Die 8-Track-CD mit der Stuttgarter Premierenbesetzung: Maike Boerdam, Olegg Vynnyk und Carsten Lepper.
Eines gleich vorneweg: Wer die neue Stuttgarter „Elisabeth“-Aufnahme erwerben will, muss sie entweder über den Musical-Fachhandel bestellen, oder sich direkt zum Apollo Theater begeben. Und auch dort gibt es die 8-Track-CD nur als Special Edition im Doppelpack mit der 2001er Aufnahme aus Essen.
Damit wird die CD zum netten „Extra“ deklariert, denn weder CD-Cover, noch Booklet enthalten auch nur den kleinsten Hinweis auf die Stuttgarter Neuinszenierung oder die Mitwirkenden; lediglich ein lapidarer Aufkleber auf der Hülle weist auf die zusätzlichen, neu eingespielten Titel hin.
Schade eigentlich, denn die Aufnahme hätte etwas mehr Aufmerksamkeit verdient. Auch wenn sie mit nur acht Titeln etwas mickrig ausgefallen ist, und die Titelauswahl teilweise fragwürdig ist, können sich die Neuaufnahmen hören lassen. Die Soundqualität ist glasklar, die musikalischen Arrangements durchweg stimmig.Wer Maike Boerdam aus ihrer Anfangszeit bei „Elisabeth“ kennt, wird überrascht sein, wie stark sich die Darstellerin gesteigert hat. Auf der CD überzeugt sie mit gefühlvoller Interpretation und einer überzeugenden Wandlung von der kämpferischen jungen Frau bei „Ich gehör nur mir“ zur alternden, vom Leben enttäuschten Monarchin beim „Boote in der Nacht“-Duett mit Ivar Helgason.
Olegg Vynnyk als Tod kann bei „Der letzte Tanz“ und im Duett mit Maike Boerdam bei „Wenn ich tanzen will“ überzeugen – Zumindest bis man die Essener Aufnahme in den Player schiebt (wozu man durch den Zwangserwerb dieser CD ja förmlich verleitet wird) und erkennt, dass Vynnyk der Rolle nichts Neues abgewinnt. Zu häufig versucht er, Uwe Krögers maßstabsetzende Interpretation zu kopieren – mal mehr, mal weniger erfolgreich. Highlight der Aufnahme ist „Bellaria“, wunderbar dargeboten von Susan Rigava-Dumas, die den Charakter von Kaiser-Mutter Sophie in diesen eineinhalb Minuten auf den Punkt bringt. Als einzige Interpretin der Neueinspielung muss sich Rigava-Dumas nicht dem Vergleich mit den Original-Darstellern aus Essen stellen: „Bellaria“ war zwar in Essen erstmals im Stück, aber nicht auf der CD enthalten.
Auch Nico Gaiks stimmstarke, verzweifelte Interpretation von „Wenn ich Dein Spiegel wär“ überzeugt voll und ganz. Angesichts dessen ist es doppelt ärgerlich, dass man das Rudolf-Tod-Duett „Die Schatten werden länger“ – zweifellos einer der dynamischsten Songs des Kunze/Levay-Stücks – nicht mit auf die Neuaufnahme gepackt hat.“Der Schleier fällt“, „Nichts, nichts, gar nichts“ und „Nur kein Genieren!“ sucht man ebenfalls vergebens. Stattdessen hat man sich dafür entschieden, „Kitsch!“ in die Trackliste aufzunehmen. Eine Entscheidung, die angesichts der Tatsache, dass Carsten Lepper schon auf der Essener Aufnahme den Lucheni gibt, und man somit dasselbe Lied vom selben Darsteller gleich zweimal bekommt, eher unverständlich ist – auch wenn die Neuaufnahme intensiver interpretiert und ‚gereifter‘ klingt.
Spätestens hier wird klar, dass der Doppel-CD-Pack vom Marketing her vielleicht ein geschickter Schachzug war, man damit aber weder Künstlern noch Fans einen Gefallen getan hat. Ein Vergleich der beiden Aufnahmen ist gleichzeitig unumgänglich und unfair – denn wer will sich schon direkt mit der wohl besten deutschsprachigen „Elisabeth“-Aufnahme messen müssen?Als kleine Zugabe hat man sich etwas Besonderes einfallen lassen und „Zwischen Traum und Wirklichkeit“ als Duett von Maike Boerdam und der alternierenden Elisabeth-Darstellerin Karin Seyfried hinzugefügt. Ursprünglich handelt es sich dabei um ein Elisabeth-Solo, das ausschließlich in der japanischen Inszenierung enthalten ist.
Der Duett-Charakter dieser Aufnahme macht allerdings wenig Sinn. Außerdem ist das Lied zwar eine sehr schöne, eingängige Ballade, die die innere Zerrissenheit der Kaiserin darstellt, doch fügt es sich rein musikalisch nicht hundertprozentig in das „Elisabeth“-Gesamtkonzept ein und würde eher zu „Mozart!“ passen. Aber die Fans werden sich über diese Rarität sicherlich trotzdem freuen.