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Wenig erinnerungswürdige Musik und eine Inszenierung, die nicht recht weiß, in welche Richtung sie laufen soll, auf der einen Seite – zwei starke Darsteller in den Hauptpartien auf der anderen. „Der Besuch der alten Dame“ nach Dürrenmatts Tragikkomödie hinterlässt im Ronacher einen zwiespältigen Eindruck.
Ähnlich wie die Dorfbewohner von Güllen den „Besuch der alten Dame“ im Musical herbeisehnen, um ihre finanzielle Unabhängigkeit zurückzuerlangen, geschieht dies im übertragenden Sinne auch mit den beiden „Heimkehrern“ Uwe Kröger und Pia Douwes, die erneut als Traumpaar in Wien auftreten dürfen, um die zuletzt klammen Kassen der Vereinigten Bühnen zu unterstützen. Ein geschickter und gelungener Coup der Verantwortlichen, denn die Hauptrollen sind exzellent besetzt. Die Wahl des Stückes und die Umsetzung als Musical könnten sich hingegen als problematisch erweisen.
Dürrenmatts düstere Parabel „Der Besuch der alten Dame“ diente als Vorlage des bei den Thuner Seespielen im letzten Jahr uraufgeführten Musicals, das in leicht überarbeiteter Fassung nun in Wien zu sehen ist. Die Milliardärin Claire Zachanassian kehrt nach Jahrzehnten der Abwesenheit in den Ort Güllen zurück, wo sie einst aufwuchs und ihre Jugend verlebte. Sie bietet dem heruntergekommenen und finanziell angeschlagenen Städtchen zwei Milliarden Euro, wenn im Gegenzug ihr Ex-Geliebter Alfred Ill, der sie damals sitzen ließ, stirbt. Anfangs sind die Bewohner entsetzt ob des unmoralischen Angebotes, denn Alfred ist ein angesehener Bürger der Kleinstadt. Doch mit der Zeit lecken sie Blut und entwickeln eine Gier nach teuren Luxusgütern, die sie sich nur mit der Spende der „alten Dame“ leisten können. Alfred fühlt sich in seiner eigenen Stadt gejagt, während Claire nach und nach die Dorfbewohner um ihre Finger wickelt.
Pia Douwes unterstreicht auch in diesem Stück ihren Status als Leading Lady und gibt der Figur der Claire Zachanassian ihre eigene Persönlichkeit. Sie kann mit unglaublich starker Bühnenpräsenz zwischen den Nuancen wechseln, welche die alte Milliardärin ausmachen, und setzt ihre Stimme je nach Stimmung wunderbar variabel ein – mal scharf und mal ganz melodisch und weich.
Ethan Freeman, der in der besuchten Vorstellung als Alfred Ill auf der Bühne stand, hat es – rollentechnisch bedingt – schwer hier mitzuhalten, gehören der alten Dame doch die opulenteren Auftritte. Er schafft es aber sowohl stimmlich als auch darstellerisch, den etwas unbeholfenen Gemischtwarenhändler zu porträtieren.
Auch die kleineren Rollen sind, wie bei den Vereinigten Bühnen üblich, prominent besetzt. Namen wie Norbert Lamla, André Bauer und Maaike Schuurmans tauchen auf der Besetzungsliste auf – Namen, die Musicalbegeisterten ein Begriff sind. Das Ensemble singt energisch, ist gut verständlich und tut sein Bestes, die teilweise sehr banal klingenden Liedtexte in Handlung umzusetzen. Bei Passagen wie „Liebe endet nie. Nichts ist stark wie sie.“ ist das zweifelsohne nicht immer einfach.
Ein zusätzlicher Stolperstein, der es dem Ensemble bisweilen schwer macht, den Dürrenmatt’schen Stoff auf der Bühne lebendig werden zu lassen, ist die uninspirierte Musik von Michael Reed und Moritz Schneider. Zwar bemüht man sich, möglichst viele Musikstile unterzubringen, doch bleibt keine der Melodien im Gedächtnis hängen. Ohrwürmer fehlen leider. Selbst Balladen wie „Weißt du noch“ oder das zitierte „Liebe endet nie“ sind nach dem Verlassen des Theaters vergessen. Einlagen, wie das mit starkem Bass übersteuerte und an Michael Jacksons Thriller-Choreografie erinnernde Lied „Ungeheuerlich“, bei dem die Güllener ihren anfänglichen Gräuel gegenüber Claire besingen, oder das „Trio Infernal“ – eine komödiantisch gemeinte Einlage von Claires Bodyguard-Terzett – bieten interessante musikalische Ansätze, wirken aber in dem Stück seltsam deplatziert, da sie nicht weiterentwickelt werden.
Wenig stringent wirkt auch die Inszenierung von Andreas Gergen. Der Zuschauer erhält den Eindruck, man konnte sich im Herstellungsprozess nicht recht entscheiden, inwieweit man Elemente der klassische Tragikkomödie von Dürrenmatt – die nun einmal sehr düster daherkommt, da sie eine Parabel über Korruption, Gier und die Bestechlichkeit des Menschen darstellt – beibehalten kann, ohne den Musicalbesucher zu verschrecken. Während sich der erste Akt noch recht stark am Original orientiert, hebt sich der zweite doch stark von der Vorlage ab. Der Einstieg erfolgt mit der bereits erwähnten „Trio Infernal“-Persiflage, es folgen unzählige Rückblicke auf das junge Liebespaar von einst (Lisa Habermann und Bernhard Viktorin als junge Claire und junger Alfred). Alles wirkt so liebevoll und nett, dass man die Motivation Claires, für Alfreds Tod zwei Milliarden zu zahlen, um sich an ihm zu rächen, beinahe vergessen mag. Und um das tragische Finale dann auch noch irgendwie zu einem „Happy End“ zu biegen, erfolgt in der letzten Szene ein erneuter Rückblick nach dem Motto „Was wäre wenn…“, bei dem dann ein kleines Kind über die Bühne läuft, das aus der jungen Liebe von damals hätte entstehen können. Sehr viel unnötiger Schmalz bei einem doch recht eindeutigen und ergreifenden Ende, das man dem Zuschauer ruhig zumuten könnte.
Bühnentechnisch wird Einiges aufgefahren. Die Drehbühne des Ronacher rotiert immerzu, es werden opulente Kulissenteile wie der Laden von Alfred oder die Fassade der Stadt präsentiert, die sich im Laufe des Stückes passend zum Aufschwung in der Stadt wandeln. Illusionen eines heranfahrenden Zuges und detailverliebte Requisiten unterstützen den positiven Eindruck der Ausstatter.
Die Frage wie das Publikum die „alte Dame“ aufnimmt, ist für die Vereinigten Bühnen Wien von großer Bedeutung, schnitt doch der Vorgänger „Natürlich blond“ eher schwach ab. Besonders spannend ist es aber zu sehen, wie sich das Stück ohne die beiden „Zugpferde“ Douwes und Kröger in Zukunft weiterentwickeln wird, da erst dann potentielle Schwachstellen wirklich ins Gewicht fallen.
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KREATIVTEAM |
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Musik | Moritz Schneider Michael Reed |
Buch | Christian Struppeck |
Texte | Wolfgang Hofer |
Musikalische Leitung | Koen Schoots |
Regie | Andreas Gergen |
Choreografie | Simon Eichenberger |
Bühne | Peter J. Davison |
Kostüme | Uta Loher Conny Lüders |
Lichtdesign | Mark McCullough |
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CAST (AKTUELL) |
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GALERIE |
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TERMINE |
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TERMINE (HISTORY) |
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Mi, 19.02.2014 19:30 | Ronacher, Wien | Premiere | |||||||
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