Dieter Falk: Choral im "funky"-Arrangement

[Drei Fragen an …] 2013 zeigt das Theater St. Gallen die Uraufführung von „Moses – Die 10 Gebote“ – gestern sind die Hauptdarsteller bekannt gegeben worden. Damit kommt ein Stück auf die Bühne, das gleich zwei bekannte Namen im Gepäck hat: Michael Kunze (Autor) und Dieter Falk (Komponist). Im muz-Interview spricht Falk – einerseits Ex-Popstars-Jurymitglied, andererseits Ex-Kirchenmusiker, hauptberuflich Musikproduzent – über seinen Bezug zu biblischen Erzählungen per se und die Verbindung dieser mit aktueller Musik.

„Die 10 Gebote“ starteten als einmaliges Chorprojekt, gingen aber, aufgrund der Nachfrage, anschließend auf Tour durch Deutschland. Nun hat das Musical im Februar 2013 Premiere in St. Gallen. Was gilt es bei einer „festen“ Aufführung anders zu machen als bei einer Tourneeproduktion?
Das Pop-Oratorium „Die 10 Gebote“ war vor allem auch ein Chorprojekt, mit bundesweit 15.000 teilnehmenden Sängerninnen und Sängern. Das heißt, der Massen-Chor stand – nicht nur optisch – im Mittelpunkt. Bei dem neuen Musical „Moses“ gibt es zwar musikalisch noch einige „Hits“ aus dem Oratorium, aber auch lange Strecken mit neuen Kompositionen. Auch wenn wir keinen 2.500-Mann-Chor auf die Bühne des St. Gallener Theaters bekommen: Die gospelartigen Chorstücke werden auch im Musical großen Raum einnehmen. Bezüglich der inhaltlichen Umsetzung: Im Oratorium hatten wir neben den Protagonisten zwei Kinder, die die Rahmenhandlung erzählten, bei „Moses“ wird die Befreiungsgeschichte der Israeliten als szenisches Bühnengeschehen erzählt.

Was macht den Reiz eines „biblischen“ Musicals aus? Ist es gerade für Sie als Komponisten spannend, zeitgemäße musikalische Interpretationen zu einer biblischen Geschichte zu finden? Wie ist Ihre Herangehensweise?
Für mich – wie für viele andere – war die Kirche meine erste Bühne, mit den biblischen Geschichten bin ich als Kind groß geworden. Vielleicht hatte ich das Glück, dass sie damals spannend erzählt wurden, denn so habe ich mir die Affinität zu biblischen Themen erhalten. Es geht aber wahrlich nicht um ein frömmelndes, geschweige denn missionarisches Anliegen: Michael Kunze und ich wollen einfach nur eine spannende Freiheitsgeschichte erzählen, die bis heute – gerade im Blick auf die jüngsten politischen Ereignisse im Nahen Osten – ihre Aktualität und Tragweite nicht verloren hat.
Musikalisch ist Gospel immer ein großes Thema für mich. Als 20-Jähriger war ich Pianist unter anderem für Edwin Hawkins („Oh Happy Day“) und das hat auch meinen Kompositionsstil in Richtung Gospel geprägt. Nun ist mein Beruf der eines Popmusik-Produzenten, und deshalb gehe ich die gesamte Musik von „Moses“ auch sehr poppig an: mit großen Abstechern in Richtung Rock und Gospel. In diesem Zusammenhang möchte ich gerne erwähnen, dass das Theater St. Gallen uns ein tolles Team zusammengestellt hat. Musikalisch habe ich mit Michael Reed einen der weltweit besten Musical Supervisor an der Seite und mit Rob Paul einen wunderbaren Musikalischen Direktor.

Sie fühlen sich sowohl in der Pop-Musik als auch in der kirchlichen Musik zuhause. Durch die Neuinterpretation alter Choräle, also durch die Verbindung von Klassischem und Modernem, rückten Sie das Image von Kirchenmusik in ein neues Licht. Ist dies ein Konzept, das Sie auch für „Die 10 Gebote“ anwenden?
Wenn ich etwa mit meinen beiden Söhnen als „Falk & Sons“ Johann Sebastian Bach neu interpretiere, dann geht es mir darum, Kirchenmusik zu „entstauben“. Ich bin protestantischer Christ und sehe mit Unbehagen, dass beiden Kirchen vor allem die jungen Leute weglaufen. Die junge Generation wird mit Popkultur groß, und das haben einige Kirchen-Offizielle noch nicht begriffen, oder zumindest noch nicht genug umgesetzt. Meine Schlussfolgerung ist: Versuche diese beiden Welten zusammenzubringen. Deshalb spiele ich auch mal bei „TV total“ oder sogar im „Popstars“-Finale einen alten Choral im „funky“-Arrangement, schreibe zusammen mit Michael Kunze ein massentaugliches Entertainment-Oratorium (das inzwischen über 100.000 Menschen gesehen haben) oder komponiere gerade den Titelsong zum nächsten Evangelischen Kirchentag 2013 in Hamburg. Eine biblische Geschichte darf auch „sexy“ und cool sein!

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