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 Komödie
Kiss Me, Kate Another Op'nin', Another Show
© Thilo Beu
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Die reizvolle Verbindung von Ereignissen vor und hinter den Kulissen einer Aufführung ist ein gern benutztes Motiv im Theater. Mit dankbaren Rollen, pointierten Texten und meisterhafter Musik hat sich "Kiss Me, Kate" einen festen Platz im Musical-Repertoire erobert. Auch in Bonn wird der Klassiker zum Publikumserfolg, aber der Abend beginnt zunächst zäh.
(Text: Ingo Göllner) Premiere: | | 15.09.2018 | Rezensierte Vorstellung: | | 15.09.2018 | Letzte bekannte Aufführung: | | 05.01.2019 | Showlänge: | | 180 Minuten (ggf. inkl. Pause) |
Die szenische Umsetzung von "Another Op'nin', Another Show" hat keinen rechten Fluss, Slapstick-Gags und Dialog-Pointen sollen mit aller Gewalt witzig sein, ohne Lacher zu ernten. So dümpelt die Aufführung gut 20 Minuten vor sich hin, bis die Energie des gewitzt und frisch aufspielenden Orchesters auch endlich auf der Bühne ankommt, sich Elan im Ensemble ausbreitet und auf das Publikum überspringt.
Wer hätte erwartet, dass das Beethoven Orchester zu einer Bigband mutieren kann? Dirigent Daniel Johannes Mayr und seine Musiker werfen sich euphorisch in Cole Porters vor nichts zurückschreckender Partitur. Traditionelles Musical, parodistische Operetten-Seligkeit, Rumba, italienische Folklore, mittelalterliche Harmonien und Swing werden mit fröhlicher Unbekümmertheit gemixt und als Gute-Laune-Cocktail serviert.
© Thilo Beu
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Porter selbst hat die Songtexte in der ihm eigenen geistreichen, etwas zweideutigen Art verfasst. Die Texte werden hier im Original (mit deutschen Übertiteln) belassen. Nur Michael Schanze und Hans-Jürgen Schatz, die als die beiden Gangster sichtlichen Spaß haben, dürfen "Schlag nach bei Shakespeare" auf Deutsch singen. Insgesamt fallen die Darstellerinnen und Darsteller der Nebenrollen durch stimmliches und tänzerisches Können auf. Kara Kemeny sticht noch etwas heraus. Sie lässt ihre Lois Lane herrlich aufgesetzt schlecht schauspielern und ihr naiv-frecher Charme in "Always True to You in My Fashion" ist unwiderstehlich.
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Das Ex-Ehepaar Lilli Vanessi und Fred Graham, deren Beziehung sich in ihren Bühnenrollen Kate und Petrucchio spiegelt, ist typgerecht besetzt. Oliver Arno passt gut in die Rolle des schnöseligen Machos. Als Sänger kann er seine Stimme strahlen lassen, als Darsteller bleibt er gegenüber seiner Partnerin blass. Ihm fehlt etwas von Bettina Mönchs Pep. Sie wirft sich mit komödiantischem Schwung in ihre Rolle und überrascht mit wunderbar leicht gesungenen Koloraturen.
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Leider schaffen es die beiden nicht, eine Chemie zwischen sich entstehen zu lassen. In der Walzer-Parodie "Wunderbar", in der sich Lilli und Fred durch die Erinnerung an glückliche Tage wieder näher kommen, singen sie zwar gut, aber brav vor sich hin, um dann plötzlich am Ende fast wieder ein Paar zu sein. Eine emotionale Entwicklung zu dem Punkt hin sieht man nicht. Dabei wäre in dieser Szene Gelegenheit gewesen, die im Grunde banalen Komödien-Charaktere mit etwas mehr Leben auszustatten.
Martin Duncan legt seine Inszenierung lieber als flotte Unterhaltung an. Mit Slapstick-Elementen tut er seinem Ensemble keinen Gefallen. Das Stolpern und Gegen-Wände-Laufen erschöpft sich schnell und wird nicht überzeugend umgesetzt. Aber Duncan hat auch einige sehr schöne Ideen, wie die Interaktion mit dem Dirigenten bei "I Hate Men" oder das Schattenspiel bei "Where Is the Life That Late I Led".
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Die Choreographien von Nick Winston und Ste Clough verlangen dem Ensemble einiges ab. Francis O’Connor hat in sein Bühnenbild, das in den "Stück im Stück"-Szenen an knallbuntes Puppentheater erinnert, Treppen, Kisten und andere Dinge verarbeitet, die in die Tänze einbezogen werden. Höhepunkt ist das elektrisierende "Too Darn Hot".
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Shakespeares Original "Der Widerspenstigen Zähmung" ist ein problematisches Stück. Ein Mann macht sich mit Gewalt und Demütigung eine starke, eigenständige Frau untertan. Die Musicalversion glättet schon einiges der Handlung, aber das Frauenbild bleibt aus heutiger Sicht rückständig. Kates / Lillis Zwinkern zu Bianca / Lois nach "I Am Ashamed That Women Are So Simple", das "alles nicht so gemeint" signalisiert, ist kein ironischer Bruch, allerhöchstens ein kleiner Riss - ein lauwarmer Regie-Kniff kurz vor Schluss, statt die Geschichte selbstbewusst politisch inkorrekt zu erzählen oder aber komplett gegen den Strich zu bürsten.
So bleibt es eine musikalisch, darstellerisch und tänzerisch sehr gute und alles in allem unterhaltsame Aufführung, die lieber auf glatten Spaß setzt, als sich tiefer mit dem Inhalt auseinanderzusetzen.
(Text: Ingo Göllner)

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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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