[Drei Fragen an …] Und jetzt singen sie auch noch: Sat.1 hat in dieser Woche mit „Hand aufs Herz“ eine tägliche Telenovela gestartet, in der Gesang eine große Rolle spielt. Musicalkomponist Martin Lingnau („Der Schuh des Manitu“) hat die Musik dafür entwickelt. In der ersten Folge der neuen muz-Interviewserie „Drei Fragen an …“ spricht Lingnau über die Arbeit an der Serie und über neue Projekte vom Kinofilm über Kreuzfahrtunterhaltung bis zur Ski-WM.
Herr Lingnau, Sie haben die Musik zu inhaltlich anspruchsvollen Musicals wie „Swinging St. Pauli“ und „Das Orangenmädchen“ geschrieben – aber auch für die Seifenoper „Sophie – Braut wider Willen“ und jetzt für „Hand aufs Herz“. Wie wäre das beim Smalltalk auf einer Party: Würden Sie die TV-Arbeiten dort erwähnen, weil sie bekannter sind, oder verschweigen, weil sie Ihnen peinlich sind?
Vielseitigkeit reizt mich. Jedes Feld, in dem man als Komponist arbeiten kann, benötigt vollkommen anderes Handwerkszeug und andere Erfahrungswerte. Und davon möchte ich möglichst viel mitbekommen. Ein anderes Beispiel: Ich habe gemeinsam mit Ingmar Süberkrüb soeben die Musik für „Serengeti“, dem weltweit ersten Naturdokumentarkinofilm, der in 3D zu sehen ist, für Buena Vista fertiggestellt. Vor einigen Wochen hat im Hamburger Schmidt Theater „Volles Programm“ Uraufführung gefeiert, eine schräge Musiktheater-Show, die ich mit Oliver Kalkofe geschrieben habe. Genau jetzt sitze ich an der Musik für die Eröffnungszeremonie zur Ski-WM 2011, die im Februar live in 18 Ländern ausgestrahlt wird und einer neuen Multimedia-Show für die AIDA. Ebenfalls allesamt wieder völlig anders gestaltete Projekte, als die, an denen ich in der Vergangenheit mitgearbeitet habe. Und überall sind die Anforderungen an mich wieder völlig unterschiedlich. Ich bin daher eher dankbar, dass es mir möglich ist, in so vielen verschiedenen Feldern als Komponist zu arbeiten, als alles andere.
In den USA ist die Musik-Telenovela „Glee“ mit ähnlichem Konzept sehr erfolgreich. Aber glauben Sie, dass auch die Deutschen – die ja weniger musicalaffin sind – ihre Soapstars singen sehen wollen?
Hier in Deutschland ist das Genre Musical im TV längst noch nicht so verbreitet wie beispielsweise in den USA. Meine Erfahrung als Musicalkomponist war daher auch der Grund, weshalb die Produzenten von „Hand aufs Herz“ an mich herangetreten sind. Und ich bin immer offen für mutige Experimente, gerade wenn sie zum Ziel haben, das Genre Musical auch im TV präsenter zu machen. Dass die Serie erfolgreich wird, würde ich mir daher wünschen. Einfach weil ich finde, dass der Mut von Produzenten, Neuland zu betreten, Belohnung verdient. Und die gemeinsame Arbeit an den Songs mit den wirklich sehr musikalischen Darstellern, den Musikern um Stefan Endrigkeit und dem kreativen Team hinter den Kulissen hat ganz einfach auch großen Spaß bereitet.
In jeder Folge der täglichen Serie wird gesungen. Wie muss man sich Ihre Arbeit vorstellen: Müssen Sie jeden Tag neue Songs liefern? Wie läuft die Zusammenarbeit mit Autoren, Regie und Darstellern ab?
Ich habe ja lediglich im Entwicklungsstadium und im ersten Folgenblock der Serie als musikalischer Supervisor für „Hand aufs Herz“ gearbeitet. In diesem Zeitraum wurden von den Produzenten Songs ausgesucht, dann unterschiedlich arrangierte Musikproduktionen dieser Lieder erstellt, um den richtigen Ton für die Serie zu finden. Gerade diese Entstehungsphase war sehr spannend. Anschließend bin ich mit Sebastian de Domenico, der ein hervorragender Vocal Coach ist, zu den Darstellern nach Berlin gefahren und wir haben gemeinsam am Set an den Songs gearbeitet. Und schlussendlich haben wir alles dann in Berlin in einem Tonstudio aufgenommen.