Birgit Reutter (Maria Magdalena) © © Harald Dietz / SFF Fotodesign
Birgit Reutter (Maria Magdalena) © © Harald Dietz / SFF Fotodesign

Jesus Christ Superstar (2014)
Theater, Hof

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Andrew Lloyd Webbers biblische Rockoper in einer Inszenierung, die an sich nicht vollständig überzeugen kann, aber trotzdem in ihrer Gesamtheit einen positiven Eindruck hinterlässt – nicht zuletzt dank starker Darsteller, geschickter Personenregie und einer tollen Orchestrierung.

Es ist vor allem die großartige Charakterzeichnung, die Roland Hüves Inszenierung auszeichnet und ihr Tiefgang verleiht. Da ist ein Jesus (Christian Venzke), der zu keinem Zeitpunkt des Stücks unnahbar wirkt. Trotz seines „Superstar“-Status gibt er sich nie arrogant, seine Wut kommt eher einer hilflosen Ohnmacht gleich und sein Ringen mit dem Schicksal ist stets gegenwärtig. Da ist ein Judas (Chris Murray), der anfänglich noch als Stimme der Vernunft auftritt, doch zunehmend zwischen Loyalität und Angst hin- und hergerissen ist – und dessen Verstand mehr und mehr daran zerbricht. Maria Magdalena (Birgit Reutter) ist weder zarte Verführerin noch chillige Hippie-Braut, sondern eine gestandene Frau mit Vergangenheit, die sichtlich mit ihren Gefühlen für Jesus hadert. Pilatus (Birger Radde) sieht sich als römischer Stadthalter, der eigentlich nicht über Jesus richten will, zunehmend mit seiner Machtlosigkeit konfrontiert. Selbst Herodes (Karsten Jesgarz) – häufig als überdrehte Karikatur dargestellt, die auf Lacher abzielt – ist in Hof eine greifbare Figur: ein selbstherrlicher Herrscher, der nur Verachtung und Spott für den vom Volk gefeierten „Judenkönig“ übrig hat.

Mit nuancierter Darstellung gelingt es den Akteuren, ihre Rollen glaubhaft mit Leben zu füllen. Auch stimmlich können die Solisten überzeugen. Christian Venzkes warmes Timbre sorgt vor allem in den tiefen Tonlagen für Gänsehaut-Momente und setzt einen interessanten Gegenpol zur kraftvollen, ungewohnt rauen Rock-Röhre, mit der Chris Murray Judas‘ innerliche Zerrissenheit unterstreicht. „Pilatus Traum“ wird dank dem wohlklingenden Bariton und der eindringlichen Interpretation Birger Raddes zu einem Highlight der Aufführung.

Unterstrichen wird die Leistung der Darsteller durch eine Reihe von kleinen, aber wichtigen Momenten zwischen und am Rande der großen Szenen. Etwa, wenn Jesus am Ende von „Wie soll ich ihn nur lieben?“ rechtzeitig aus dem Schlaf erwacht, um Marias „Ich lieb ihn so“ zu hören und sie flieht, als er auf sie zugehen will. Oder wenn Judas das Blutgeld für den Verrat nicht sofort erhält, sondern erst nach Judas Verhaftung, ganz bewusst vor den Augen seiner ehemaligen Freude. Auch wenn Pilatus den Soldaten, der Jesus auspeitscht, zur Seite stößt, als dieser zum vierzigsten (und damit tödlichen) Hieb ausholt, ist das eines dieser Details, die der Charakterisierung zugute kommen und im Gedächtnis bleiben.

Doch während die Inszenierung in dieses Momenten brilliert, bleibt abseits davon der großen Aha-Effekt aus und auch sonst ist Hüves Interpretation in sich nicht immer schlüssig. Anfangs- und Schlussszene geben dem Stück die angedeutete Rahmenhandlung einer Theaterinszenierung, die den Bogen zur Moderne schaffen soll, darüber hinaus aber keinen Tiefgang bietet. Diesem recht überflüssigem Stilmittel ist es wohl auch zu verdanken, dass die Kostüme sich aus einem kruden, unlogischen Mix aus moderner Alltagskleidung (z.B. Simon in Rolling Stones T-Shirt und Lederjacke), glitzernden Abendroben (einige Damen im Ensemble) und historischen Kostümen (z.B. Pilatus und die Hohepriester) zusammensetzen.

Überhaupt ist die Ausstattung die Schwachstelle der Inszenierung. Auch das betont minimalistische Bühnenbild, das ausschließlich aus einer Treppenkonstruktion und einem großen Holzkreuz für die Kreuzigungszene besteht, ist wenig einfallsreich. Glücklicherweise macht die grandiose Lichtregie (Jürgen Burger) optisch einiges wett, erzeugt mit farbigen Highlights gekonnt Stimmung, setzt Aktente und lenkt den Blick der Zuschauer.

Für eine starke und klangvolle musikalische Untermalung sorgen die Hofer Symphoniker unter Leitung von Ivo Hentschel, die mit einigen innovativen Neuarrangements aufwarten. Besonders bei „Verdammt für alle Zeit“ läuft das Orchester zu Höchstform auf und setzt im Zusammenspiel mit Chris Murrays dynamischer Interpretation ein deutliches Ausrufezeichen. In den Ensembleszenen kann der Opernchor des Theaters Hof mit stimmlichem Klangvolumen begeistern.

„Jesus Christ Superstar“ in Hof ist eine Produktion, die in dieser Form nicht funktionieren würde, wenn die Beteiligten auf der Bühne und im Orchestergraben die Schwächen von Inszenierung und Ausstattung nicht so gekonnt (im wahrsten Sinne des Wortes) überspielen würden.

 
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KREATIVTEAM
Musical von Andrew Lloyd Webber
(Musik) und Tim Rice
(Texte)

Musikalische LeitungIvo Hentschel
InszenierungRoland Hüve
ChoreografieBarbara Buser
Bühne und KostümeSiegfried E. Mayer
ChorCornelius Volke
DramaturgieGuido Hackhausen
 
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CAST (AKTUELL)
Judas IschariotChris Murray
Jesus von NazarethChristian Venzke
Maria MagdalenaBirgit Reutter
KaiphasHyung-Wok Lee
AnnasThilo Andersson
Pontius PilatusBirger Radde
HerodesKarsten Jesgarz
PetrusAndreas Bühring
Simon ZelotTamás Mester
Magd am FeuerZene Kruzikaite
Soldat, LepröserJoscha Blatzheim
Alter MannDaniel Milos
2 Priester, Lepröse, SoliChristian Seidel
Daniel Milos
Soul Girls, Lepräse, SoliAki Yamamura
Dong-Joo Kim
Annett Tsoungui
  
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
So, 13.04.2014 11:00Theater, HofMatinée
Sa, 26.04.2014 19:30Theater, HofPremiere
So, 27.04.2014 19:30Theater, Hof
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