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 Mitmach-Musical
Das Geheimnis des Edwin Drood Wer ist der Mörder?
© Lena Obst
© Lena Obst
Das interaktive Musical wurde 1985 am Broadway uraufgeführt und findet seit der Saison 2012/13 zunehmend auch seinen Weg nach Deutschland. In einer Inszenierung von Iris Limbarth geht das jugend-club-theater auf Mördersuche.
(Text: Ingo Göllner) Premiere: | | 12.04.2014 | Rezensierte Vorstellung: | | 03.07.2014 | Letzte bekannte Aufführung: | | 06.06.2015 |
Ach was, das ist der Täter? Naja, gewählt ist gewählt. Hier zählt nicht Kombinationsgabe, hier wird aus dem Bauch heraus entschieden und vom Publikum abgestimmt. Vor allem geht es um Spaß - und den haben die Zuschauer.
Die Wartburg ist der perfekte Ort für dieses Stück, denn das kleine gemütliche Theater ähnelt einem alten Varieté, in dem die Theater-im-Theater-Geschichte spielt. Die Möglichkeiten auf der Bühne sind ziemlich eingeschränkt. Für diese Produktion gibt es eine bedruckte durchsichtige Rückwand, hinter der die Band sitzt, ansonsten werden alle nötigen Dinge flugs rein- oder rausgebracht. Regisseurin Iris Limbarth setzt auf geschmeidige Abläufe und schöne kleine Details (ein Lob für Ausstattung und Kostüme), lässt aber gerade die Darsteller der kleinen Rollen etwas zu viel herumhampeln.
Überspitzt ausgedrückt sind die Aufführungen des jugend-club-theaters Amateuraufführungen mit professionellen Mitteln. Da sitzt mal ein Ton nicht, einzelne Darsteller sprechen zu theatralisch und die Tanzszenen sind nicht immer wirklich synchron. Aber die Darsteller haben offensichtlich Spaß daran und agieren mit so viel Schwung, dass es einfach mitreißt und die 2 ½ Stunden der Aufführung wie im Flug vergehen lässt.
Umso ärgerlicher ist, dass die Tonanlage, die ja immerhin dem Staatstheater Wiesbaden gehört und von dessen Technikern bedient wird, so schlecht ist, dass man Schwierigkeiten hat, den Liedtexten zu folgen. So wird das Publikum denn wohl für immer im Unklaren bleiben, welches Motiv der demokratisch gewählte Täter denn nun hatte, weil Gesang und Musik als Brei aus den Lautsprechern dröhnen. Schade auch, dass das Orchester auf fünf Musiker eingedampft wurde. Die machen ihre Sachen sehr gut, aber der Klang ist sehr keyboardlastig.
© Lena Obst
© Lena Obst
Das Ensemble agiert sehr harmonisch: Norman Hofmann hat die nötige Präsenz und Schlitzohrigkeit für den Prinzipal. Tim Speckhardt schlägt darstellerisch als vampirhafter John Jasper manchmal ein bisschen über die Stränge. Anna-Katharina Follrich hat die gesanglich anspruchsvollste Rolle zu meistern und verleiht ihrer Rosa Budd kulleräugige Unschuld. Felicitas Geipel spielt Prinzessin Puffer mit dem richtigen Maß Dreck in der Stimme und Verruchtheit im Blick.
Geschichten von Charles Dickens leben von den schrägen Nebenfiguren, die Titelfiguren bleiben oft blass. So auch hier. Man fühlt nicht mit mit diesem Edwin Drood und eigentlich ist es einem auch egal, ob und von wem er umgebracht wurde. Nina Links spielt ihn steif und kühl, beweist aber im 2. Akt, wenn sie aus ihrer Rolle ausbrechen darf, dass sie nicht nur sehr gut singen kann, sondern auch komödiantisches Talent hat.
Wer am Ende Zweifel hatte, ob die Publikumsabstimmung über den Täter einfach nur ein Fake ist und womöglich jedes Mal dderselbe Schluss gespielt wird, der muss sich die Aufführung einfach nochmals ansehen. Es lohnt sich auf jeden Fall.
(Text: Ingo Göllner)

Kreativteam
Besetzung
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 1 Zuschauer hat eine Wertung abgegeben:

    30353 Whodunit?!
15.04.2014 - Darauf muß man auch erstmal kommen. In DAS GEHEIMNID DES EDWIN DROOD wird der unvollendete Kriminalroman von Charles Dickens als Stück im Stück von einer etwas zweitklassigen exzentrischen viktorianischen Music Hall Company aufgeführt und unter aktiver Publikumseinbindung sogar kriminalistisch gelöst.
Rupert Holmes kam auf diese originelle Idee und hat Buch, Musik und Text in Personalunion verfasst.
Bei den Mitgliedern des Jungen Staatsmusicals des Staatstheaters Wiesbaden ist das Stück in den allerbesten Händen.
Der Spaß, den der Wechsel zwischen den beiden Handlungsebenen bringt, wird durch die aufgedreht exaltierte Spielweise des Ensembles noch verstärkt. Irgendwo zwischen Grand Guignol und Commedia dell arte wird herrlich lustvoll und übertrieben agiert und die vierte Wand zum Publikum mit großem Spaß an der Freude eingerissen.
Unabhängig davon, ob man sich letztendlich noch für die Auflösung des Krimis interessiert (oder noch darauf konzentrieren kann vor lauter Lachen), hat man einen wunderbar kurzweiligen und unterhaltsamen Theaterabend.
Das ist in erster Linie den hochprofessionellen und leidenschaftlich spielenden Künstlern auf der Bühne zu danken.
Um nur einige zu nennen:
Tim Speckhardt ist wie immer eine solide Säule im Zentrum des Stücks. Sinister, düster, mephistophelisch spielt er von Krolock, Mr Hyde und das Phantom auf einmal.
Benjamin Geipel ist mit präziser Körpersprache und Mimik ein wunderbar verschrobener Durdles.
Als Rosa Budd ist Anna-Katharina Follrich mit beeindruckender Stimme und hinreißend naiver Mimik die perfekte Blondine.
Christopher Niederelz gibt den wunderbar süffisanten und präsenten Prinzipal.
Eine wahre Wucht ist die wunderbare Felicitas Geipel als als vulgär laszive Prinzessin Puffer. An Geipel kommt niemand vorbei. Sobald sie auf der Bühne ist, beherrscht sie die Szene mit Charisma und Energie. Trocken und mit beiläufigem Understatement macht sie aus jeder Textzeile und jedem kleinen Blick ein Kabinettstückchen.
Genannt werden muss natürlich auch Iris Limbarth, deren Inszenierung fließen leicht ist und voller origineller kleiner Details steckt.
Bestens gelungen ist auch ihre dynamische Choreografie, die die sicherlich nicht einfachen Bedingungen der Wartburg Bühne bestens ausnützt.
Mit DAS GEHEIMNIS DES EDWIN DROOD wird die schwere Kunst der leichten Unterhaltung von den großartigen Mitgliedern des Jungen Staatsmusicals perfekt zelebriert.

kevin (202 Bewertungen, ∅ 3.4 Sterne) 
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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Leider keine aktuellen Aufführungstermine. |
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