Is this home?
Ethan Freeman / 2008

Ein spannendes und abwechslungsreiches Soloprogramm von und mit Ethan Freeman stellt Musicalsongs in neuen Zusammenhang.


„Is this home?“ – die Live-CD zur umjubelten Premiere von Ethan Freemans Soloshow im Oberhausener Ebertbad – ist fast ein Musical. Zwischentexte und Songs wechseln sich ab, gehen ineinander über. Das Programm und die CD schöpfen musikalisch vornehmlich aus den Werken großer Musicalkomponisten wie Claude-Michel Schönberg, Stephen Sondheim, Andrew Lloyd Webber oder Frank Wildhorn und werden bereichert durch Eigenkompositionen sowie Lieder aus dem Chanson-, Jazz- und Klassikbereich. Neben Freeman singt dessen Partnerin Monika-Julia Dehnert, Marina Kommissartchik begeistert am Flügel.

Verpackt werden die bekannten und weniger bekannten Musicalmelodien äußerst geschickt in eine Geschichte um einen Obdachlosen, der von einer Sozialarbeiterin von der Straße ins Leben zurück geholt wird. Dass das Konzept funktioniert, wird gleich am Anfang deutlich, wenn aus „Disney’s Beauty and the Beast“ der Song „Is this Home?“ intoniert wird, als der Obdachlose sich bei Regen inmitten des Straßenmülls wiederfindet. Nach wenigen Zeilen lädt er ein auf eine Reise und intoniert dazu „Corner of the Sky“ („Pippin“). Das sitzt so treffsicher, dass wie von selbst schon beim Hören Bilder entstehen.

Unterbrochen werden die Songs durch „Amtsprotokolle“ und Ortstermine, die einen Blick auf den Sozialstaat werfen. Diese Texte wirken teilweise etwas gestellt, sind aber für die dramaturgische Einbettung der Lieder notwendig. Erst durch sie erreicht Freeman die kleinen Aha-Erlebnisse. So folgt „Schließ dein Herz in Eisen ein“ („Mozart!“) dem Besuch der Sozialarbeiterin, die – als sie den Obdachlosen ins Männerheim einweisen will – „A Place Called Home“ aus „A Christmas Carol“ intoniert. Der Obdachlose wiederum antwortet mit „Stern“ („Les Miserables“). Die Liedauswahl ist abwechselungsreich, Kommissartchiks Klavierspiel reich an Farben – in keinem Moment vermisst man ein Orchester. Dass das Programm ein wenig balladenlastig ist, dürfte Freeman-Fans eher freuen.

Eine Entdeckung unter den Songs etwa ist „Guido’s Song“ („Nine“), vorhersehbar dagegen sind „Wenn ich einmal reich wär“ („Anatevka“) oder „Die Musik der Nacht“ („Das Phantom der Oper“), wenn die Sozialarbeiterin den Obdachlosen fragt, wie er Nacht für Nacht draußen auf der Straße sitzen kann. Natürlich dürfen Ausschnitte aus „Jekyll & Hyde“ nicht fehlen – „Das Sein von Edward Hyde“ wird ergänzt durch „This is the Moment“ als Zugabe.

Anrührend ist Freemans „Love Song“ („Pippin“), den er zusammen mit Dehnert in Anspielung auf den vorherigen Phantom-Song „für Christine in Hamburg“ singt. „Herr Stein scheint vielen nachzutrauern“, bemerkt die Sozialarbeiterin angesichts seiner vielen melancholischen Rückblicke. Da passt die Originalzeile „Ich bin am Ende mit meinem Griechisch und Latein“ aus „Wie kann es möglich sein?“ („Mozart!“) wieder berührend gut. Am Ende wird die Akte geschlossen. Viele Fragen bleiben offen, etwa, wie die Zukunft aussieht. Ein neuer „Fall“ wartet. Auch hinter der Nummer „24603“ beginnt eine Lebensgeschichte…

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