© Nady El-Tounsy
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FALLING | IN LOVE (seit 09/2023)
Friedrichstadt-Palast, Berlin

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Mit “Falling in Love” hat Friedrichsstadt-Palast-Intendant und Produzent Berndt Schmidt einen opulenten Augenschmaus auf Europas größte Showbühne gezaubert, der sich mit der klaren Botschaft ‘Lasst uns miteinander statt gegeneinander die Zukunft gestalten!’ an das Publikum richtet. Die Kostüme von Kurator Jean Paul Gautier und das beeindruckende Bühnenbild laden zum Staunen und Träumen ein und entführen in fantastische Welten.

Durch die verschiedenfarbigen Gärten dieser Welten wandelt als Protagonist der junge, gehörlose Poet You (ausdrucksstark dargestellt vom ebenfalls gehörlosen Tänzer Callum Webdale), der sich nach Liebe und Zuneigung sehnt. Er hat seinen Platz im Leben noch nicht gefunden und ist unbeschrieben wie ein weißes Blatt, was sich optisch durch sein weißes Outfit widerspiegelt. Poeten brauchen Musen, die sie inspirieren. Ihrer gibt es gleich drei, die um Yous Aufmerksamkeit buhlen: Blau, Grün und Rot (interpretiert von Jara Buczynski, Floor Krijnen und Marc Chardon). Jede Figur möchte You in den eigenen Garten locken und für sich gewinnen. In je einem Song stellen sie ihm nacheinander ihr Reich vor, in dem es jeweils nur eine zulässige Farbe gibt, und drängen You zu einer Entscheidung. Weil er sich in keine Schublade stecken lassen möchte, verstoßen sie ihn in die Unterwelt.

In Zeitlupe fällt You an einem Seil hängend ins Bodenlose (“Falling”), was sehr atmosphärisch inszeniert ist. Seiner Hoffnung und Zuversicht auf eine bessere Welt beraubt, begegnet You dem gänzlich farblosen Chamäleon (Olivier St. Louis). Es berichtet You von einem blühenden, farbenfrohen Garten der Liebe, in dem nicht nur eine Farbe dominiert, sondern alle Farben, Wesen und Lebensstile ihren Platz gleichberechtigt nebeneinander haben.

Dies ist die zentrale Botschaft der Show, die im weiteren Verlauf mehrfach in unterschiedlichen Formulierungen betont wird und aktueller nicht sein könnte: ‘Was wäre, wenn wir Mauern einreißen und Ignoranz besiegen? Was wäre, wenn wir Gemeinsamkeiten sehen und Unterschiede lieben? Was wäre, wenn wir wieder alle Farben in unser Leben lassen?’ Die neue Show im Berliner Friedrichsstadt-Palast ist ein Plädoyer für die Anerkennung menschlicher Vielfalt, Individualität und Gleichberechtigung – und richtet sich ganz klar gegen Ausgrenzung aufgrund willkürlich ausgewählter Merkmale. 

Obgleich diese Botschaft so stark und wichtig ist, hat die Show, die vom Gedicht “The Garden of Love” von William Blake inspiriert wurde, keine wirkliche Story und keinen Spannungsbogen. Die auftretenden Charaktere bleiben eindimensional und bieten wenig Identifikationsfläche. Die Liebesgeschichte zwischen You und Me (Laura Panzeri) ist weder nachvollziehbar noch emotional berührend. Auch der Gesang der Hauptrollen vermag nicht zu überzeugen. Er ist solide und fehlerfrei, jedoch nicht herausragend. Mehr Balladen, die den Einsatz der Kopfstimme erfordern, hätten Laura Panzeri und Jara Buczynski gut getan und ihnen die Möglichkeit gegeben, ihr Potential zu entfalten. Einzig Olivier St. Louis hebt sich stimmlich positiv hervor, jedoch kann auch er nicht zu Höchstleistungen auflaufen. 

Die erfreulicherweise oft auf der Bühne sichtbare Showband macht einen guten Job. Die Songs von Daniel Behrens, Albin Janoska, Jasmin Shakeri, Ketan Bhatti, Vivan Bhatti, Zoe Wees, Ricardo Munoz, Patrick Pyke Salmy, Michael David Needle und Emma Rosen bedienen eine Vielzahl verschiedener Musikstile von Balladen über Pop und Rock bis hin zu Hiphop und Rap, allerdings sind die Nummern wenig eingängig und bleiben nicht im Ohr. 

Das Ballett-Ensemble wiederum ist zuverlässig wie immer und führt insbesondere bei der obligatorischen Girlreihe im zweiten Akt zu wahren Begeisterungsstürmen im Publikum inklusive Standing Ovations. Überhaupt ist der zweite Akt deutlich stärker und spektakulärer als der erste. Dort wartet Regisseur Oliver Hoppmann mit einem atemberaubenden Bungee Trapeze Act und dynamischer Trampolin-Akrobatik auf.

Aber muss es wirklich immer ‘schneller, höher, weiter’ sein? Eine der originellen Innovationen der Inszenierung ist der Sanddorn Balance Act im ersten Teil, der dem Publikum mit einer Länge von ca. 15 Minuten einiges an Geduld abverlangt. Die Entstehung des Baums des Lebens durch Andreis Jacobs Rigolo bildet einen Kontrapunkt in der ansonsten lauten und trubeligen Show. Dass Regisseur Oliver Hoppmann sich für diesen Part entschieden hat, der oft auch in der Tournee “Afrika! Afrika!” präsentiert wird, zeugt nicht nur von Respekt vor anderen Kulturen, sondern auch von dem Wissen, dass es diese ruhigen Momente der Entschleunigung braucht, in denen die Aufmerksamkeit ganz fokussiert auf einer einzigen Sache liegt. Das Premierenpublikum honorierte die filigrane Arbeit des Künstlers mit den ersten Standing Ovations des Abends. 

Die farbenprächtigen und aufwändigen Kostüme, die u.a. von Star-Designer Jean Paul Gautier entworfen wurden, sind ebenfalls ein Hingucker. Viele Kleidungsstücke sind mit kleinen Swarovski-Kristallen bestückt. Insgesamt kommen an einem Abend rund 100 Millionen von diesen Kristallen strahlend zum Einsatz, nicht nur auf den Kostümen, sondern auch integriert ins Bühnenbild in vielfältigen Variationen.

Das Set & Visual Design ist überwältigend, glitzernd, floral und erinnert an die Supertrees in den Gardens by the Bay in Singapur. Beim Finale liegt sogar ein angenehmer Blütenduft in der Luft, wodurch weitere Sinne angesprochen werden. Das für das Bühnenbild verantwortliche Team schöpft aus den Vollen und präsentiert alles, was die größte Varietébühne Europas zu bieten hat und was das stattliche Produktionsbudget von annähernd 14 Millionen Euro hergibt: Wasserfall, Wasserbecken, Wasser- und Feuerfontänen, Konfettiregen und zahlreiche bewegliche und drehbare Bühnenelemente, die bis hinein in den Zuschauerraum ragen. Zum Schluss funkelt ein 180 Kilogramm schwerer Swarovski-Kristall schwebend im Zentrum der Bühne. Allein schon aufgrund der optischen Effekte und Impressionen lohnt sich der Besuch von “Falling in Love”, auch wenn die Show inhaltlich und musikalisch sicherlich ausbaufähig wäre.

 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
KREATIVTEAM
StückideeDr. Berndt Schmidt
Oliver Hoppmann
Buch, InszenierungOliver Hoppmann
KompositionJasmin Shakeri
Daniel Behrens
Ketan
Vivan Bhatti
Albin Janoska
DirigentenDaniel Behrens
Tobias Leppert
Sebastian Brand
ArrangementsKatie Kresek
Lutz Krajenski
LiedtexteJasmin Shakeri
Visual Design Director, KuratorJean Paul Gaultier
Supervisor MusikDaniel Behrens
Supervisorin ChoreografieAlexandra Georgieva
ChoreografieBoram Kim
Georges Momboye
Joy Alpuerto-Ritter
Leo Mujic
Mark Smith
Maik Damboldt
Alexandra Georgieva
Choreografie Bungee Trapez, Trampolin- und High-Bar-AkrobatikEdesia Morena Barata
Choreografie AkrobatikBrennan Figari
Choreografie Sanddorn BalanceLara Rigolo
Advisor KostümproduktionElisabetta Pian
KostümeJean Paul Gaultier
Sasha Frolova
Fecal Matter alias Hannah Rose Dalton+Steven Raj Bhaskaran
BühnenbildArthur Mamou-Mani
SzenografieYoko Seyama
VideoHannes Lippert von Form+Rausch
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
YouCallum Webdale
Hearns Sebuado
MeLaura Panzeri
(Jara Buczynski
Floor Krijnen)

ChamäLEONOlivier St. Louis
(Marc Chardon)
BlauJara Buczynski
(Sophie Alter)
GrünFloor Krijnen
(Sophie Alter)
RotMarc Chardon
(Manuel Lopez)
Backing Vocal The VoicesSophie Alter
Manuel Lopez
Bungee Trapez ActNoémie Beauchamp
Maritza Melo Zambrano
Marie-Élaine Mongeau
Nicola Willis
Sanddorn Balance RIGOLOAndreis Jacob
Trampolin und High Bar ActAnthony Brew
Magnus Dahl-Hansen
Michael Hills
Luis Moya
Joel Ramseier
Luke Schupp
Aliaksandr Tsikhonovich
Dillon Vance
Lauren Yee
  
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TERMINE
Sa, 27.04.2024 15:30Friedrichstadt-Palast, Berlin
Sa, 27.04.2024 19:30Friedrichstadt-Palast, Berlin
So, 28.04.2024 15:30Friedrichstadt-Palast, Berlin
Do, 02.05.2024 19:30Friedrichstadt-Palast, Berlin
Fr, 03.05.2024 19:30Friedrichstadt-Palast, Berlin
Sa, 04.05.2024 15:30Friedrichstadt-Palast, Berlin
Sa, 04.05.2024 19:30Friedrichstadt-Palast, Berlin
So, 05.05.2024 15:30Friedrichstadt-Palast, Berlin
Di, 07.05.2024 19:30Friedrichstadt-Palast, Berlin
Do, 09.05.2024 19:30Friedrichstadt-Palast, Berlin
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TERMINE (HISTORY)
Do, 21.09.2023 19:30Friedrichstadt-Palast, BerlinPreview
Sa, 23.09.2023 15:30Friedrichstadt-Palast, BerlinPreview
Sa, 23.09.2023 19:30Friedrichstadt-Palast, BerlinPreview
▼ 180 weitere Termine einblenden (bis 26.04.2024) ▼
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