade diese Regieeinfälle. Beinahe mag man von zusätzlichen Hauptdarstellern sprechen, die in mancher Szene sogar Szenenapplaus bekommen.
Die ‚regulären‘ Hauptdarsteller sind – wie in Tecklenburg zu erwarten – hervorragend besetzt. Pia Douwes gibt erneut die bedrohliche Haushälterin Mrs. Danvers und hat diese Rolle mittlerweile bis ins Mark verinnerlicht. Schon ihr erster Solo-Auftritt („Sie ergibt sich nicht!“) bietet eine beeindruckende gesangliche Leistung und begeistert. Man hat den Eindruck, mit der Haushälterin in Gergens Inszenierung noch stärker mitfühlen zu können, da sie noch intensiver in die Handlung integriert ist. Beim finalen Brand tritt sie beispielsweise erneut in Erscheinung, was ihre unendliche Liebe zu Rebecca stärker unterstreicht.
Milica Jovanovic als „Ich“ überzeugt mit lupenreiner Diktion und einem zuckersüßen Gesang im ersten Akt, kann aber später auch als „resolute“ Hausherrin überzeugen („Mrs. De Winter bin ich!“). Absolut authentisch spielt auch Roberta Valentini als Maxims Schwester Beatrice. Obwohl ihre Rolle nicht viel zur Handlung beiträgt, holt Valentini durch ihren Gesang und ihre Spielfreude viel aus dem Charakter heraus und fährt gerade im Zusammenspiel mit Jovanovic zur Hochform auf („Die Stärke einer Frau“).
Lediglich Jan Ammann wirkt am besuchten Abend etwas blass, vermeidet höhere Töne und ist generell sehr schlecht zu verstehen. Schauspielerisch überzeugt jedoch auch er. Sein Solo „Kein Lächeln war je so kalt“, in dem er die Geschichte des „Verschwindens“ seiner Frau rekapituliert und die Schatten im Hintergrund diese Rekapitulation lebendig werden lassen, ist einer der inszenatorischen Höhepunkte des Abends. Ein starkes Stück Theater!
Das Bühnenbild ist zweckmäßig und übersichtlich. Auf der rechten Seite der Bühne steht Manderley – ein zweistöckiges Haus mit verschiebbaren Türen – auf der linken Seite befindet sich eine Drehbühne, die von den Schatten bewegt wird und sowohl als Hütte am Strand als auch als Rebeccas Schlafgemach fungiert. Die rechte Seite der Bühne wird ebenfalls für Auftritte genutzt, und somit wird die gesamte Fläche bespielt. Durch den Einsatz der Schatten und eines großen Ensembles wirkt die ausladende Bühne nie leer. Requisiten werden größtenteils nur angedeutet und durch die Schatten – wie erwähnt – untermalt. So wird selbst Rebeccas Schreibtisch, ebenfalls von den Schatten getragen, zu einem Hingucker.
Szenenwechsel funktionieren fließend; besonders die Massenszenen („Strandgut“ beispielsweise wird mit einer riesigen Menschenmenge mit Taschenlampen inszeniert) wirken voller Elan. Und auch die ruhigen, intimen Szenen weiß Gergen zu inszenieren. Das Kennenlernen der beiden Protagonisten findet beispielsweise hoch über den Köpfen der Zuschauer auf einer Art Empore statt, so dass der Eindruck entsteht, die beiden schauen auf das abendliche Monte Carlo hinab. Insgesamt kommt die Dramatik der Story in Tecklenburg stärker zum Tragen als in vorangegangenen Inszenierungen.
Einen großen Teil trägt auch das Orchester unter der Leitung von Tjaard Kirsch dazu bei. Das über 20 Musiker starke Orchester erzeugt einen opulenten Klang, der perfekt von der Technik in das große Auditorium gesteuert wird.
„Rebecca“ bietet einen fantastischen Theaterabend auf ganz hohem Niveau. Clevere Regieideen, die die Show nachvollziehbarer machen und aufwerten, gepaart mit tollen Hauptdarstellern und ausgezeichneter musikalischer Untermalung bleiben im Gedächtnis und machen neugierig auf die für 2018 angekündigte Neuinszenierung von „Les Misérables“.
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KREATIVTEAM |
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Regie | Andreas Gergen |
Musikalische Leitung | Tjaard Kirsch |
Choreografie | Danny Costello |
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CAST (AKTUELL) |
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Ich | Milica Jovanovic |
Maxim | Jan Ammann |
Mrs Danvers | Pia Douwes |
Frank Crawley | Thomas Hohler |
Beatrice | Roberta Valentini |
Mrs. Van Hopper | Anne Welte |
Jack Favell | Robert Meyer |
Giles | Mathias Meffert |
Ben | Christian Fröhlich |
Oberst Julian | Johan Berg |
Frith | Guido Breidenbach |
Robert | Fin Holzwart |
Clarice | Sophie Blümel |
Richter Horridge | Jan Altenbockum |
Ensemble | Michael Thurner Nicolai Schwab Zoltan Fekete Daniel Meßmann Andrew Hill Kim-David Hammann Luciano Mercoli Juliane Bischoff Jennifer Kohl Alexandra Hoffmann Esther Lach Celine Vogt Joyce Diedrich Dörte Niedermeier Janina Niehus |
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