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Wenn die volkstümliche Anfangsphase überstanden ist und das Stück an Ernsthaftigkeit gewinnt, zeigt auch die Inszenierung ihre Stärke: die gelungene Balance zwischen Leichtigkeit und Schwermut. Eine Atmosphäre, in der man lachen, aber auch die ganz großen Fragen stellen kann. Rundum gelungen.
Warum gehen die Darsteller in Alltagskleidung auf die Bühne und ziehen sich dort erst in der Eröffnungsnummer die Kostüme an? Es hätte den Versuch, auf diese Weise einen Bezug zwischen der heutigen Zeit und dem ukranischen Dorf im Jahr 1905 herzustellen, nicht gebraucht. Denn so, wie Stefan Hubers Inszenierung die Figuren und ihre Motive transparent macht (statt auf Effekte und Regiemätzchen zu setzen), gibt es für das Publikum ohnehin viele Möglichkeiten, sich einzufühlen. Wenn sich in der letzten halben Stunde Tevjes Welt derart rasant verändert, dass sein Schalk und seine Lebensklugheit nicht mehr ausreichen, um mitzuhalten, dann entsteht ein Sog, dem sich wohl kaum jemand im Publikum entziehen kann.
Das ist auch der ganz große Auftritt von Michael Schanze in der Rolle des Milchmanns. Wer ihn nur als TV-Moderator kennt und Zweifel hat, ob Schanze die richtige Besetzung ist, wird sich am Anfang eher bestätigt sehen. Mit ausladenden Gesten, tänzelndem Gang und blitzenden Augen gibt er eher die Volkstheater-Version des Tevje. Doch Schanze gelingt es, das mit der Entwicklung der Handlung wohldosiert zurückzunehmen. Wenn er mit Gott und der Moderne hadert, gleichsam aber listig Wege findet, die neuen Zeiten in sein Weltbild zu integrieren, kommt das sehr glaubhaft über die Rampe. Sein jiddischer Akzent ist dezent und konsequent genug, um nicht aufgesetzt zu wirken. Und gesanglich absolviert er den Part mit warmer, voller Stimme ohne Probleme. Eine starke Leistung.
Dass auch große wie kleine Nebenrollen hochkarätig besetzt sind, braucht man für Bad Hersfeld nicht extra zu betonen. Da erlaubt man sich beispielsweise den Luxus, den Perchik mit Rasmus Borkowski zu besetzen, der als Joe in „Sunset Boulevard“ an selber Stelle auch schon bewiesen hat, dass er eine Show tragen kann – und auch hier wieder mit viele Energie und Spielfreude rüberkommt. Marianne Larsen besticht als Golde mit ihrer klassisch geschulten Stimme und bodenständigem Spiel. Franziska Lessing gibt die Zeitel glaubhaft zwischen verzweifeltem Fügen und Aufbegehren, und auch von Newcomer Jannik Harneit (Fedja und „L’Chaim“-Solo) wird man sicher noch einiges hören.
Dass das Orchester unter dem neuen Chef Kai Tietje ein wenig den Esprit und die besondere Spielfreude vermissen lässt, will man den Musikern am Premierenabend nicht anlasten, herrschten im Dauerregen doch irreguläre Bedingungen. In der Tanzszene spritzte ständig Wasser von der Bühne in den Orchestergraben, und als schließlich Wasser vom Dach strömte, mussten die Musiker mit ihren empfindlichen Instrumenten sogar flüchten und die Vorstellung für 20 Minuten unterbrochen werden.
Ein szenisches Highlight ist der vermeintliche Traum, mit dem Tevje seine Frau von den geänderten Hochzeitsplänen für die älteste Tochter überzeugt. Die Dorfbewohner tanzen ganz in Weiß (Kostüme: Susanne Hubrich) mit eckigen, abstrakten Bewegungen (Choreographie: Markus Buehlmann). Die äußerst agile Oma Zeitel (Barbara Goodman) taucht im Hochzeitskleid aus einer Klappe auf und wirkt nicht weniger nachdrücklich und bedrohlich als die verstorbene Fruma Sara (Anette Lubosch), die im Hintergrund mit meterlangem Kleid und entsprechend verlängerten Armen in die Höhe gefahren wird.
Ein raffinierter Bruch in der ansonsten auf Abstraktes weitgehend verzichtenden Inszenierung, die sich in Ausstattung und Aktion ganz in den Dienst der Handlung stellt. Die Stückwahl mag nicht sehr innovativ sein. Die dichte, schlüssige Umsetzung machen diese Produktion trotzdem sehenswert.
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KREATIVTEAM |
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Regie | Stefan Huber |
Musikalische Leitung | Kai Tietje |
Choreographie | Markus Bühlmann |
Bühne | Stephan Prattes |
Kostüm | Susanne Hubrich |
Ausstattungsassistenz | Andrea Wagner |
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CAST (AKTUELL) |
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Tevje | Michael Schanze |
Golde | Marianne Larsen |
Zeitel | Franziska Lessing |
Hodel | Milica Jovanovic |
Chava | Lea Isabel Schaaf |
Jente | Sylvia Wintergrün |
Mottel | Rolf Sommer |
Schandel | Marina Edelhagen |
Perchik | Rasmus Borkowski |
Lazar Wolf | Ansgar Schäfer |
Motschach | Patrick Imhof |
Rabbi | Michael Günther |
Mendel | Stefan Stara |
Awram | Franz Frickel |
Nachum | Frank Watzke |
Jussel | Florian Claus |
Wachtmeister | Daniel Dimitrow |
Fedja | Jannik Harneit |
Sascha | Martin Kiuntke Arthur Büscher |
Oma Zeitel | Barbara Goodman |
Fruma Sara | Annette Lubosch |
Ensemble | Juliane Dreyer Suzana Novosel Patrizia Margagliotta Michael Chadim Evren Pekgelegen Adrian Hochstrasser |
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TERMINE |
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