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Mamma Mia! (2004 - 2007)
Palladium Theater, Stuttgart

CastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Spaß-Musicals sind beim Publikum beliebter denn je und so wird “Mamma Mia” in Stuttgart von einem größtenteils begeisterten Premierenpublikum gefeiert – die Musik von ABBA ist immer noch Stimmungs- und Erfolgsgarant. Zotige Witze und ein hauchdünnes Buch bremsen aber die Euphorie doch wieder deutlich und nicht jeder verläßt das Theater in Jubelstimmung.

Die ersten Takte der Ouvertüre erklingen und geben einen kurzen Querschnitt durch die bekanntesten ABBA-Hits. Ob der ohrenbetäubenden Lautstärke, mit der das Ganze in den Saal gepustet wird (Sound Design: Andrew Bruce und Bobby Aitken), denke ich ernsthaft darüber nach, ob ich hinterher wohl eine Tinnitus-Behandlung brauche. (Der Tinnitus ist nach der Premiere gottlob von alleine verschwunden.)
Die erste Szene zeigt Sophie (Ina Trabesinger), die zu ihrer Hochzeit ihre drei potentiellen Väter einlädt. Sie singt „Danke für die Lieder” und „Honey, Honey” und ich merke, daß es durchaus Spaß macht, ABBA in der deutschen Übersetzung von Michael Kunze zu hören, denn der Text fließt und klingt durchweg so, als ob schon immer in deutsch geschrieben. Trabesinger singt angenehm in der Tiefe, hat allerdings einen Bruch in der Stimme, sodaß der höhere Teil ihres Parts manchmal ziemlich schrill klingt, ihr Spiel ist engagiert und sympathisch. Übrigens hat Sophie auch Freundinnen: Ali (Julia Berger) und Lisa (Marianne Tarnowskij) erscheinen immer mal wieder, haben dramaturgisch aber keine Funktion.
Dann lernen wir Sophies Mutter Donna (Jasna Ivir) kennen, die ihre uneheliche Tochter auf einer griechischen Insel großgezogen hat und dort eine Taverne betreibt. Ivir war in Hamburg auch schon als Donna zu sehen und beeindruckt mit einer grandiosen Stimme, hat von gefühlvollen Tönen bis zu dröhnendem Power alle Facetten drauf und vor allem „Der Sieger hat die Wahl” im zweiten Akt wird in ihrer Interpretation zum Showstopper. Zu Beginn wirkt sie noch recht hölzern, womit sie in guter Gesellschaft ist, taut aber zusehens auf und führt dann auch wirklich ein strenges Regiment über die Insel.
Donna hat ihre besten Freundinnen Tanja (Franziska Becker) und Rosie (Iris Schumacher), mit denen sie füher als „Donna und die Dynamos” aufgetreten ist, zur Hochzeit ihrer Tochter eingeladen. Tanja ist groß, schlank und ein Vamp, Rosie ist klein, pummelig und Mitglied in einer alternativen Frauengruppe. Damit wird allmählich eines der großen Probleme dieses Abends offenkundig: Die Figuren sind Typen und bleiben es auch, die Ausformung zu einem Charkter unterbleibt. Die beiden Freundinnen haben trotzdem ihre großen Momente, so heizt z.B. Becker mit „Wenn das Mami wüßt” dem Publikum tüchtig ein, Schumacher singt „Komm und wags mit mir” und zeigt insgesamt eine erfreuliche Leistung, da ihr Spiel feiner, zurückhaltender und differenzierter ist als bei ihren Kolleginnen. Auch zeichnet sich hier schon ab, daß die „Handlung”, die die Songs verbindet, wirklich hauchdünn ist (Buch: Catherine Johnson) und nur dazu dient, den nächsten ABBA-Hit zu rechtfertigen. Da man gerade über die prekäre finanzielle Lage Donnas auf der Insel spricht, ist das natürlich „Money, Money, Money”. Dabei sind die Übergänge zwischen Dialog und Song oft sogar sehr elegant gelöst: Donna schreit Sam z.B. im zweiten Akt an: „Ich will nichts mehr hör´n…” und singt dann plötzlich: „…nicht mehr drüber reden” und schon sind wir mitten in „Der Sieger hat die Wahl”. Insgesamt werden die Dialoge im ersten Akt aber ziemlich unmotiviert aufgesagt und bremsen dadurch die Stimmung, die in den Songs aufgebaut wurde, immer wieder aus. Wo war da die Regie (Phyllida Lloyd und Paul Garrington)? Der Humor zündet trotzdem bei einem Großteil des Publikums, sodaß wahre Lachsalven durchs Theater ziehen. Zoten und Albernheiten führen bei mir allerdings nicht gerade zu Fröhlichkeit und so zieht sich der erste Akt lang dahin.
Das verhindert auch der Auftritt der potentiellen Väter nicht. Andreas Lichtenberger als Sam war in „42nd street” stimmlich irgendwie souveräner, hat allerdings eine starke Bühnenpräsenz und besticht durch sein Aussehen. Marc Hetterle ist der unerschrockene Abenteurer mit Herz, Tilo Keiner wird kontinuierlich zum Quotenschwulen ausgebaut. Ach übrigens: Da ist auch noch Sophies Verlobter Sky (Armin Kahl), der nun wirklich gar keinen Eindruck hinterläßt und schauspielerisch den Tiefpunkt bildet – nicht ausgeschlossen, daß er sich im Lauf der Zeit und mit wachsender Erfahrung noch steigert. Kaum zu glauben, auch er hat Freunde: Till Nau als Pepper und John Ramsten als Eddie sind so überflüssog wie Sophies Freundinnen, tanzen dafür wie der Rest des Ensembles toll und vor allem Nau sorgt für einige Lacher. Der Ensemblegesang ist bei der vorherrschenden Lautstärke nicht zu beurteilen.
Nachdem nun endlich alle Figuren eingeführt sind, kommt der erste Akt wenigstens gegen Ende in Schwung: Die Väter merken allmählich, weswegen sie eingeladen wurden, Donna fühlt sich von ihrer Tochter unfair behandelt und es beginnt der Polterabend. Das heißt, jetzt wird auf fetzige Songs wie z.B. „Souper Trouper”, „Voulez-Vous” und „Gib mir, Gib mir, Gib mir” fetzig getanzt (Choreographie: Anthony van Last) und das in recht knappen, erotischen Kostümen. Die Lieder werden nicht mehr von störenden Dialogen unterbrochen und die Stimmung steigt zunehmend – schade, daß es fast eine Stunde dauert, bis das passiert.
Der zweite Akt hat dann von Beginn an wesentlich mehr Tempo und auch die gefühlvolleren Nummern wie „Durch meine Finger rinnt die Zeit” und besagtes „Der Sieger hat die Wahl” verschaffen Jasna Ivir die Plattform, ihr Können zu beweisen. Man erfährt übrigens nicht, wer tatsächlich Sophies Vater ist, die Hochzeit findet statt, aber mit einem ganz anderen Brautpaar als zunächst erwartet. Da passieren Wendungen, die nicht die Spur einer Dramaturgie aufweisen und deshalb vollkommen unmotiviert sind.
Das scheint aber niemanden zu stören, das Publikum tobt und bei den Zugaben tanze und singe ich mit 1800 anderen Menschen die Reprises mit und verstehe: ABBA ist absolut unkapputbar, Geschichte und Charaktere sind irrelevant, denn das Ganze lebt von der Musik und wird allein deshalb in Stuttgart mindesten so erfolgreich wie in Hamburg sein, hoffentlich aber nicht so erfolgreich, daß die Stage Holding noch ein drittes Theater mit „Mamma Mia” bespielt.
Dabei ist die Preispolitik absolut nicht nachvollziehbar. Die Produktion von Mark Thompson ist äußert schlicht, dabei funktionell und durchaus stimmig, hat mit Sicherheit aber nicht viel Geld gekostet. Auch ist die Band im Vergleich zum Orchester bei anderen Musicals recht überschaubar. Bei Eintrittspreisen zwischen 30 und 100 Euro fragt man sich dann doch, wieso das „Mamma Mia”-Ticket genauso teuer ist, wie die Karte für eine Ausstattungsorgie wie z.B. „Phantom der Oper”. Vielleicht ist aber schon die Nachfrage Grund genug, die Preise in die Höhe zu treiben.

 
CastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
DonnaJasna Ivir
Fawn Arnold,
(Eva Saly
Claudia Agar)

Tanja Melanie Wiegmann,
(Michaela Kaiser
Claudia Agar)

RosieKaatje Dierks,
(Eva Saly
Claudia Agar)

SophieMelanie Ortner-Stassen,
(Annie-May Mettraux)
SkyPatrick Schenk,
(Thomas Jutzler
Timo Melzer)

SamJerry Marwig,
(Mathias Förster
Jens-Uwe Richter
Martin Sommerlatte)

BillMarc Hetterle,
(Mathias Förster
Jens-Uwe Richter
Martin Sommerlatte)

HarryAttila Borlan,
(Mathias Förster
Jens-Uwe Richter
Martin Sommerlatte)

AliFilipina Henoch,
(Isabel Dan
Julia Leinweber
Annie-May Mettraux)

LisaStefanie Derner,
(Marides Lazo
Anja von Geldern
Birgit Wanka)

PepperHunter Jaques,
(Nils Haberstroh
Andrew Hunt
David Lindgren
Jonathan Tilley)

EddieGeorg Prohazka,
(Berislav Antunovic
Andrew Hunt
Jimmy Laremore)

 
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
So, 18.07.2004 18:30Palladium Theater, StuttgartPremiere
Di, 20.07.2004 20:00Palladium Theater, Stuttgart
Mi, 21.07.2004 18:30Palladium Theater, Stuttgart
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