Neun zeitgenössische Musicaltitel als Playbacks und in neu eingesungenen Vocalversionen. Die Playbacks sind nicht brilliant, die Zusammenstellung und neue Interpretationen machen das Album für Musicalkenner aber interessant.
Nico Gaik (Rudolf in „Elisabeth“/Stuttgart) beweist mit dieser CD, dass er nicht nur singen, sondern auch produzieren kann. Zwar vermisst man bei den von ihm erstellten Playbacks manchmal schmerzhaft die echten Instrumente, aber für den Hausgebrauch reicht das allemal, zumal die meisten Songs schön arrangiert sind. Auch die Songauswahl macht deutlich, dass sich diese CD vor allem an Profis und Kenner richtet.
Dass die Instrumentierung weitgehend aus der Maschine kommt, wird gleich zu Beginn bei „Die roten Stiefel/Stärker als wir sind“ deutlich. Zwar ist das Tempo von rund 140 Schlägen pro Minute in etwa identisch mit der Wiener Originaleinspielung, doch durch die stampfenden Synthie-Beats wirkt der Song wesentlich schneller und treibender. In Wien hatte nicht nur das Orchester, sondern auch Marjan Shakis Gesang für lieblicheren Klang gesorgt. Katja Berg singt die Sarah derber und aggressiver, fast schon so, als wäre sie bereits ein Vampir – was ja als Interpretation der Szene auch seinen Reiz hat.
„Drei Tage“, das extra für die Hamburger Aufführung von „Titanic“ komponierte Duett, gibt es hier erstmals auf CD. Eigentlich ist der Song ein simples, aber in seiner Schlichtheit auch schönes Liebeslied. Aber trägt die Melodie einen Song von fast vier Minuten? Daran glaubt offenbar auch Gaik nicht: Mit Schmalz und Donnern im Playback und künstlicher Dramatik im Gesang von Katharine Mehrling und Jan Amman soll die mangelnde Substanz der Vorlage – die fehlende Abwechslung und die schwache Bridge – überdeckt werden. Der schwächste Track der CD.
Angemessen ruhig ist dagegen die Instrumentierung der schönen Ballade „You Must Be There“ aus „Kristina“. Die leicht comichafte Färbung von Natacza S. Boons Stimme mag nicht jedermans Sache sein, die Interpretation ist aber tadellos. Hörenswert ist auch Gaik selbst in der düsteren Ballade „Schwarze Schatten“ („Ludwig²“), in der Sänger und Playback die langsam ansteigende Dramatik vom ruhigen Beginn bis zum langen Schlusston elegant bewältigen.
Warum Ferdi und Rob Bolland für Stuttgarts „3 Musketiere“ aus „Wo ist der Sommer“ ein Duett gemacht haben – genauer gesagt: warum die Männerstimme am Ende in das Frauensolo hineinsingen darf -, bleibt auch nach dieser Aufnahme ein Rätsel. Nichts gegen Karim Khawatmis Gesang, aber ohne die „Engel aus Kristall“-Einwürfe würde Eva Maria Benders Interpretation noch stärker wirken. Denn die bringt so viel Gefühl rüber, dass sie sich vor Pia Douwes Originalversion nicht verstecken muss.
Bei den beiden Songs aus „Rebecca“ fällt wieder ins Gewicht, dass Synthesizer spielen und nicht das Orchester der VBW. Ansonsten gibt Isabel Dörfler mit dem Titelsong eine ordentliche Bewerbung für die Rolle der Mrs. Danvers ab. Während sie in Interpretation und Tonfall nah am Wiener Original bleibt (mit dem Unterschied, dass erste E von Rebecca tatsächlich auch als solches auszusprechen), singt Claus Dam „Gott, warum?“ ganz anders. Sein Maxim klingt weniger verzweifelt als der von Uwe Kröger, aber gleichzeitig auch weniger nach einem lebenserfahrenen und Herrschaft gewohnten Gutsbesitzer.
Nah am Original interpretieren Jan Ammann, Claus Dam und Elisabeth Markstein das hymnische „The Meeting“ aus „Masada“. Auch das Playback ist hier angemessen orchestral und kaum als Synthesizer zu erkennen. Das ruhige Quintett „New Music“ aus „Ragtime“ geht nach den vielen dramatischen Nummern am Ende fast etwas unter, ist aber handwerklich gut gemacht.
Die auf dem CD-Cover hervorgehobenen Playback-Versionen sind nicht das Highlight der CD, aber ordentlich, wenn man für seine Darbietung keine Sinfonieorchester-Qualität braucht. Unter den eingesungenen Tracks finden sich aber einige schöne Aufnahmen, die das Album auch für Nicht-Sänger interessant machen.