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 Horror-Komödie
Der kleine Horrorladen Essenszeit!
© Andreas Etter
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In Mainz sind Musicals in dieser Spielzeit eine mörderische Angelegenheit. Bereits seit Oktober werden Menschen in "Sweeney Todd" zu Pasteten verarbeitet und jetzt verfüttert ein Blumenladen-Mitarbeiter seine Opfer an eine seltsame Pflanze. In "Der kleine Horrorladen" kommen die blutrünstigen Meucheleien parodistischer und leichter daher als in Sondheims tragischem Klassiker. Ein rundum gelunger schwarzhumoriger Spaß in bunter Verpackung.
(Text: ig) Premiere: | | 04.03.2023 | Rezensierte Vorstellung: | | 04.03.2023 | Showlänge: | | 145 Minuten (ggf. inkl. Pause) |
Das Staatstheater hat das große Glück, auf ein Schauspielensemble zurückgreifen zu können, das sehr gut bei Stimme ist. Nur die Darstellerinnen der Soulgirls und die Stimme von Audrey II sind Gäste; alle anderen gehören zur Stammbesetzung des Hauses. Crystal (in der Premiere Maureen Mac Gillavry), Chiffon (Jamie-Lee Uzoh) und Ronette (Stefanie Köhm) setzen nicht nur stimmlich und tänzerisch Akzente, sondern auch optisch. Elisa Limberg hat ihnen Kostüme passend zur jeweiligen Situation auf den Leib geschneidert: Ihre Kleider sind beim Intro mit einem vor Schreck geweiteten Gesicht bedruckt oder zeigen offene Münder für den Zahnarzt; sie tragen Umhänge mit Dollarzeichen, wenn Seymour ein Fernsehangebot erhält, und haben Regenschirmen mit Totenköpfe bei sich, wenn ein Mord geschieht. Allerdings sind die drei Soulgirls nicht mehr textverständlich, wenn die Band in die Vollen geht.
© Andreas Etter
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Henner Momann zeigt in diversen kleinen Rollen sein komödiantisches Können. Höhepunkt ist dabei der masochistische Patient beim Zahnarzt. Der sadistische Doktor selbst wird von Klaus Köhler sarkastisch-fies verkörpert. Holger Kraft als Blumenladenbesitzer Mushnik gibt sich väterlich-sympathisch, lässt aber deutlich erkennen, dass es ihm immer mehr ums Geschäft als um das Wohl seines Pflegesohns Seymour ging.
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Audrey, die Verkäuferin mit dem zweifelhaften Mode- und Männergeschmack, ist bei Maike Elena Schmidt zerbrechlich und verunsichert, aber stimmgewaltig. Als schüchterner Seymour, der durch seine mysteriöse Pflanze plötzlich ins Rampenlicht katapultiert wird, glänzt Vincent Doddema. Ungeschickt, aber liebenswert, setzt Seymour alles daran, seine Kollegin Audrey zu erobern, steht aber unter dem Druck, die immer hungrige und irgendwann monströs große Pflanze Audrey II mit Blut zu versorgen. Sie wird von den Puppenspielern Svea Schiedung und Colin Danderski zum Leben erweckt. Im Off leiht ihr Robert Collins seine soulige Reibeisenstimme.
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Im Orchestergraben spielt eine fünfköpfige Band unter der Leitung von Tobias Kosler, die den 60er-Jahre-Sound von Alan Menkens Songs gut trifft. Nur das Klavier klingt etwas hart und hämmernd. Auf der Bühne herrscht ständig Bewegung. Kati Farkas‘ Choreographien fügen sich da perfekt ein. Besonders schön ist aufgrund des hervorragenden Zusammenspiels von Doddema und Kraft "Mushnik und Sohn" gelungen.
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Das Tempo der Aufführung ist hoch. Die Darsteller werfen sich die Dialoge wie Bälle beim Pingpong zu, so dass es eine Freude ist. Die Pointen sitzen punktgenau und trotzdem ist bei Audrey und Seymour Platz für Gefühle. Deshalb sei Regisseur Christian Brey auch verziehen, dass er sich hier und da unverhohlen an der Filmversion bedient – und das auch im Programmheft gesteht. Brey hat einen Hang zum Slapstick, der oft funktioniert, aber manchmal zu viel wird, etwa beim Transport der Zahnarztleiche über alle Bühnenebenen.
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Mit diesen Ebenen umrahmt Bühnenbildnerin Anette Hachmann Mr. Mushniks Blumenladen. Rechts und links davon befinden sich Zugänge zur U-Bahn, über dem Laden befindet sich eine Plattform, auf der sich oft die Soulgirls tummeln. Man könnte glauben, der Teil über dem Laden sei einfach nur da, um die Höhe der Bühne zu füllen, doch er hat im Finale einen überraschenden Knalleffekt zu bieten.
Mit seinem Mix aus schwarzem Humor, albernem Unsinn und Emotion ist der Mainzer "Horrorladen" unbedingt sehenswert. Diesem Geschäft wird es sicher nicht an Kundschaft – und Futter für Audrey II – mangeln.
(Text: Ingo Göllner)

Kreativteam
Besetzung
Produktionsgalerie (weitere Bilder)

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| Handlung | Seymour Krelborn, Angestellter in einem Blumenladen in der heruntergekommenen New Yorker Skid Row, züchtet eine eigenartige fleischfressende Pflanze, die sich ausschließlich von Menschenblut ernährt. mehr Je mehr sie wächst, desto größer wird auch ihr Durst, so dass der sadistische Freund von Seymours heimlicher Liebe Audrey und sogar der Ladenbesitzer Mr. Mushnik dran glauben müssen. Schließlich verschlingt die Pflanze auch Audrey und Seymour. Am Ende werden Sprösslinge der Pflanze an alle Blumenläden der Welt verkauft und das Grünzeug übernimmt die Weltherrschaft.
| Weitere Infos | Abgesehen vom Ende ist die Handlung des bekannten Films von 1986 mit der Musicalversion identisch. Aufgrund von negativen Zuschauerreaktionen bei den Filmpreviews ließ Produzent Frank Oz den Schluss nachträglich umschreiben: Seymour besiegt die Pflanze, indem er sie mit Stromschlägen traktiert und schließlich den Laden in die Luft jagt. Anschließend verwirklicht er Audreys Traum und zieht mit ihr in ein Häuschen im Grünen - in der letzten Einstellung ist im Vorgarten des Häuschens eine kleine Audrey II zu sehen, ein Hinweis auf einen möglichen zweiten Teil, der bisher aber nicht realisiert wurde.
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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Fr | 31.03. | 19:30 Uhr | | So | 09.04. | 18:00 Uhr | | Sa | 22.04. | 19:30 Uhr | | Do | 01.06. | 19:30 Uhr | | Di | 06.06. | 19:30 Uhr | | So | 11.06. | 18:00 Uhr | | So | 18.06. | 15:00 Uhr | | Di | 20.06. | 19:30 Uhr | | Sa | 24.06. | 19:30 Uhr | |
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