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Die Darmstädter Produktion von Cole Porters Klassiker über die Reibereien eines Schauspieler-Ex-Ehepaars auf und hinter der Bühne einer Aufführung von Shakespeares „Der Widerspenstigen Zähmung“ ist optisch imposant. Doch Regisseur Eric Petersen bekommt die vielen Möglichkeiten des Bühnenbilds nicht in den Griff.
Für die Kulisse sind Momme Hinrichs und Torge Møller von fettFilm verantwortlich. Sie nehmen „Bühne auf der Bühne“ wörtlich und bauen eine drehbare Szenerie: Die eine Hälfte ist der Spiel-, die andere der Hinterbühnen-Bereich. Wenn der Fokus wechselt und entweder zur einen oder anderen Seiten gedreht wird, kann man reizvolle Blicke in die Bühnengassen werfen. Der Inspizient an seinem Pult, die Souffleuse, wartende Ensemble-Mitglieder oder die gefesselte und von Gangestern bewachte Lilli Vanessi ziehen da am Zuschauer vorbei. Das ist so lange reizvoll, bis sich der Zuschauer entscheiden muss, der Szene mit Text im zum Publikum gedrehten Bereich, der hinteren Pantomime oder den überpräsent inszenierten Nebenfiguren zu folgen.
Regisseur Erik Petersen gibt ein flottes Tempo vor, sprudelt über vor Ideen und macht des Guten zu viel. In der Aufführung von „Der Widerspenstigen Zähmung“ kommen Darsteller zu spät auf die Bühne, verpassen ihre Einsätze und Namen der Figuren werden vergessen oder verwechselt – viele kleine Gags am Rande, von denen keiner so richtig zündet.
Gelungen ist dagegen der Umgang mit dem heiklen Frauenbild der Vorlage. Bei Lilli Vanessi und besonders bei Lois Lane ist von Anfang an klar, dass man diesen Damen nichts vormachen kann. Lane wird vom dümmlichen Starlet anderer Inszenierungen zur selbstbewussten Frau, die ihre üppigen Reize gezielt einsetzt. Nach Lillis / Kates „I Am Ashamed That Women Are So Simple“ herrscht dann auch einen Moment lang peinliche Stille im Theater, die von Fred Grahams „Was für ein bescheuerter Text!“ wunderbar aufgebrochen wird.
Verena Polkowskis Kostüme erscheinen wenig homogen. Die meisten Darsteller tragen Mode der 1940er Jahre, die Garderobieren Paul und Hattie bei „Too Darn Hot“ bunte Sportbekleidung wie aus den 1990ern und General Howell die Uniform eines Operetten-Generals. Ihre Ausstattung des „Stücks im Stück“ ist passend, dafür sind in diesen Szenen die Bühnenbild-Projektionen etwas grob geraten.
Auch wenn der Regisseur sie für viel optische Unruhe sorgen lässt, vermitteln Ellen Wawrzyniak und David Dodd-Ellis sehr glaubhaft, dass die Garderobieren Hattie und Paul total ineinander verschossen sind, und Oedo Kuipers leidet als Schauspieler Riley wirklich herzzerreißend an Liebeskummer. Michael Pegher und David Pichlmaier geben mit sichtlichem Spaß die beiden Ganoven. Arvid Assarsson legt Bill Calhoun als liebenswürdigen Halunken an, dem Beatrice Reece als Lois Lane mit souliger Stimme und starker Präsenz deutlich zeigt, wie der Hase läuft.
Barbara Obermeier und Tobias Licht harmonieren ausgesprochen gut als Ex-Ehepaar Lilli Vanessi und Fred Graham. Obermeier walzt das Zicken-Klischee dabei nicht zu sehr aus. Ihr gelingt ein sehr schöner Moment, wenn Lilli klar wird, dass ihr Verlobter General Howell nicht mehr als ein williges Heimchen am Herd haben will. Ihre wandelbare Stimme passt sich vom hohen Sopran bis zur Jazz-Röhre wunderbar an. Tobias Lichts Fred Graham ist ein egozentrischer, großmäuliger Waschlappen. Das führt die plumpe Männlichkeit seiner „Stück-im-Stück“-Figur Petruchio gewitzt ad absurdum. Durch seine eher leichte Stimme bekommt sein Part einen etwas emotionaleren Unterton.
Gesungen wird primär auf Deutsch. Warum „I Hate Men“ und die Reprise von „So in Love“ im Original (ohne Übertitel) belassen wurden, ist nicht nachvollziehbar. „I Hate Men“ widmet man im Programmheft sogar einen eigenen Beitrag und lobt den „sprachlich ausgefeilten Text“, von dem man, auch wenn man des Englischen mächtig ist, kein Wort versteht. Es liegt weniger daran, dass aus Lillis / Kates Solo eine Gospel-Nummer mit Frauenchor gemacht wurde, sondern an der mangelhaften Tonqualität. Die Anlage quirlt Gesang und Begleitung zu einem lauten Klangbrei. Zwar leitet Michael Nündel die Musiker frisch und temporeich, aber Feinheiten gehen in diesem Durcheinander mit dominant ausgesteuertem Orchester völlig unter.
Der schlechte Ton verärgert, das Bühnenbild fasziniert, das Ensemble ist spielfreudig und gut bei Stimme, die Regie macht unnötig viele Nebenbaustellen auf: Diese Produktion hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck.
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KREATIVTEAM |
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Musikalische Leitung | Michael Nündel |
Regie | Erik Petersen |
Kostüme | Verena Polkowski |
Bühne | fettFilm (Momme Hinrichs Torge Møller) |
Musikalische Assistenz | Jan Croonenbroeck |
Kostümassistenz | Nadine Smolka |
Inspizienz | Marc Pierre Liebermann |
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CAST (AKTUELL) |
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Lilli Vanessi / Katharina | Rebekka Reister Barbara Obermeier (18.10.2019, 22.12.2019) |
Fred Graham / Petruchio | Jörg Sabrowski Tobias Licht (18.10.2019, 22.12.2019) |
Bill Calhoun / Lucentio | Arvid Assarson |
Louis Lane / Bianca | Beatrice Reece |
Paul, Fred Grahams Garderobier | Daniel Dodd Ellis |
1. Ganove | Keith Bernard Stonum Michael Pegher (22.12.2019) |
2. Ganove | Michael Pegher David Pichlmaier (22.12.2019) |
General Harrison Howell | Georg Festl |
Harry Trevor | Andreas Wellano |
Hortensio / 1. Diener Petruchios | Oedo Kuipers |
Gremio | Michael B. Sattler |
Ensemble Mann / Dance Captain | Rico Salathe |
Ensemble Frau | Anna Heldmaier |
Ensemble Frau / Hattie | Ellen Wawrzyniak |
Ensemble | Leonard Schindler Sarah Steinemer Kyra Galal |
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GALERIE |
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