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Sowohl das neue Arrangement für großes Orchester als auch die beiden Hauptdarsteller mit klassisch geschulten Stimmen lassen Swing auf Operette treffen. Auch Gaines Halls werkgetreue Inszenierung von „The Famous Door on Swing Street“ vermag die dramaturgischen Schwachstellen des Musicals nicht kaschieren. Allerdings retten nach einem viel zu zähem Beginn Halls ausgelassene und mit äußerster Präzision getanzten Stepp-Choreografien die Show.
„Die Clubs in dieser Stadt sind der Totalausfall“, seufzt DJane Anna. Eigentlich ist sie ist mit ihrem amerikanischen Freund Mike nach New York gekommen, um dort einen beruflichen Neuanfang zu wagen. Mikes Karriereweg als Banker führt steil nach oben und funktioniert blendend, zu blendend. Denn die Kombination aus Arbeitsenthusiasmus und Fitnesswahn lässt ihn kaum noch Zeit mit Anna verbringen, die sich ihrerseits, frustriert von ihrer erfolglosen Jobsuche, immer weiter von Mike entfernt. Ihr Besuch in einem wie aus der Zeit gefallen wirkendem Schallplatten-Laden in der 52. Straße soll alles verändern: Beim Durchschreiten einer mysteriösen Tür wird Anna in das Swinging-New York der 1930er-Jahre mit wilden Stepptänzen zurückversetzt.
Viel zu lange braucht Regisseur Gaines Hall, um mit dieser behäbigen, vom Librettisten Ewald Arenz konstruierten Beziehungs-Kriselei-Geschichte endlich Fahrt aufzunehmen. Den Wendepunkt in seiner Inszenierung bringt Annas Schritt in die Vergangenheit. Hall gibt plötzlich Gas und führt den auch weiterhin dramaturgisch vorhersehbaren, sehr dünnen Plot mit Rasanz und Humor zum Hauruck-Happy-End-Finale. Jetzt macht die Show richtig Spaß – jetzt kocht auch die Stimmung im Saal.
Großen Anteil daran haben nicht nur die im Big-Band-Stil komponierten Swing-Nummern von Thilo Wolf, sondern auch die rasanten Stepp-Choreografien, die ebenfalls vom Regisseur stammen. Hier laufen die Tänzerinnen und Tänzer der Deutschen Tanzkompanie Neustrelitz zu Höchstform auf und begeistern mit lässigem Tanz und äußerst synchroner Beinarbeit. Gaines Hall integriert in diese revueartigen Tableaus geschickt auch die Mitglieder des Opernchores, die in diesem Stück zwar nicht viele Gesangsaufgaben haben, dafür aber ihre kleinen Tanzeinlagen beherzt und mit Engagement meistern. Dirk Immichs elegantes 30er-Jahre Kostümbild in hellen Beige- und Brauntönen unterstreicht den Zeitgeist einer vergnügungssüchtigen, wohlhabenden Upperclass während der Prohibitions-Zeit in den USA. Das ebenfalls von Immich entworfene Bühnenbild mit weiß-blau-roter USA-Attitüde ist durch hereingeschobene, drehbare Elemente schnell wandelbar. Rückwärtige Projektionen illustrieren gut die einzelnen Schauplätze.
Für die zweite Produktion des Musicals nach seiner Uraufführung in Fürth hat Komponist Thilo Wolf seine für den Deutschen Musical Theaterpreis 2021 in der Kategorie „Bestes Arrangement“ nominierte Partitur neu für ein großes Orchester arrangiert. Keine gute Idee: Abseits der Swing-Songs klingt die Musik mit ihren für das 21. Jahrhundert eher ungewöhnlichen Walzern und schmachtenden Balladen wie eine klassische Operette. Unter Wolfs Dirigat schwelgen die Musikerinnen und Musiker der Neubrandenburger Philharmonie wie im schwülstigen Duett „Du bist mein Lebenstraum“ in großen Melodienbögen und überdecken mit zu hoher Lautstärke den Gesang.
Problematisch ist die Besetzung der beiden Hauptpartien. Laura Scherwitzl (Anna) und Andrés Felipe Orozco (Mike) stehen im Theater Neustrelitz sonst in große Partien in Oper und Operette auf der Bühne und müssen auch beim Musical ran. Ihre klassisch geschulten Stimmen harmonieren prächtig miteinander und strahlen auch bei Soli, lassen das Stück aber wie eine Operette mit Swing-Einlagen klingen. Überraschend beweglich und gesanglich wie ausgetauscht wirken die beiden im swingenden New York. In der etwas undankbaren Rolle des Bankers Tom ist Sebastian Naglatzki eher ein stichwortgebender Spaßvogel, beweist aber auch, dass ein Sänger mit sattem Opern-Bass-Bariton auch rappen kann.
In vielen Szenen – sowohl in der Swing-Ära und eigenartigerweise auch im Heute – kommentieren drei Swing Sisters das Geschehen. Laura Albert, Julia Baier-Tarasova und So Yeon Yang gefallen nicht nur in immer neuen Kostümen, sondern brillieren im dreistimmigen Gesang. Der Einsatz des Trios ist dramaturgisch zwar nicht immer nachvollziehbar, stört allerdings auch nicht.
Wie bereits in der Uraufführung im Jahr 2020 übernehmen die gastverpflichteten Bettina Meske und Niklas Schurz auch in der Neustrelitzer Neuinszenierung wieder ihre Rollen als Doris und Pete. Meske ist als mysteriöse Besitzerin des Plattenladens, strenge Torwächterin in die Swing-Ära und Gesangs-Diva im Club darstellerisch und im (Stepp-)Tanz eine Granate. Auch überzeugt sie mit großartiger Power-Stimme und ist damit der heimliche Star der Show. Ebenso großartig präsentiert sich Schurz als verführerischer Stepptänzer, der souverän die Tanzszenen anführt und auch richtig gut singen kann.
Mit dem „The Famous Door on Swing Street“ wagt das kleine Theater in Neustrelitz viel – und erobert schon in der besuchten Premiere die Herzen seines Stamm-Publikums im Sturm. Der Mut, auch Stücke abseits des bekannten Repertoires auf die Bühne zu bringen wird belohnt: Alle Folge-Vorstellungen bis zum Jahresende sind bis auf wenige Restkarten ausverkauft.
Musical von Thilo Wolf (Idee, Komposition) und Ewald Arenz (Buch, Songtexte)
Künstlerische Mitarbeit und Dramaturgie: Katja Kendler
Kreative Mitentwicklung: Gaines Hall
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KREATIVTEAM |
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Musikalische Leitung | Thilo Wolf |
Inszenierung, Choreografie | Gaines Hall |
Ausstattung | Dirk Immich |
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CAST (AKTUELL) |
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Anna, eine DJane | Laura Scherwitzl |
Mike, ein Banker | Andrés Felipe Orozco |
Doris, Besitzerin eines Plattenladens | Bettina Meske |
Pete, Stepptänzer | Niklas Schurz |
Tom, ein Banker | Sebastian Naglatzki |
Swing Sisters | So Yeon Yang Laura Albert Julia Baier-Tarasova |
Chor | Opernchor der TOG |
Ballett | Deutsche Tanzkompanie |
Orchester | Neubrandenburger Philharmonie |
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GALERIE |
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TERMINE |
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Fr, 29.11.2024 19:30 | Landestheater Großes Haus, Neustrelitz | |
Di, 10.12.2024 20:00 | Schlosstheater, Fulda | Dernière |
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TERMINE (HISTORY) |
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Sa, 28.10.2023 19:30 | Landestheater Großes Haus, Neustrelitz | Premiere | |||||||
Fr, 03.11.2023 19:30 | Landestheater Großes Haus, Neustrelitz | ||||||||
Sa, 25.11.2023 19:30 | Landestheater Großes Haus, Neustrelitz | ||||||||
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Fr, 15.12.2023 19:30 | Landestheater Großes Haus, Neustrelitz | ||||||||
Di, 26.12.2023 19:30 | Landestheater Großes Haus, Neustrelitz | ||||||||
So, 07.01.2024 16:00 | Landestheater Großes Haus, Neustrelitz | ||||||||
Sa, 20.01.2024 19:30 | Landestheater Großes Haus, Neustrelitz | ||||||||
Do, 29.02.2024 19:30 | Landestheater Großes Haus, Neustrelitz | ||||||||
Fr, 15.03.2024 19:30 | Landestheater Großes Haus, Neustrelitz | ||||||||
Sa, 18.05.2024 19:30 | Landestheater Großes Haus, Neustrelitz | zum letzten Mal 2023/24 | |||||||
Sa, 28.09.2024 19:30 | Landestheater Großes Haus, Neustrelitz | Wiederaufnahme | |||||||
Sa, 05.10.2024 19:30 | Landestheater Großes Haus, Neustrelitz | ||||||||
Sa, 19.10.2024 19:30 | Landestheater Großes Haus, Neustrelitz | ||||||||
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