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KURZBEWERTUNG |
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Die Story um den bekannten Hochstapler wird hier zu einer behäbigen, langatmigen Musical-Geschichtsstunde an authentischem Ort. Prächtige Ausstattung und tolle Darsteller stehen auf der Habenseite einer eher mittelmäßigen Aufführung, bei der es vor allem am Buch krankt.
20 Mark in bar auf die Hand. Zu diesem Preis verkauft der fliegende Händler einen Säbel, eine Offiziersmütze und den dazu passenden Mantel mit goldenen Knöpfen und Schulterklappen. Damit verwandelt sich der bisher im Leben gescheiterte Ex-Sträfling und Schuster Wilhelm Voigt in den Mann, der Weltruhm erlangt, indem er mit ein paar Soldaten im Handstreich das Rathaus von Köpenick besetzt und sich vom völlig überrumpelten Bürgermeister die Stadtkasse aushändigen lässt.
Die Zuschauer im Innenhof des Originalschauplatzes harren auf äußerst unbequemen Plastikstühlen aus, bevor sie – gerade mal eine gute halbe Stunde vor dem Finale – genau die Szenen zu sehen bekommen, wegen denen viele den Weg dorthin gefunden haben. Carl Zuckmayers Drama von 1931 erzählt jedoch mehr als die weltberühmte „Köpenickiade“! Der Fokus liegt auf Voigts Leidensweg im Gewirr aus Bürokratismus und der Allmacht des Militärs im wilhelminischen Kaiserreich. Wer wie er die stets zackig gestellte Frage „Haben Sie gedient?“ verneinen muss, gilt als Mensch zweiter Klasse, dessen sozialer Abstieg vorgezeichnet scheint. In diesem Preußen herrschen zwar Zucht und Ordnung, dies allerdings auf Kosten des einfachen Volkes und der Frauen, die als Heimchen am Herd ihren Mann bedienen dürfen.
Heiko Stang, multifunktional für Musik, Liedtexte, Bühnenbild und Regie verantwortlich, will allerdings zu viel des Guten und „vermusicalt“ die Zuckmayer-Vorlage in eine behäbige, knapp drei Stunden dauernde Geschichtsstunde. Nach exakt der Hälfte der Zeit hat sich das Publikum die zwanzigminütige Pause redlich verdient, denn insbesondere im quälend lang wirkenden ersten Teil schlummert erhebliches Streichpotenzial: Viele der Szenen transportieren zwar das Zeitkolorit des Kaiserreichs, verpuffen allerdings wegen zu langer Dialoge und zu vieler Handelnder. So würde zum Beispiel der Song „Haltung, Haltung, Haltung“ im Schneideratelier Wormser auch ohne den lahmen und völlig überflüssigen Azubi Willy funktionieren. Wie im Fall des grandiosen Showstoppers über den stark riechenden Harzer Käse würde ein einschwirrender, witziger Background-Chor ausreichen.
Vorlagenbedingt dominieren Tschingderassabum-Gassenhauer die Partitur. Heiko Stangs atmosphärisch dichten Kompositionen mit geringem Ohrwurm-Potenzial fügen sich auch jenseits der Mitklatsch-Märsche immer passgenau in die Handlung ein. So wird’s im verruchten „Café National“ jazzig („Ich hab‘ so ‘ne Sehnsucht nach Liebe heut‘ Nacht“). Das Couplet „Wenn meene Frau sich auszieht, wie die dann aussieht“ fördert Preußens verklemmt-biedere Einstellung zur Sexualität zutage und die Ballade „Sommerglück“ illustriert aufkeimende Gefühle und Sehnsüchte. In der Orchestrierung des musikalischen Leiters Frank Hollmann werden alle Songs von acht Musikern des „Symphonic Pop Orchestras“ aus einem kleinen Zelt-Pavillon links von der Bühne begleitet. Ein Lob gebührt in diesem Zusammenhang der Tontechnik (Uwe Haupt), die gerade in der Open-Air-Situation gute Arbeit leistet.
Ein Glücksfall ist das sehr homogen zusammengesetzte Ensemble, das auch im Gesang kaum Wünsche offen lässt. Bis auf den Darsteller der Titelrolle sind alle in mehreren, meist nur sehr kleinen Rollen, zu sehen. Herausragend dabei zwei Porträts: Nach einem Ausraster in Zivil quittiert Dirk Weidner als nach Perfektion strebender, schneidiger Hauptmann von Schlettow den Dienst und hinterlässt einen gebrochener Charakter. Franz Frickel glänzt als bizarr-trotteliger Zuchthausdirektor, der seine Gefangenen zum Zeitvertreib die Schlacht bei Sédan nachstellen lässt.
Als Wilhelm Voigt ist Maximilian Nowka zunächst ein sehr leiser und scheuer Verlierertyp, der mit traurigem Blick und hängenden Schultern sein Hab und Gut in einem Pappkarton über die Bühne trägt. Grandios und absolut glaubhaft gelingt ihm mit Überstreifen des Uniformmantels der plötzliche Wechsel in die Rolle des herumkommandieren Offiziers. Zackig und schneidig brüskiert er die Verwaltung und führt vor allem Bürgermeister Obermüller (hochnäsig: Andreas Goebel) und den Oberwachtmeister (preußisch-zackig: Björn Ole Blunck) vor. Stimmlich verfügt Nowka über einen schönen, geschmeidigen Tenor, der insbesondere im Liebesduett mit Juliane Maria Wolff zur Geltung kommt. Auch Wolff kann ihre Wandlungsfähigkeit in einer Doppelrolle eindrucksvoll unter Beweis stellen: Wirkt sie als das von Voigt begehrte, totkranke Liesken wie ein zerbrechliches Porzellanpüppchen, dominiert sie in der Rolle der Halbweltdame Plörösenmieze verrucht und geschäftstüchtig das Nachtleben im kaiserlichen Berlin. Hier kann sich auch das Choreografen-Duo Doris Marlis und Michael Apel austoben und schwülstige Atmosphäre auf kleinsten Raum zaubern.
Wirklich eine Wucht ist das prachtvolle, ganz der wilhelminischen Zeit verpflichtete Kostümbild (Antje Schrader) mit seinen Uniformen, langen Kleidern, üppigen Hüten und den adrett gestärkten, weißen Schürzen. Damit korrespondiert auch das Bühnenbild, für das Heiko Stang eine Guckkasten-Bühne mit einem Wilhelm-II-Abbild als Giebel-Abschluss entworfen hat. In deren Innenraum stehen seitlich links und rechts je zwei Holztüren mit bunter Glaseinfassung, dahinter nimmt eine Brüstung die gesamte Bühnenbreite ein. Dies ermöglicht schnelle Wechsel der Handlungsorte, die zusätzlich durch weitere Versatzstücke wie Fahnen und herausklappbare Elemente angedeutet werden. Über allem thront am Bühnenende der preußische Adler, der bei der „Köpenickiade“ Nebel ausstößt und bedrohlich mit den Augen leuchtet. Auch eine Form des Kommentars für einen Abend, der mit den Songzeilen „Lach dir ‘nen Ast und setz‘ dir druff und baum’le mit de Beene“ endet.
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KREATIVTEAM |
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Buch | Carl Zuckmayer |
Musik, Liedtexte, Inszenierung, Bühnenbild | Heiko Stang |
Musikalische Leitung, Orchesterarrangements | Frank Hollmann Kathleen Bird |
Kostümbild | Antje Schrader Gisela Lämmle |
Choreografie | Doris Marlis Michael Apel Szilvia Wolf |
Step-Choreografie | Nini Stadlmann |
Maske | Stefanie Barth |
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CAST (AKTUELL) |
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Tournee 2019 | ||||
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Wilhelm Voigt | Maximilian Nowka | |||
Plörösenmieze, Liesken | Juliane Maria Wolff | |||
Wabschke, Moritatensänger und andere | Christian Theodoridis | |||
Friedrich Hoprecht, Oberwachtmeister und andere | Michael Seeboth | |||
Marie Hoprecht | Pia Klausch | |||
Paul Kallenberg, Zuchthausdirektor und andere | Tim Müller | |||
Bürgermeister Obermüller, Knell und andere | Andreas Goebel | |||
Mathilde Obermüller, Wirtin | Barbara Felsenstein | |||
Adolf Wormser und andere | Michael Franic | |||
Willy, Zeitungsjunge, Kellner und andere | Daniel-Erik Biel | |||
Hauptmann von Schlettow und andere | Steven Klopp | |||
Fanny und Swing | Friederike Kury | |||
Ensemble | Henrike Starck Katrin Lièvre |
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CAST (HISTORY) |
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Spielzeit Sommer 2017 | ||||
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Wilhelm Voigt | Maximilian Nowka Sebastian Smulders | |||
Plörösenmieze, Liesken | Juliane Maria Wolff | |||
Wabschke, Moritatensänger und andere | Jesse Garon | |||
Friedrich Hoprecht, Oberwachtmeister und andere | Michael Seeboth | |||
Marie Hoprecht | Ina Nadine Wagler | |||
Paul Kallenberg, Zuchthausdirektor und andere | Tobias Berroth | |||
Bürgermeister Obermüller, Knell und andere | Andreas Goebel | |||
Mathilde Obermüller, Wirtin | Susanne von Lonski | |||
Adolf Wormser und andere | Michael Chadim | |||
Willy, Zeitungsjunge, Kellner und andere | Martin Markert | |||
Hauptmann von Schlettow und andere | Martin Kiuntke | |||
Fanny und Swing | Bianca Benjamin | |||
Ensemble | Sebastian Smulders Lena Weiss Maximilian Stang Katrin Höft | |||
Spielzeit Sommer 2016 | ||||
Wilhelm Voigt | Maximilian Nowka | |||
Plörösenmieze, Liesken | Juliane Maria Wolff | |||
Wabschke, Moritatensänger und andere | Jesse Garon | |||
Friedrich Hoprecht, Oberwachtmeister und andere | Jörg Zuch | |||
Marie Hoprecht | Ina Nadine Wagler | |||
Paul Kallenberg, Zuchthausdirektor und andere | Nikolas Gerdell | |||
Bürgermeister Obermüller, Knell und andere | Andreas Goebel | |||
Mathilde Obermüller, Wirtin | Paulina Plucinski | |||
Adolf Wormser und andere | Boris Freytag | |||
Willy, Kellner und andere | Martin Markert | |||
Hauptmann von Schlettow und andere | Martin Kiuntke | |||
Fanny und Swing | Stefanie Bruckner | |||
Extra-Chor | Ronald Bird Nadine Pirchi Maik Dehnelt Maximilian Stang | |||
Spielzeit Sommer 2015 (Uraufführung) | ||||
Wilhelm Voigt | Maximilian Nowka | |||
Plörösenmieze, Liesken | Juliane Maria Wolff Paulina Plucinski | |||
Wabschke, Moritatensänger und andere | Jesse Garon | |||
Friedrich Hoprecht, Oberwachtmeister und andere | Björn Ole Blunck | |||
Marie Hoprecht | Ina Nadine Wagler Sandrine Guiraud | |||
Paul Kallenberg, Zuchthausdirektor und andere | Franz Frickel | |||
Bürgermeister Obermüller, Knell und andere | Andreas Goebel | |||
Mathilde Obermüller, Wirtin | Paulina Plucinski Sandrine Guiraud Ina Wagler-Fendrich | |||
Adolf Wormser und andere | Alexander Zamponi | |||
Willy, Kellner und andere | Dennis Weißert | |||
Hauptmann von Schlettow und andere | Dirk Weidner | |||
Fanny | Josephine Strauch Paulina Plucinski | |||
Extra-Chor | Peggy Schinke Gerald Geipel Christoph Stadler Maximilian Stang |
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