Frühling im September! Nach pandemiebedingter Pause startet am 09. September der Musical Frühling Gmunden mit der Österreichischen Erstaufführung von „Vincent van Gogh“. Wir haben im Vorfeld mit Markus Olzinger gesprochen, der zusammen mit Elisabeth Sikora das Festival leitet.
Der Musical Frühling hat selten gespielte Werke und deutschsprachige bzw. österreichische Erstaufführungen auf dem Spielplan. Reizen Sie solche Stücke mehr als Dauerbrenner, die aber Zuschauermagnete sind?
Markus Olzinger: Es war uns sehr schnell klar, dass wir, wenn wir eine neue Spielstätte eröffnen, eine eigenständige Konzeption brauchen, um eine Marke zu kreieren. Es ist aber auch tatsächlich so, dass wir auch einfach Stücke spielen, die uns gefallen und von denen wir denken, dass sie – obwohl selten gespielt – gut ankommen. Als Regisseur reizen mich auch viele bekannte Stücke. Aber die würde ich dann aber vielleicht nicht in Gmunden, sondern gerne anderswo umsetzen. Bei unserer Eröffnungsproduktion „Blutsbrüder“ war es tatsächlich so, dass Elisabeth zeitgleich am Staatstheater Meiningen die Mrs. Johnstone spielte. Ich hab es gesehen und meinte, dass das perfekt nach Gmunden passen würde, wo Elisabeth dann die Rolle erneut verkörperte.
Was fasziniert Sie besonders am aktuellen Stück „Vincent van Gogh“? Was wurde für Ihre Produktion neu konzipiert?
Markus Olzinger: Es ist dieses unfassbar bewegende Leben! Umso mehr wir uns hineingearbeitet haben, desto greifbarer und herzzerreißender wurde Vincent für uns. Er muss ein unglaublicher Mensch gewesen sein. Wir versuchen in dieser Inszenierung viel historisch Belegtes aufzugreifen, entschieden aber auch sehr schnell, dass wir einen sehr modernen, heutigen Vincent zeigen wollen, denn die Themen sind ja gleich geblieben. Ein wesentliches Merkmal der Neukonzeption, die ich mit Elisabeth gemeinsam erarbeitet habe, ist die deutlich kleinere Besetzung. Wir realisieren dieses doch sehr große Stück mit nur sechs Darstellern und Darstellerinnen, die bis auf die Titelrolle in unterschiedliche Rollen schlüpfen. Wir haben hier die Ursprungsidee der Autoren noch extremer weitergesponnen, denn schon bei der Uraufführung wurden zum Beispiel alle Geliebten von einer Darstellerin verkörpert. Was – Corona bedingt – erstmalig der Fall ist, dass wir das Orchester vorproduziert haben. Thomas Posth und sein „Orchester im Treppenhaus“ aus Hannover werden aber sowohl für die Beteiligten auf der Bühne als auch für das Publikum sichtbar gemacht. Es funktioniert erschreckend gut und wir sind froh, diese Entscheidung für dieses Jahr getroffen zu haben – auch wenn wir künftig natürlich wieder ein Live-Orchester im Graben haben wollen und werden.
Elisabeth Sikora und Sie sind nicht nur ein Künstler-Ehepaar, sondern auch zusammen die Intendanz des Musical Frühlings. Eigentlich sind Sie beide auf der Bühne zu Hause. Frau Sikora übernimmt außerdem bei „Vincent van Gogh“ mehrere Rollen, hat die Kostüme entworfen und arbeitet an der Übersetzung der Produktion 2023. Sie haben bis jetzt alle Stücke inszeniert und die Bühnenbilder kreiert. Hat es Ihnen irgendwann nicht mehr gereicht „nur“ zu spielen und war das der Ausgangspunkt für den Musical Frühling?
Markus Olzinger: Ja, wir sind schon über elf Jahre ein Paar und Elisabeth war es auch, die den finalen Anstoß gab, solch ein Festival zu gründen. Ich hab schon immer davon gesprochen, selbst inszenieren zu wollen und meine eigene Spielwiese zu haben für kreative Prozesse. Und Elisabeth war es dann, die irgendwann sagte: Mach es doch. Kurz darauf haben wir Caspar Richter in Brünn kennengelernt und konnten ihn für das Vorhaben gewinnen. Er war dann bis „Doktor Schiwago“ 2019 auch der Musikalische Leiter in Gmunden. Das Theater am Traunsee kannte ich noch von meiner Kindheit und so kam das alles. Dass Elisabeth und ich mehrere Aufgaben abdecken, hat einerseits künstlerische Gründe, weil wir schwer etwas aus der Hand geben können und uns gegenseitig einfach vertrauen. Es gibt natürlich auch finanzielle Gründe, weil wir als Festival zwar, wie ich meine, ganz ordentliche Produktionen stemmen, aber in der Struktur extrem klein sind und es anders gar nicht machbar wäre. Es ist schön, ein eigenes Festival zu haben – aber auch unfassbar viel Arbeit, wenn man neben dem künstlerischen Part auch die gesamte Organisation nur zu zweit stemmt. Nichtsdestotrotz blicken wir positiv in die Zukunft und freuen uns jetzt sehr auf Vincent21!
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