Wir haben Nienke, die derzeit die Titelrolle der Maria Theresia spielt, am Rande der Show zu einem kurzen Interview getroffen. Im Gespräch erzählt sie, wie sie die historische Herrscherin als vielschichtigen Menschen begreift: machtbewusst und zugleich verletzlich. Sie spricht über ihre intensive Vorbereitung, die Aktualität der Rolle und die emotionalen Facetten, die sie auf der Bühne lebendig werden lässt.
Maria Theresia ist nicht nur eine zentrale historische Gestalt, sondern auch eine Frau voller Widersprüche – machtbewusst und zugleich verletzlich. Wie hast du diesen Spagat für dich als Darstellerin erarbeitet, um die Figur lebendig und nahbar zu machen?
Ehrlich gesagt habe ich zuerst alles über Maria Theresia recherchiert, was ich nur finden konnte – wirklich alles. Ich habe unzählige historische Texte gelesen und viele Dokumentationen gesehen, die es über sie gibt, um so viele Informationen wie möglich zu sammeln. Natürlich sind das oft Perspektiven darauf, wie andere sie gesehen haben. Für mich war es dann besonders spannend, mir die Frage zu stellen: Wie muss sie sich selbst gefühlt haben? Zwanzig Jahre lang fast ununterbrochen schwanger zu sein, ein riesiges Reich zu regieren und gleichzeitig den Wunsch zu haben, es zu verändern und zu verbessern. Das muss unglaublich herausfordernd gewesen sein. Ich habe versucht, mich mit dieser emotionalen Seite zu verbinden und zu verstehen, was das innerlich mit ihr gemacht haben könnte.
In der Musicalversion gibt es einige Szenen, in denen man wirklich einen Blick in ihre innere Welt bekommt. Und natürlich kommt dann auch die künstlerische Freiheit ins Spiel: Ich spiele meine eigene Version von Maria Theresia – eine Version, mit der sich Menschen hoffentlich auch heute noch identifizieren können. Denn viele der Themen, die damals eine große Rolle spielten, sind auch heute noch erstaunlich aktuell.
Das Musical beleuchtet eine Frau, die in einer Männerwelt ihre Position behaupten musste. Welche Relevanz hat diese Geschichte für das heutige Publikum – und auch ganz persönlich für dich? Und gibt es eine bestimmte Szene oder ein Lied, das dir besonders nahegeht – vielleicht weil es Parallelen zu deinem eigenen Leben gibt?
Ich finde, die Geschichte von Maria Theresia ist heute aktueller denn je. Sie war eine Frau, die sich in einer von Männern dominierten Welt behaupten musste, und das mit einer unglaublichen Stärke, Intelligenz und Hingabe. Auch wenn sich die Zeiten zum Glück positiv verändert haben und Frauen und Männer heute immer mehr auf Augenhöhe agieren, gibt es dennoch Bereiche, in denen sich unsere Gesellschaft in dieser Hinsicht noch immer weiterentwickeln und verbessern kann.
Für mich persönlich ist Maria Theresia eine Inspiration. In meiner Darstellung möchte ich zeigen, dass Macht und Menschlichkeit sich nicht ausschließen. Im Gegenteil: Gerade in Maria Theresias Geschichte liegen Stärke und Empathie oft ganz nah beieinander. Im Laufe des Stücks erkennt sie, dass Entschlossenheit und Emotionalität auch nebeneinander existieren können und dass wahre Stärke gerade darin liegt, beides in Einklang zu bringen. Ich versuche, sie als eine Frau zu zeigen, die mit Macht und Herz agiert, und hoffe, dass diese Balance für das Publikum spürbar wird.
Meine Lieblingsszenen sind im zweiten Akt. Besonders die Momente, in denen Maria Theresia mit ihrem Sohn Josef und ihrem Mann Franz Stephan in Konflikt gerät. Dort wird eigentlich der Samen dafür gelegt, dass sie ein echter Workaholic ist und dass leider gerade die Menschen, die sie am meisten liebt, darunter leiden. Natürlich kommt das bei ihr aus einem guten Herzen: Sie will Gesetze durchsetzen, Frieden schaffen und bewahren.
Auch das Lied „Ist viel jemals genug?“ bedeutet mir sehr viel. Für mich als Darstellerin ist es eine wunderschöne, aber auch fordernde Aufgabe. Jeden Abend bin ich so tief im Geschehen, dass die Emotionen ganz natürlich fließen. Gesanglich ist das Stück spannend, weil es von den tiefsten bis zu den höchsten Tönen in meinem Register reicht. Gleichzeitig zieht es mich emotional vollkommen in seinen Bann.
Ein neues Musical heißt auch: ein neues Team, neue Dynamik. Gibt es eine Anekdote aus den Proben, die du besonders im Gedächtnis behalten hast – vielleicht einen Moment, an dem alle gemerkt haben: „Jetzt sind wir wirklich ein Ensemble“?
Der Probenprozess ist unglaublich intensiv und man wird währenddessen zu einer großen Familie. Eine der letzten Szenen, die wir geprobt haben, war die Beerdigungsszene von Franz Stephan. Als Maria Theresia hatte ich dort einen Moment, in dem ich ihn roher, ungeschönt darstellen musste, während das Ensemble in einem Trauerzug hinter mir herging. Ich war so emotional, dass ich weinen musste, habe aber durchgehalten, um meine Botschaft zu vermitteln.
Nach dieser Szene habe ich mich umgesehen und gesehen, dass viele Menschen, auch das Leading Team, genauso emotional waren wie ich. Für mich war das ein sehr besonderer Moment, weil man durch den eigenen Trauerprozess beim Schauspielern andere berühren und ihnen vielleicht sogar helfen kann, etwas aus ihrem eigenen Leben oder über Menschen, die sie verloren haben, zu verarbeiten. Das war wirklich ein verbindender Moment, ein echtes Ensemble-Gefühl,und für mich unvergesslich.
Liebe Nienke, danke dir für das offene und inspirierende Gespräch – und dafür, wie ehrlich und leidenschaftlich du von deiner Arbeit erzählst. Deine Interpretation von Maria Theresia bleibt im Kopf und im Herzen. Für deine weiteren Auftritte wünschen wir dir alles Gute und weiterhin so viel Freude auf der Bühne.
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