 Parodie
Young Frankenstein The Brain
© Martin Kaufhold
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Comedy-Gold: "Young Frankenstein" in Frankfurt lässt die Zuschauer für zweieinhalb Stunden den Corona-Blues vergessen und glänzt mit Mitwipp-Musik, deftigen Sprüchen und derbem Humor à la Mel Brooks.
(Text: Jens Alsbach) Premiere: | | 26.11.2021 | Rezensierte Vorstellung: | | 02.12.2021 | Letzte bekannte Aufführung: | | 30.04.2022 | Showlänge: | | 135 Minuten (ggf. inkl. Pause) |
Dr. Frederick Frankenstein, Sohn des berühmten monstererschaffenden Professors Viktor Frankenstein, ist Wissenschaftler (Spezialgebiet: das menschliche Gehirn) und gerade glücklich verlobt, als ihn die Kunde ereilt, dass er das Erbe seine Vaters im transsylvanischen Familienanwesen antreten soll. Mithilfe seines buckligen Dieners Igor, seiner Assistentin Inga und der schrulligen Hausdame Frau Blücher setzt er alles daran, das Vermächtnis seines Vaters fortzuführen und erschafft dabei erneut ein Monster, das sich aus den Zwängen des Schlosses zu befreien weiß…
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Mel Brooks liebt es, mit Stereotypen zu spielen und seine Figuren zu überzeichnen. Diese Art von "Hau-drauf"-Comedy verlangt nach Darstellerinnen und Darstellern, die solche Klischees glaubhaft rüberbringen und ins Publikum tragen können. Und hier hat Casting Director Marc Frankum ganze Arbeit geleistet.
Keith Ramsay als Dr. Frederick Frankenstein wirkt wie ein junger Charlie Chaplin, der vollen Körpereinsatz zeigt und mit seinen schlaksigen Bewegungen das Abziehbild des zerstreuten Wissenschaftlers glaubhaft portraitiert. Seine Gesangsstimme ist nicht aufdringlich, dennoch oft überspitzt und zuweilen erstaunlich hoch. Seine volle Bandbreite an Comedy-Talent kann er besonders in Kombination mit Shaun Chambers als Igor, Leah Barbara West als Inga und Leanne Pinder als Frau Blücher unter Beweis stellen.
Chambers portraitiert den Igor etwas pointierter als sein Kollege im West End - weniger der bucklige Glöckner, mehr der Typ von nebenan. Generell erfährt so die "Freundschaft" zwischen ihm und Frederick eine Aufwertung. Der Song "Together Again" ist ein Highlight des Slapsticks. Inga-Darstellerin Leah Barbara West stellt ihre Rolle herrlich übertrieben und mit überzogen deutschem Akzent dar, so dass es eine Freude ist, ihrem "Roll in the Hay" zuzuschauen und -zuhören.
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Ein weiterer Star dieser Aufführung ist die resolute Hausdame Frau Blücher - ihres Zeichens Viktors Hausdame und Geliebte ("He vas my Boyfriend”), die mit den derbsten Sprüchen des Abends aufwartet. Regisseur Derek Anderson und Choreograf Lee Crowley haben Darstellerin Leanne Pinder mit einem Gehwagen ausgestattet - ein ausgezeichneter Regieeinfall. Schon bei ihrem ersten Auftritt sorgt sie mit ihren zittrigen Bewegungen für tosendes Gelächter, und wenn sie dann im weiteren Verlauf des Abends von ihrem Gehwagen in den Spagat geht, ist ihr der Szenenapplaus sicher.
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Das gesamte, 12 Personen umfassende Ensemble ist durchwegs talentiert. Nic Cain als - gar nicht so böses - Monster fällt durch seine großgewachsene Statur und sein Bewegungstalent auf, und Corrine Priest als Fredericks Verlobte Elizabeth Benning glänzt durch ihre Verwandlungsfähigkeit vom blonden Dummchen zum männerverschlingenden Vamp.
Neben der vortrefflichen Auswahl des Ensembles hat auch Bühnenbildnerin Rachel Stone in Kombination mit Licht- und Videodesign von Robbie Butler und Louise Rhoades-Brown einen hervorragenden Job gemacht. Die Bühne ist massiv und wandlungsfähig und kann definitiv mit der Ausstattung im Londoner West End mithalten. Sie strotzt vor Detailverliebtheit und ist ständig in Bewegung. Diese Detailverliebtheit findet sich auch in den Kostümen (Olivia Ward) wieder, wo besonders das Perückendesign bei diversen Tanznummern ins Auge fällt.
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Regisseur Derek Anderson und Choreograf Lee Crowley beweisen mit ihrer Inszenierung, dass sie ihr Handwerk verstehen und dass sie die Darsteller und deren Talente in die Show mit einbezogen haben. Seien es die fein ausgearbeiteten Comedy-Szenen, für die es ein auf den Punkt trainiertes Timing bedarf, oder die große Tap-Dance-Nummer "Puttin’ on the Ritz" - alles fügt sich zu einem großen Ganzen zusammen, und immer funkelt der derbe Mel Brooks Humor durch.
Abgerundet wird das Ganze von der 6-köpfigen Band unter der Leitung von Mal Hall, die wie gewohnt hinter der Bühne sitzt und das Gezeigte ausgewogen balanciert und voluminös untermalt.
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Mel Brooks’ "Young Frankenstein" in Frankfurt ist Spaß pur. Die Inszenierung ist wahnsinnig witzig, bietet Songs, die im Gedächtnis bleiben und die man Tage darauf noch vor sich hin summt und eine herausragend talentierte Cast. Besonders letztere sollte zu einem Besuch dieser Show animieren, der es zu vergönnen ist, den Corona-Winter unbeschadet zu "überleben" und den pandemie-gebeutelten Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.
(Text: Jens Alsbach)

Kreativteam
Besetzung
Produktionsgalerie (weitere Bilder)
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 1 Zuschauer hat eine Wertung abgegeben:

    32250 Es geht also doch!
08.01.2022 - Meine Begeisterung für die Musical Produktionen des ETF hat in den letzten Jahren deutlich gelitten. Es war weniger die Qualität der Inszenierung, sondern vielmehr die Auswahl der Stücke, die das grundsätzliche Problem darstellte. Die technischen und finanziellen Möglichkeiten in diesem kleinen (aber feinen) Haus haben ihre Grenzen. Kammerspielartige Miniaturversionen von SATURDAY NIGHT FEVER, SWEENEY TODD oder JEKKYL & HYDE haben mich enttäuscht.
Insofern waren meine Erwartungen an YOUNG FRANKENSTEIN gering.
Trotzdem wurde ich von dem Ergebnis nun ausgesprochen positiv überrascht.
Die Ausstattung hat sich selbst übertroffen. Das Bühnenbild ist wandelbar, detailliert, stimmungsvoll und lässt sogar noch ausreichend Platz für eine temperamentvolle Choreografie.
Eine große Anzahl passender Kostüme und ein atmosphärisches Lichtdesign vervollständigen den stimmigen optischen Eindruck.
Die Regie nimmt leichte Veränderungen vor (so ist z.B. die ursprüngliche Eröffnungsnummer gestrichen), schlägt ein hohes Tempo an und hält das Stück permanent und ohne Längen am Laufen.
Die Besetzung ist eine Offenbarung und rundum in allen Belangen großartig. Große Spielfreude, wunderbare Stimmen und treffsicheres Comedy Timing sorgen für beste Unterhaltung. (Vorausgesetzt natürlich, dass man für den mitunter etwas brachialen Mel Brooks Humor zugänglich ist.)
Einziger Wermutstropfen ist die musikalische Umsetzung. Brooks schmissiger, jazziger Broadway- und Bigbandsound der Komposition lässt sich von fünf Musikern nur mit Abstrichen widergeben.
Der kurzweilige Spass und die Freude am albernen Entertainment überwiegen.
Ein Hoch auf den großartigen Cast!

kevin (187 Bewertungen, ∅ 3.3 Sterne) 
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