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Seit fast 100 Jahren steht die „Dreigroschenoper“ auf den Bühnen – kein klassisches Musical, sondern ein episches Theaterstück mit Musik. Jens-Daniel Herzog, Intendant des Staatstheaters Nürnberg, nimmt den Opern-Begriff im Titel wörtlich und formt daraus ein modernes Musiktheaterstück. Er strafft die oft redundant wirkenden Dialogpassagen und setzt für die Gesangsrollen überwiegend ausgebildete Sängerinnen und Sänger ein, während das Schauspielensemble die Sprechrollen übernimmt – ein kluger Ansatz, der nicht nur für klare Strukturen und klangliche Präzision sorgt, sondern das Stück auch an heutige Seh- und Hörgewohnheiten anpasst.
Herzogs Inszenierung sprudelt vor witzigen und kreativen Einfällen – etwa einem Pferd, das immer wieder in die Handlung eingreift und sich mit einer Steppnummer sogar einen kleinen Showstopper im Rampenlicht erschleicht. Das Bühnenbild wirkt auf den ersten Blick schlicht, entfaltet im Laufe der Aufführung jedoch eine beeindruckende Wirkung. Im Hintergrund dominiert ein großes Rad, das zu Beginn als Kulisse das als spärlich möbliertes Büro von Jonathan Peachum, dem Chef des florierenden Londoner Bettler-Imperiums, dient. Mit einem markanten Hebel, der aus dem Bühnenboden ragt und von den Figuren der Geschichte bedient wird, setzt sich das Rad in Bewegung und enthüllt neue Räume. So wechselt die Szenerie nahtlos vom Büro Peachums in den Pferdestall, wo Ganovenkönig Mackie Messer dessen Tochter Polly heiratet, weiter in eine Gefängniszelle und schließlich ins Bordell von Spelunken-Jenny. Besonders eindrucksvoll wird das Rad, wenn sich die Figuren während einer Verfolgung durch mehrere Räume hindurchjagen, sich an den daran befestigten Möbeln entlanghangeln und schließlich ineinander stürzen. Ein weiteres starkes Bild entsteht, wenn Mackie in seiner Gefängniszelle mit Gurten fixiert wird und das Rad sich weiterdreht – mal ist er kopfüber ganz oben, mal ganz unten. Ein sinnbildlicher Moment, der die Motivation aller Figuren in Brechts Stück einfängt: das unermüdliche Streben nach oben, koste es, was es wolle. Brecht zeigt eine Welt, in der Moral nur eine Frage der Umstände ist, in der sich jeder – ob Bettlerkönig, Gangster oder Polizist – seinen Platz in der Hierarchie erkämpfen muss. Brechts Kapitalismus-Kritik wird in Herzogs Inszenierung direkt – allerdings immer ohne erhobenen Zeigefinger – sichtbar: Wer oben ist, will sich halten, wer unten ist, will nach oben – und Skrupel sind dabei nur hinderlich.
Die Hauptrollen dieser „Dreigroschenoper“ sind teils doppelt besetzt. In der besuchten Vorstellung übernahm der zum Nürnberger Ensemble gehörende Hans Kittelmann die Rolle des Mackie Messer. Er vermag es, seiner Figur die richtige Mischung aus schmieriger Arroganz und Brutalität zu geben. Die Herausforderung, seine Songs auch mal kopfüber über der Bühne hängend zu performen, meistert er mühelos. Lisa Mies und Michael von Au geben das Ehepaar Peachum. Ihr Zusammenspiel ist großartig; Mies ist eine hervorragend bieder-bösartige Mutter, die mit ihrer witzig keifenden Stimme und bewusst überzogener Mimik stets ihr eigenes Fortkommen und ihren eigenen Vorteil im Blick hat, anstatt das Glück ihrer Tochter. Michael von Au verkörpert seine Rolle als seriöser Geschäftsmann, der kein Problem damit hat, die moralischen Verfehlungen der anderen anzuprangern, während er das Bettler-Geschäft in London professionalisiert. Mit dem „Eifersuchtsduett“, bei dem sich Polly und Lucy, die Tochter des Polizeichefs Brown, um Mackie im wahrsten Sinne des Wortes in die Haare geraten, sichern sich Veronika Loy (Polly) und Caroline Ottocan (Lucy) den aberwitzigen Höhepunkt des Abends. Die Abscheu, die beide füreinander empfinden, ist bis in den Publikumsraum hinein deutlich spürbar. Sara Šetar – ebenfalls zum festen Ensemble des Staatstheaters Nürnberg gehörend – gibt mit ihrem klassischen Mezzo-Sopran dem Song der „Seeräuber-Jenny“ einen ungewohnten, aber durchaus positiven Touch. Florian Wugk in der Rolle des korrupten Polizei-Chefs Brown hat mit seiner starken Tenorstimme im Duett mit Mackie, „Die Ballade von der sexuellen Hörigkeit“, einen sehr schönen Moment. Das Ensemble des Staatstheaters zeigt große Spielfreude und schlüpft mühelos in die verschiedenen kleineren Rollen, wodurch die Szenen optimal mit Leben gefüllt werden.
Die Kostüme von Sibylle Gädeke sind an die Zeit der Geschichte angelehnt. Besondere Erwähnung verdienen die Ganzkörperanzüge des Personals in der Spelunke, die mit überdimensional ausladenden Hüften und Hintern ein Zerrbild des Schönheitsideals der damaligen Zeit zeichnen. Die stückbedingt kleine Orchesterbesetzung unter der Leitung von Max Renne klingt sehr gut ausgesteuert und harmonisch im Verhältnis von Musik und Gesang. Die Musik hat das passende Tempo, um die rasante Geschichte gut am Laufen zu halten.
Herzogs Inszenierung der „Dreigroschenoper“ am Staatstheater Nürnberg zeigt eindrucksvoll, dass Brechts Werk nicht nur ein Stück Theatergeschichte ist, sondern auch ein Spiegel unserer heutigen Welt. Während sich die Mechanismen der Gesellschaft gewandelt haben, bleibt die Grundfrage dieselbe: Wer bestimmt die Regeln, und wer zahlt am Ende den Preis? Dass Brechts „Dreigroschenoper“ auch heute nichts von ihrer Relevanz verloren hat, zeigt sich nicht nur in der zeitlosen Kritik am Kapitalismus, sondern auch in der Frage nach sozialer Gerechtigkeit, Macht und moralischer Verkommenheit.
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| KREATIVTEAM | |||||||||
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| Musikalische Leitung | Max Renne |
| Regie | Jens-Daniel Herzog |
| Bühne | Mathis Neidhardt |
| Kostüme | Sibylle Gädeke |
| Choreografie | Ramses Sigl |
| Licht | Thomas Schlegel |
| Dramaturgie | Hans-Peter Frings Georg Holze |
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| CAST (AKTUELL) | |||||||||
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| Jonathan Jeremiah Peachum | Michael von Au |
| Celia Peachum | Lisa Mies |
| Polly Peachum | Inga Krischke Veronika Loy |
| Mackie Messer | Nicolas Frederick Djuren Hans Kittelmann |
| Brown, Polizeichef von London | Hans Kittelmann Florian Wugk |
| Lucy, seine Tochter | Chloë Morgan Carolone Ottocan |
| Die Spelunkenjenny | Corinna Scheurle Sara Šetar |
| Ensemble | Esra Helene Bücker Floyd Clemens Valentina Pohl Valeria Chiara Purzer Bjarne Rentz David Weinert Nico Burbes |
| Orchester | Staatsphilharmonie Nürnberg |
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| GALERIE | |||||||||
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| TERMINE | |||||||||
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| TERMINE (HISTORY) | |||||||||
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| Sa, 18.01.2025 19:30 | Opernhaus, Nürnberg | Premiere | |||||||
| Mo, 27.01.2025 19:30 | Opernhaus, Nürnberg | ||||||||
| Mi, 05.02.2025 19:30 | Opernhaus, Nürnberg | ||||||||
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| Sa, 08.02.2025 19:30 | Opernhaus, Nürnberg | ||||||||
| Fr, 14.02.2025 19:30 | Opernhaus, Nürnberg | ||||||||
| So, 16.02.2025 15:30 | Opernhaus, Nürnberg | ||||||||
| Mo, 10.03.2025 19:30 | Opernhaus, Nürnberg | ||||||||
| Mi, 26.03.2025 19:30 | Opernhaus, Nürnberg | ||||||||
| Di, 01.04.2025 19:30 | Opernhaus, Nürnberg | ||||||||
| Mo, 07.04.2025 19:30 | Opernhaus, Nürnberg | ||||||||
| Sa, 19.04.2025 19:30 | Opernhaus, Nürnberg | ||||||||
| Fr, 09.05.2025 19:00 | Opernhaus, Nürnberg | ||||||||
| So, 18.05.2025 19:00 | Opernhaus, Nürnberg | ||||||||
| Do, 29.05.2025 17:00 | Opernhaus, Nürnberg | ||||||||
| Mo, 02.06.2025 19:00 | Opernhaus, Nürnberg | ||||||||
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