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Eine Story wie aus einem Hollywood-Kinofilm, äußerst ohrwurmträchtige Rocksongs und ein exzellentes Ensemble um Hauptdarsteller Alex Melcher machen „Rockville“ zu einem absolut sehenswerten Musical.
Es gibt sie noch, die Musicals, die überraschen. „Rockville“ ist solch ein Musical. Es rauscht am Zuschauer vorbei wie ein Kinofilm – spannend wie romantisch. Nach „Carmen Cubana“ ist „Rockville“ bereits das zweite Musical aus der Feder von Kim Duddy, die auch die Regie und Choreografie bei beiden Musicals übernommen hat.
Für „Rockville“ hat Duddy eine spannende Story geschrieben: Der Rockstar Brian Carr (Alex Melcher) stirbt – vom Blitz getroffen – während seines Konzerts auf der Bühne und wird direkt ins Jenseits befördert. Dort haben die Erzengel einen Auftrag für ihn – mit Engelsflügeln ausgestattet, entsenden sie ihn in die amerikanische Kleinstadt Rockville, die vor acht Monaten durch einen Tornado verwüstet wurde und seitdem einer Geisterstadt gleicht. Der korrupte Bürgermeister Theodore Bushnell (Hans Neblung) unterschlägt die Hilfsgelder der Regierung und schickt Schlägertrupps durch die Straßen, um auch die letzten Bewohner aus der Stadt zu vertreiben. Das weiß Brian – der anfangs gar keine Lust hat, den Menschen in Rockville zu helfen – jedoch zu verhindern. Mit seiner Hilfe kann Bushnell überführt und verhaftet werden.
Nun mag die Story zunächst ganz simpel klingen. Ist sie aber nicht. Denn viele kleine Aspekte machen sie so schön: Angefangen bei dem Umstand, dass nur die Kinder und Alten von Rockville Brian sehen können, während er für alle anderen unsichtbar ist. Aufgehört bei so wundervollen Szenen wie die, in der Brian im Schlafzimmer von Jackie Taylor (Caroline Frank) steht, die ihn nicht sehen kann, aber spürt, dass er da ist. Wenn sie dann zu ihm einen so wundervollen Satz sagt wie „Ich weiß, dass du da bist, bitte geh nicht“ und sich der unsichtbare Brian mit seinen weißen Flügeln daraufhin wie ein wachender Schutzengel zu ihr ins Bett legt, ist das so ein wundervoller Augenblick wie man ihn beispielsweise aus Filmen wie „Ghost – Nachricht von Sam“ kennt. Irgendwie vertraut. Aber für eine Musicalbühne auch irgendwie neu. Gänsehautstimmung pur.
Das Bühnenbild von Court Watson ist einfach, aber sehr funktionell. Es besteht aus einem Stahlgerüst, das auch auf der oberen Ebene bespielt wird, und angedeuteten Häuserfassaden. Durch flexible Bühnenelemente entstehen immer wieder neue Szenenbilder. So lässt sich die Wohnung von Granny Evelyn im Handumdrehen in die Wohnung von Jackie Taylor, das Büro des Bürgermeisters, eine Garage, einen Friseursalon oder einen Nachtclub verwandeln – oder mittels weißer Gazé-Vorhänge in den Himmel, wo Brian Carr landet, nachdem er während seines Konzerts vom Blitz getroffen worden ist.
Alex Melcher gibt nach seinem Engagement bei „We Will Rock You“ auch bei „Rockville“ den perfekten Rockstar. Dabei ist er nicht nur optisch exzellent besetzt, sondern überzeugt auch schauspielerisch als der von Sex, Drugs and Rock’n’Roll gezeichnete Brian Carr und beweist, dass er komischen Szenen genauso wie dramatischen Szenen gewachsen ist. Mit seiner kräftigen Rockstimme begeistert er in jedem seiner zahlreichen Songs und schlägt sowohl rockig-rauchige als auch sanfte Töne an. Auch Sonia Farke überzeugt durch ihre glaubwürdige Darstellung der jung gebliebenen Granny Evelyn und spielt sich als liebenswürdige, energiegeladene und lustige Omi in die Herzen der Zuschauer.
Die hübsche Caroline Frank verkörpert Jackie Taylor, die treibende Kraft in der Stadtgemeinschaft, als toughe allein erziehende Mutter. Als Erzengel überzeugen Amanda Whitford und Dennis LeGree mit ihren exzellenten, schön gefärbten Gospelstimmen. Hans Neblung ist als Bürgermeister herrlich fies, hinterhältig, schmierig und aalglatt.
Eine tragende Säule in „Rockville“ ist aber auch das achtköpfige Ensemble aus Kindern und Jugendlichen, mit Katharina Holoubek als Olivia und Marcus Richter als Billy an der Spitze. Während Kinder in Musicals oft nur niedliches Beiwerk sind, nehmen sie in „Rockville“ eine wichtige Position ein. Schließlich können – abgesehen von den Alten – nur die Kinder Brian sehen und müssen deshalb zwischen ihm und den Bewohnern Rockvilles vermitteln. Die acht Nachwuchsdarsteller zeigen eine unglaubliche Energie, wie man sie nur selten auf einer deutschen Musicalbühne gesehen hat. Solch eine Perfektion kennt man sonst eher aus London („Billy Elliot“, „The Sound of Music“). Vor allem die 16-jährige Katharina Holoubek und der ebenfalls 16-jährige Marcus Richter zeigen großes schauspielerisches Talent. In einer romantischen Liebesszene verzaubern sie zudem mit dem unglaublich gefühlvoll gesungenen Duett „Softly as the Wind“. Der klare Schlusston der beiden rührt dabei besonders an.
Doch auch ein nahezu perfektes Musical darf ein paar Macken haben – und die liegen vor allem in der Regie von Kim Duddy. Es sind nur Kleinigkeiten, doch fragt sich der Zuschauer, warum ein kleiner Junge, der seit acht Monaten – also seitdem der Tornado durch Rockville fegte – nicht mehr gesprochen hat und nur noch via SMS mit seinen Freunden kommunizierte, ohne erkennbaren Grund plötzlich wieder zu sprechen beginnt. Auch wird nicht klar, warum Brian Carr am Ende des Stücks plötzlich für alle sichtbar ist, so dass Jackie Taylor – für die er zuvor unsichtbar war – ihn küssen kann. Außerdem dürfte es eventuell die Frage aufwerfen, warum „Rockville“ als deutschsprachige Produktion geschrieben wurde, wenn letztendlich nur die Dialoge in Deutsch und die Songs in Englisch gehalten sind. Doch das sind kleine Defizite, an denen gearbeitet werden kann. Zumal die englischen Songtexte nicht wirklich stören, sondern weitaus schöner anzuhören sind als die teilweise etwas hölzern wirkenden Dialoge. Was ebenfalls gut ins Gehör geht, ist die Musik von Martin Gellner und Werner Stranka. Die beiden unter dem Pseudonym „Beat4Feet“ bekannten Musiker haben für „Rockville“ einen Ohrwurm nach dem anderen geschrieben. Dabei wechselt sich der fetzige Rocksound mit schönen Balladen und stimmigen Gospels ab.
Insgesamt ist „Rockville“ ein wunderbares Musical, das nach einer Überarbeitung sicher auch am Broadway oder im West End bestehen könnte. Stilistisch lässt sich „Rockville“ nämlich wunderbar zwischen Musicals wie „Rent“, „tick, tick… BOOM!“ und „Next to Normal“ einordnen. Denn wie all diese Musicals erzählt auch „Rockville“ eine durch Rockmusik transportierte, berührende Geschichte aus der Gegenwart, die genauso gut einem Kinofilm wie „Stadt der Engel“ entstammen könnte.
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CAST (AKTUELL) |
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Granny Evelyn | Sonia Farke |
Honey Adelman | Sigalit Feig |
Jackie Taylor | Caroline Frank |
Billy Taylor | Thomas Höfner |
Gabriel | Amanda Whitford |
Olivia | Katharina Holoubek |
Raphael | Dennis LeGree |
Brian Carr | Alex Melcher |
Theodore Bushnell | Hans Neblung |
Mr. Rogers | Markus Simader |
Eye Biggz | Darryl Smith |
Lorraine | Jacqueline Braun |
Marge | Lorna Dawson |
Betty | Ines Hengl-Pirker |
Claire / Amgel Eye | Ava Brennan |
Angel Eye | Conchita Kluckner-Zandbergen |
Petrus | Stephan Zenker |
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TERMINE |
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