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 Komödie
Das SpongeBob Musical Rettet Bikini Bottom!
© Nico Moser
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"SpongeBob" fasziniert seit vielen Jahren in den USA und im deutschsprachigen Raum viele kleine und große TV-Zuschauer und -Gamer. Der wohl berühmteste Schwamm der Welt ist dank vieler Fan-Artikel und Lizenzprodukte zu einer wahren Gelddruck-Maschine geworden. Da ist eine Musical-Fassung, die jetzt als europäische Erstaufführung durch Deutschland, Österreich und die Schweiz tourt, eine logische Konsequenz. Zu sehen gibt es eine "schwammtastische" Unterwasser-Show mit den bekannten Zeichentrickfiguren.
(Text: kw) Premiere: | | 01.10.2022 | Rezensierte Vorstellung: | | 02.10.2022 | Letzte bekannte Aufführung: | | 17.12.2022 | Showlänge: | | 180 Minuten (ggf. inkl. Pause) |
Es herrscht "Code orange" für die Unterwasserwelt von Bikini Bottom. Die Bürgermeisterin erklärt für ihre Stadt den Ausnahmezustand, weil ein bevorstehender Vulkan-Ausbruch das Atoll zerstören soll. Während Perk Perkins, der Nachrichtensprecher des örtlichen Fernsehsenders, im Dauereinsatz ist, um in immer neuen Live-Schalten vom Geschehen zu berichten, schmiedet Sheldon J. Plankton einen fiesen Plan, um endlich Gäste in sein erfolgloses Restaurant "Mülleimer" zu locken. Dafür soll die in eine Rettungskapsel fliehende Bevölkerung dort hypnotisiert werden. Kann dieser Wahnsinn noch aufgehalten werden?
© Nico Moser
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Er kann aufgehalten werden, und zwar durch Schwammkopf SpongeBob und seine treuen Freunde den Seestern Patrick Star und das aus Texas stammende Eichhörnchen-Mädel Sandy Cheeks. Wer nun beim Lesen dieses Textes die Welt nicht mehr versteht, der kennt sich im Universum der dem Musical zugrunde liegenden Zeichentrick-Serie nicht aus. Das ist beim Besuch der Vorstellung zwar nicht zwingend erforderlich, erleichtert aber den Durchblick, denn sowohl das Buch von Kyle Jarrow, die Inszenierung von Timo Radünz als auch die Ausstattung von Lukas Pirmin Waßmann lehnen sich stark an die Vorlage an.
So agieren die Darsteller wie ihre Serien-Vorbilder: Michiel Janssens' SpongeBob Schwammkopf spricht sogar mit einer ähnlich-quietschigen Stimme wie der Sprecher der deutschen Synchronisation. Wie gut Janssens das kopiert, kann man beim Epilog der Show vergleichen, wenn die Stimme von Synchronsprecher Santiago Ziesmer eingespielt wird.
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Auch die anderen Darsteller liefern nahezu perfekte Kopien ihrer TV-Vorbilder ab. Dabei gefallen besonders Benjamin Eberling als gemütlicher Patrick Star, Dominik Müller als den Nachrichten hinterher-hechtender Reporter Perch Perkins, Richard McCowen als geschäftstüchtiger Mister Krabs und Martijn Smids als selbstverliebter Thaddäus Q. Tenktakel. Insgesamt steht ein perfekter Cast auf der Bühne, der allerdings durch Vorgaben der Rechtegeber in seinen Figuren gefangen ist.
Es ist schwer einzuschätzen, wieviel bei Inszenierung und Ausstattung ebenfalls vorgegeben wurde. Dennoch mogelt Regisseur Timo Radünz eigene Ideen, wie zum Beispiel eine "Merkel-Raute", in die deutsche Tour-Fassung hinein.
Die Geschichte wird bis zum Happy End flüssig, schrill und in hohem Tempo erzählt. Das quietschig-bunte Bühnenbild von Lukas Pirmin Waßmann mit seinen verschiebbaren Fassaden und dem Ananas-Wohnhaus von SpongeBob ermöglicht schnelle Szenenwechsel und gibt genug Raum für Radünz' flotte Choreografien. Die Nähe zum Zeichentrick-Vorbild erreicht die Show dank eines rechts auf der Bühne hinter einem Mischpult sitzenden "Soundeffekte-Fischs" (alternierend: Marvin Klopfer, Jannik Morgana, Hans Tilmann Rose). Er untermalt das Geschehen mit Geräuschen beim Gehen oder Weiterreichen von Gegenständen und startet als "Music Captain" die vorproduzierte, musikalische Begleitung aus der Konserve. Da die Aussteuerung dabei nicht stimmt, leidet in den Songs die Textverständlichkeit. Wer Texter der deutschen Übersetzung ist, bleibt das Geheimnis des Veranstalters. (Nach Veröffentlichung dieser Rezension hat der Veranstalter reagiert: Nach seinen Angaben wurde die Tonanlage zum Tourstopp Düsseldorf nachjustiert. Außerdem hat er uns Matthias Hartwig als Urheber der deutschen Übersetzung benannt).
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So vielfältig die Partitur mit Elementen aus Rap ("Wenn es hart auf hart kommt"), Kinderlied ("BFF – Best Friends Forever") und flottem Boogie ("Bikini Bottom Boogie") ist, so vielfältig sind auch ihre Urheber. So stammt zum Beispiel "(Nur) ein Schwamm" von den Alternative-Rockern "Panic! At the Disco", bei "Denn ich bin ein echter Held" ist Cindy Lauper Co-Komponistin und "Panik pur" stammt unter anderem aus der Feder von David Bowie. Als finale Zugabe erklingt der originale Titelsong der Zeichentrick-Serie. "Das SpongeBob Musical" ist dank eines insgesamt sehr gut singenden und tanzenden Casts schrilles, lustiges und wirklich gut gemachtes Entertainment. Es richtet sich weniger an ein Musical-Publikum, sondern mehr an Schwammkopf-Fans. Wer mit seinem Nachwuchs dorthin geht, sollte dabei berücksichtigen, dass er erst nach fast drei Stunden Bikini Bottom verlassen wird.
(Text: Kai Wulfes)

Verwandte Themen: Hintergrund: 3 Fragen an... Gerrit Hericks (06.10.2022)
Kreativteam
Musical nach der Serie von Stephen Hillenburg
| | Buch von Kyle Jarrow
| | Originalsongs von Yolanda Adams, Steven Tyler and Joe Perry of Aerosmith, Sara Bareilles, Jonathan Coulton, Alex Ebert of Edward Sharpe & The Magnetic Zeros, The Flaming Lips, Lady Antebellum, Cyndi Lauper, John Legend, Panic! At the Disco, Plain White T’s, They Might Be Giants, T.I.
| | Weitere Songs von David Bowie, Tom Kenny & Andy Paley
| | Weitere Songtexte von Jonathan Coulton Zusätzliche Musik von Tom Kitt
| | Musikalische Produktion konzipiert von Tina Landau
| | | Inszenierung, Choreografie | | Timo Radünz
| | | Associate Choreography | | Nicole Eckenigk
| | | Musikalische Leitung | | Pascal Kierdorf
| | | Ausstattung | | Lukas Pirmin Waßmann
| | | Video Design | | Lorena Müller
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Besetzung
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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