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 Literatur-Adaption
Die schwarzen Brüder Elend im 19. Jahrhundert
© Niels Stappenbeck
© Niels Stappenbeck
Mit den "Schwarzen Brüdern" bekommt das Schloss Bückeburg in diesem Jahr sein eigenes Musical-Sommer-Open-Air. Mirco Vogelsang inszeniert den Stoff um die Tessiner Kaminkehrerjungen nach der Uraufführung in Schaffhausen (2007) zum zweiten Mal. Vor imposanter Kulisse erzählt er rührend, wenn auch teilweise etwas unüberschaubar, die Geschichte von Giorgio und seinen Freunden. Dabei setzt Vogelsang auf ein gutes Live-Orchester und zum Teil starke Bilder.
(Text: Andreas Gundelach) Premiere: | | 07.08.2014 | Rezensierte Vorstellung: | | 07.08.2014 | Letzte bekannte Aufführung: | | 14.09.2014 |
© Tiffy Soso
© Tiffy Soso
Die Handlung der "Schwarzen Brüder" beruht auf wahren Begebenheiten und beschreibt den Verkauf und die Ausbeutung von Jungen aus dem Tessin als Schornsteinfegergesellen nach Italien im 19. Jahrhundert. In der Bühnenfassung ist sie an einigen Stellen allerdings zu schnell erzählt. Darunter leidet zum Teil auch die Charakterzeichnung, die besonders in den Nebenrollen blass wirkt. Selbst die Gruppe der 'Schwarzen Brüder' deren damalige Arbeitsbedingungen das Werk als eigentliche Gesellschaftskritik in den Mittelpunkt rücken sollte, zieht meist nur traurig im Gleichschritt über die Bühne. Auch als einer der wichtigen Protagonisten stirbt, geht die Handlung sehr zügig über diese Szene hinweg, obwohl sie als Grundlage für eine wichtige Wendung im Stoff dient. Wer das zu Grunde liegende Jugendbuch von Lisa Tetzner und Kurt Held kennt, wird auch zum Ende hin einzelne Passagen vermissen. An anderen Stellen ist die Geschichte geschickt und optisch sehr ansprechend gestrafft.
© Niels Stappenbeck
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Maite Kelly wagt sich im 8. Schwangerschaftsmonat auf die Bückeburger Bühne, ihren Babybauch geschickt vom Kostüm kaschiert. Ihre Frau Rossi ist verletzend und verletzt zugleich. Sie glaubt an ganz andere Werte als ihr Bühnenehemann. Kelly legt sehr viel Kraft in ihre vergleichsweise eher kleine Rolle und auch ihre lange Bühnen- und Gesangserfahrung sieht und hört man ihr an. Lediglich das durchgängige Vibrato jedes länger anhaltenden Tons stört immer wieder das Gesamtbild.
© Niels Stappenbeck
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Der 13-jährige Jasper Klein überzeugt mit einer starken und mitrührenden Interpretation seiner Rolle Giorgio. Er zeigt einen Jungen, der zwar von der Welt gebeutelt ist, aber nie seinen Glauben an das Gute und vor allem seine Werte aufgibt. Am Premierenabend zeigte er sich beim Ansetzen der Töne oft noch etwas kraftlos, was sicherlich der schweren Melodien und durchgängig extrem hohen Töne im Kopfgesang geschuldet ist. Hervorzuheben ist Janko Danailow, der mit seinen 33 Jahren eigentlich recht alt für die Rolle eines Kaminfegerjungen ist. Ihm gelingt mit starker Stimme, schnellen Bewegungen und einem strahlendem Gesicht eine wunderbar optimistische Zeichnung seines Alfredo. In der Rolle des Kindes Angeletta hätte (trotz guter Leistung von Sandra Pangl) hingegen eine kindliche Darstellerin zusätzlich punkten können.
© Niels Stappenbeck
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Während der junge Alfredo von seinem Meister Zitrone wie ein Sklave gehalten und behandelt wird, erkennt Herr Rossi den Wert seines neuen Lehrlings Giorgio. Thorsten Tinney interpretiert hier empathisch und stimmstark Herrn Rossi als Getriebenen, hin- und hergerissen zwischen seinen eigenen Werten, der damaligen gesellschaftlich-wirtschaftlichen Lage und den Ansprüchen seiner Frau. Auch die übrige Cast in Bückeburg überzeugt mit ihren Leistungen und in einem guten Kostümbild. Es macht Freude, dem Ensemble in vielschichtigen Tanznummern von Choreographin Sabine Lindlar zuzusehen. Besonders viel Kreativität steckt hier in Lindlars Kampfszene zwischen den 'Schwarzen Brüdern' und den 'Wölfen'.
© Niels Stappenbeck
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Die Bühne in Bückeburg ist mit ihren 50 Metern Breite und dem Schloss als Rückkulisse beeindruckend anzusehen. Die Handlung spielt auf mehreren Ebenen und bezieht die Schlossfassade mit ein. Dabei entstehen schnelle Szenenwechsel und ein stetiger Fluss, der jeden Winkel der Bühne mehrfach als verschiedene Spielorte nutzt. Die schnellen Wechsel bringen viel Dynamik in die Inszenierung, machen es bei Tageslicht im ersten Akt allerdings vor allem in den Massenszenen etwas schwierig, der Handlung zu folgen. Weder optische noch akustische Anhaltspunkte bieten hier Orientierung. Begünstigt wird dieser Effekt zusätzlich durch den zu niedrig geratenen Mittelteil der Bühne. So behindern trotz 20 cm Erhöhung je Sitzreihe allzu oft die Hinterköpfe der vorherigen Reihen die Sicht auf die Handlung.
© Niels Stappenbeck
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Andreas Pabst setzt als musikalischer Leiter auf ein fast 20-köpfiges Orchester, die Abmischung der Musik ist kraftvoll und hebt z.T. raffiniert Passagen von Schlagzeug und Percussion hervor. Über den Abend hinweg entsteht ein angenehmer musikalischer Klangteppich mit nur einem kleinen Manko: Die Darsteller werden in gleichmäßiger Balance verstärkt, so dass sie zeitweise nicht gleich auf der großen Bühne zu orten sind.
© Niels Stappenbeck
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Wenn zu Beginn des zweiten Akts die Dunkelheit den gezielten Einsatz der Beleuchtung zulässt, entfaltet das Lichtdesign von Gerrit Jurda seine volle Wirkung und zeigt sich weit über dem Durchschnitt einer Open-Air-Produktion. Nahezu ohne Verfolger gelingt ihm mit geschicktem Einsatz von Kopfschwenkern und konventionellen Scheinwerfern rund um die Bühne eine gezielte Herausarbeitung einzelner Spielorte. So reduziert er den Fokus mal auf nur wenige Meter, mal weitet er ihn auf die gesamte Bühnenbreite aus oder bezieht spielerisch die gesamte Schlossfassade (weit über 1000m²) mit ins Geschehen ein.
© Niels Stappenbeck
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Die Organisation in Bückeburg ist vor allem für eine erstmalige Nutzung des Schlosses als Open-Air-Standort vorbildlich. Zahlreiche kostenfreie Parkplätze und ein Park-And-Ride mit thematisch beklebten Bussen stehen bereit. Der Weg zur Bühne führt durch den Schlosspark vorbei an allerlei verschiedenen Sitzgelegenheiten und Gastronomieangeboten. Das Angebot an Getränken und Speisen ist abwechslungsreich und z.T. gehoben. So sind die Bückeburger "Schwarzen Brüder" in Summe ein guter Open-Air-Einstand, das Stück selbst könnte allerdings mit präziserer Arbeit an einzelnen Charakteren noch stärker wirken und vor allem auch ein gesellschaftlich stärkeres Statement abgeben.
(Text: Andreas Gundelach)

Kreativteam
Besetzung
| Giorgio | | Jasper Klein Moritz Gehrckens Niolai Schein
| | | Die schwarzen Brüder | | Louis Moses Postulart Allegro Sprute Boi Conrad David Klussmann Felix Rabenhorst Ferris Brambor Florian John Habib Bastürk Henry Emmel Kevin Kawelake Lennart Ferling Marlin-Christopher Schwake Mats Oestreich Nico Tornow Noah Steiger Oliver Benkel Paul-Yunus Stange Sören Klose Vincent John
| | | Alfredo | | Janko Danailow, (Daniel Wernecke)
| | | Battista Rossi | | Thorsten Tinney, (Siegmar Tonk)
| | | Frau Rossi | | Maite Kelly [bis 31.08.] Conny Braun
| | | Angeletta | | Sandra Pangl, (Claudia Funke)
| | | Anselmo | | Andreas Röder, (Christopher Wernecke)
| | | Luini | | Peter Zeug, (Thomas Christ)
| | | Dr. Casella | | Peter Zeug, (Andreas Langsch)
| | | Giovanni | | Tobias Brönner, (Philipp Dürnberger)
| | | Katze | | Julia Waldmayer
| | | Paolo | | Thomas Christ, (Tim Müller)
| | | Anna | | Christiane Reichert, (Fabienne Hesse)
| | | Gino/Arlecchino | | Frank Watzke, (Robin Koger)
| | | Givo (Zitrone) | | Siegmar Tonk
| | | Klavierlehrer | | Andreas Langsch
| | | Bäcker | | Tim Müller
| | | Engel | | Anastasia Troska
| | | Carla | | Conny Braun
| | | Jungfer | | Fabienne Hesse, (Christiane Reichert)
| | | Elisa | | Tina Podstawa
| | | Ensemble | | Christopher Wernecke Claudia Funke Daniel Wernecke Philipp Dürnberger Robin Koger
| | | Swings | | Guido Breidenbach Kerstin Ried
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Produktionsgalerie (weitere Bilder)
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 7 Zuschauer haben eine Wertung abgegeben:

    30459 Zauberhaft
11.08.2014 - In der wunderschönen Kulisse des Schlosses findet man bei seinem Besuch eine riesige und liebevoll gestaltete Bühne die von unseren Plätzen aus gut einsehbar war. Ohne zögern treibt Mirco Vogelsang seine Handlung voran und entführt schnell in die rührende und zugleich packende Geschichte. Die Choreographien von Sabine Lindlar sind ausgereift und immer der Handlung unterworfen. Ganz besonders gefielen mir auch die Kostüme und die Musik des 14-Personen Orchesters. Das gesamte Stück ist von underscores untermalt, die Dialoge wechseln häufig in Gesang und zurück, was der überdurchschnittliche Cast hervorragend umsetzt. Wenn dann in der Mitte des Stücks die Sonne hinter der Schlossfassade untergeht ist der Zauber perfekt.
Für mich hätte es in einigen Passagen etwas lauter sein dürfen. Und natürlich sind die Stühle nicht ganz bequem... es ist Open-Air. Ich kann mich nicht entsinnen da jemals auf Sesseln gesessen zu haben. Ich bringe mir dann ein kleines Kissen mit.
Ein toller Abend mit Lachen und Weinen.

Pullo (erste Bewertung)
    30458 Großartige Cast, schwache Personenregie und unnötige Änderungen
11.08.2014 - Ich bin jemand, der bereits die Inszenierung in Walenstadt (siehe meine Historie) gesehen hat und schon da konnte das Stück aufgrund der banalen Dialoge und anderer Schwächen nur zum Teil gefallen.
Allerdings konnte dort das Regiekonzept von Holger Hauer Spannung erzeugen.
Leider sind in Bückeburg Änderungen geschehen, die das Stück an vielen Stellen noch unlogischer macht und wodurch speziell in Akt 1 die Spannung herausgenommen wird und es somit zäher wirkt an vielen Stellen, wie bereits in vorherigen Bewertungen erwähnt - an anderen dann wirkt es viel zu gehetzt, wenn z.B. Alfredo stirbt.
Mich berührte das Stück trotz des ernsten Themas kaum, es wirkt oftmals mit Nebenrollen so überladen, statt sich wirklich auf die Hauptcharaktere zu fokusieren.
Aber nein, stattdessen wird die Rolle der Frau Rossi sogar noch aufgebläht (der Besetzung wohl geschuldet, nichts persönliches gegen Frau Kelly, aber die Rolle war vorher kleiner).
Die Darsteller können allerdings größtenteils überzeugen, vor allem Janko Danailow als Alfredo, der trotz seiner inzwischen über 30 Jahre einen wunderbaren Jungen porträtiert und stimmlich besser denn je wirkt und Moritz Gehrckens als Giorgio in der von mir besuchten Vorstellung, der mit seinem frischen Spiel begeistern konnte. Gesanglich gibt es bei letzterem leichte Abstriche, aber tolerierbar.
Der Sound war i.O. mit einigen Ausssetzern, da kam Sound Desk definitiv nicht hinterher. Auch konnte das Orchester einen positiven Eindruck hinterlassen, für die unnötigen Änderungen, die ebenfalls am Score vorgenommen worden sind, können sie nichts.
Das Stück ist sicherlich ein Besuch wert, allerdings ist es für die Preise, die erheblich über sonstige Open Air Produktionen liegen, nur zum Teil empfehlenswert. Leider gibt es hier keine halben Sterne, ich hätte am liebsten nur 2,5 Sterne gegeben.
P.S. Zum Thema VIP Tickets - es gibt für Besitzer dieser Karten eine Einführung eine Stunde vor der Show inkl. einem Getränk.

MH2404 (21 Bewertungen, ∅ 3.1 Sterne)
    30457 Absolut überwältigt!
11.08.2014 - Ich bin sicher nicht die typische Musicalgängerin und hatte große vorbehalte, als mein Mann mir die Tickets zum Geburtstag geschenkt hat. Musical auf dem Land?
Aber was ich am Wochenende gesehen und gehört habe, hat mich voll und ganz überzeugt.
Auf der imposanten Bühne agieren und tanzen die großen und vor allem kleinen Darsteller mit solcher Hingaben, dass man irgendwann vergisst, dass man im "Theater" sitzt. Ich habe mit den Jungs mitgefiebert und musste schliesslich auch das eine oder andere Tränchen verdrücken...
Im Gegensatz zu einigen Vorrednern habe ich auch die Tonabmischung als äußerst professionell empfunden. Man konnte sehr differenziert einzelne Instrumente des wunderbaren Orchesters heraushören und auch die Sänger waren immer deutlich zu verstehen. Vielleicht ist dieses Klangerlebnis inzwischen so selten geworden, dass man es als störend empfindet.
Auch das sonstige Drumherum hatte mich voll überzeugt, Gastro, Parksituation etc. Und wenn es regnet, verteilt Herr Sachs persönlich die Regencapes. Da vergisst man gerne die etwas unbequemen Sitze.
Kurzum, Bückeburg ist als Sommertheater ein Geheimtipp und sollte nicht geheim bleiben, daher von mir volle 5 Sterne!

sweetcharity (2 Bewertungen, ∅ 4.5 Sterne)
    30456 Berührendes Musical
10.08.2014 - Das Musical "Die schwarzen Brüder" ist rundum gelungen.
Wenn man im Vorfeld der Promotion Sandra Pangl ihre Lieder "Dezemberwind" oder "Du bist nicht allein" singen hörte, bekam man bereits Gänsehaut. Doch in der gesamten Geschichte mit Kulisse und Kostümbild, brachten einen diese Songs u.a. auch zum weinen.
Auch der junge Giorgio (bei der Premiere Jaspar Klein) konnte überzeugen, auch wenn er in den Höhen den ein oder anderen Ton versemmelt hat.
Im großen und Ganzen überzeugt das Musical.
Einziger Kritikpunkt sind die bereits angesprochenen unbequemen Plätze, sowie aus Sicherheitsgründen angebrachten Gitter vor der 1. Reihe, denn dort wünscht man sich ja eigentlich Beinfreiheit.

Vinny0307 (erste Bewertung)
    30453 Organisation verbessern
09.08.2014 - Die Aufürung war sehr gut, die Organisation dilettantisch. Wir hatten uns teuer VIP Karten gekauft, da es unser 40 Hochzeitstag war. Gehofft hatte ich auf einen nahegelegenen Parkplatz und vielleicht ein Glas Sekt. Die Mitarbeiter waren mit den 'Ticket völlig überfordert und nur für die erste Reihe war der Preis total überhöht. Die preiswerten Plätze sind genau so gut wie teuren.
Stück gut - Organisation amateurhaft.
Uli Dittmann

sumasan (erste Bewertung)
    30452 Erwartungen leider nicht erfüllt
09.08.2014 - Auch bei der 2. Vorstellung kann ich meinem Vorredner in den meisten Punkten zustimmen, ich ziehe jedoch noch einen Punkt ab, weil ich die schauspielerische Leistung und die Dramaturgie tatsächlich als ungenügend empfunden habe - dies lag aber meiner Meinung nach nicht an den Darstellung selbst, die laut Programmheft wirklich gute Ausbildungen genießen konnten, sondern an der Regieführung. Ausgearbeitete Charaktere haben gefehlt, Räume sind unklar, das Tempo insgesamt zu langsam. Einige Beispiele: Der Auftakt des Stücks ist elementar, um die Not und die Verlassenheit der Kinder zu verstehen. Der Verkauf Giorgio, das Verlassen der Heimat, das Unglück auf dem See wird in kürzester Zeit abgehandelt. Dabei sind - wie gesagt - Räume vollkommen unklar.
Man sieht die Kinder traurig über die Bühne laufen, aber die wirkliche Plackerei, die Todesangst, waren kaum spürbar, weil sie nicht inszeniert wurden. Da stehen wunderbare aufgebaute Kamine auf der Bühne - diese wurden von oben nicht einmal bespielt. Dabei schreit dieses Bühnenbild doch förmlich danach!
Wieso läuft ein todkrankes Mädchensständig im Raum herum und kann dann auch noch durch Wände gehen? (Räume)
Woher kommt diese schreckliche Eifersucht von Anselmo auf den kleinen Jungen? Mir waren die Motivationen der Figuren nicht klar - außer, dass sie vielleicht kurz in einem Lied auftauchten - ausgespielt wurden sie nicht.
Warum ist dieser rettende Arzt auf einmal da? Warum kämpfen ein paar Halbstarke gegen Kinder? Was ist der Grund der "Wölfe" sich überhaupt mit den Kindern auseinandersetzen - über einen derart langen Zeitraum? Nur die Falschaussage Anselmos? Das wäre vielleicht noch bei dem Anführer, Giovanni, nachvollziehbar. Aber bei den anderen?
Die Flucht der Kinder ist lieblos inszeniert und vollkommen zusammenhangslos. Mit anderen Worten: Es werden in dieser Inszenierung Tatsachen geschaffen,die nicht entwickelt, aufgebaut und zu Ende gedacht werden. Insgesamt wirkt es, als habe man zu viel Zeit in die Promo und zu wenig Zeit in die Proben gesteckt.
Da nützt es auch nichts, ein großes Finale aufzubauen, das einige Zuschauer hat aufstehen lassen. Ich jedenfalls bin nicht aufgestanden, weil es mich vom Stuhl gerissen hätte. Leider im Gegenteil. Ich hatte mich sehr gefreut und bin auf das Versprechen, eine tiefgründige Geschichte erleben zu dürfen, eben ein anderes Musical, "hereingefallen".
Übrigens hatten die Kinder, die auf den gelungenen Plakaten zu sehen sind, nicht einmal ein Schornsteinfegerrequisit in den Händen.

johann klei (2 Bewertungen, ∅ 2.5 Sterne)
    30450 Wenig Überraschungen, mittelmäßge Story
08.08.2014 - Marketing-technisch und organisatorisch ist das Musical sehr professionell aufgezogen. Von der Beschilderung bis hin zu den „Imbissständen“ war alles perfekt durchdacht. Die Location vor dem Seitenflügel des Schlosses eignete sich sehr gut. Auf den Plätzen fand der Zuschauer bei der Premiere sogar ein Regencape, eine nette Aufmerksamkeit der Schornsteinfeger-Innung, wie passend!
Wer zahlreiche Lindenstraßenstars, Politiker und Musicaldarsteller treffen wollte, hatte bei der Premiere ebenfalls Glück, denn alle nahmen dank Produzent Moritz Sachs auf der Tribüne Platz.
Aber auch ihnen müsste aufgefallen sein, dass die Plastiksitze auf der Tribüne unbequem waren. Ein Engegefühl kam auf als sich die Tribüne füllte, auch ohne klaustrophobische Veranlagung! Zu erahnen war, dass die äußeren Plätze am Rand einen sehr schlechten Blickwinkel auf die 50m breite Bühne boten. Auch die „VIP Lounge“ ganz oben auf der Tribüne, vor der Getränke auch während der Vorstellung ausgeschenkt wurden, störte – insbesondere dann, wenn Getränkekisten während des Stücks hin- und hergetragen wurden. Die Tribüne war außerdem nicht steil genug und die Köpfe schränkten die Sicht sehr ein.
Und das Stück? Ach ja, das Musical... die Jungen Alfredo und Giorgio geraten in die Fänge eines Menschenhändlers, der sie nach Mailand verkauft. Fortan müssen sie als Kaminkehrer arbeiten.
Die Handlung und deren Inszenierung zeigt keinerlei Überraschung, vieles ist von vornherein absehbar und langatmig dargestellt, zum Ende hin wird aber dankbarerweise gerafft. Die Geschmäcker sind verschieden, es zeigten jedoch einige freie Plätze nach der Pause (!), dass das Musical kein völliger „Selbstläufer“ mit Ausverkaufsgarantie sein wird.
Dem Bühnenbild sah man die Arbeit und das Engagement der Macher an, es ermöglichte mehrere Spielorte in verschiedenen Gebäuden und auf verschiedenen Etagen. Auch an den Choreografien und Prügelszenen gab es nichts auszusetzen, sie passten und unterstrichen die Handlung, waren präzise einstudiert und es machte Spaß, den kleinen Schornsteinfegern zuzusehen.
Schauspielerisch stand das Musical größeren Produktionen m.E. in nichts nach, wobei ein Stück mit Kindern immer risikobehaftet ist und an einigen Stellen die Perfektion nicht zu erwarten war. Das galt am Premierenabend auch für den Gesang. Es haperte zeitweise bei den jüngeren Darstellern, hier und da kam ein falsches Tönchen über die Tonanlage auf die Tribüne geschwebt.
Unglücklich fand ich die Besetzung von Angeletta (Sandra Prangl), die zwar perfekt agierte und glasklar sang, aber für die Rolle meiner Meinung nach zu alt ist. Wenn sie mit dem Giorgio „ich mag dich“ singt, wirkt die Szene für mich irgendwie lächerlich.
Das meckernde Dauer-Vibrato von Maite Kelly als Frau Rossi musste man auch hinnehmen, sie spielte es dafür (mit 7.-Monat-Schwangerschaftsbauch!) energisch weg. Thorsten Tinney (Herr Rossi) spielte und sang hingegen überzeugend, ebenso wie Peter Zeug als Luini (super Stimme!). Das Ensemble tanzte und sang engagiert, aber insgesamt konnte für mich nicht darüber hinweg gespielt werden, dass die Handlung doch schleppend und vorhersehbar mit wenig Überraschung rüberkam. Musiker, Tontechniker und Lichtdesigner machten ihren Job wirklich gut, konnten natürlich auch keinen Schwung in die Schornsteinfeger-Story bringen.

TarzanFan (5 Bewertungen, ∅ 3.2 Sterne)

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| Handlung | Giorgio und Alfredo, zwei Jungen aus Tessiner Bergdörfern, werden von ihren Eltern nach Norditalien geschickt, um dort als Kaminfeger zu arbeiten. mehr Auf ihrer abenteuerlichen Reise werden sie geführt von dem Mann mit der Narbe, der nur ein Ziel hat: Er will die Jungen in Mailand zu gutem Geld machen.
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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Leider keine aktuellen Aufführungstermine. |
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