Gelungener Soundtrack, an dem viele Hörer mehr Freude haben werden als an den bisherigen, zumeist unglücklichen Cast-Aufnahmen.
Wie soll man den Soundtrack zu einer Musicalverfilmung bewerten, der auf der einen Seite völlig irrelevant ist und auf der anderen Seite doch von jedem ABBA-Fan gekauft wird? Und davon gibt es allem Anschein nach genügend, denn weltweit sahen bereits mehr als 30 Millionen Besucher das Musical „Mamma Mia!“, das nun mit der zweifachen Oscar-Preisträgerin Meryl Streep (Donna) und Ex-Bond-Darsteller Pierce Brosnan (Sam) äußerst gelungen für die Leinwand adaptiert wurde.
Irrelevant deshalb, weil er grundsätzlich nichts Neues bietet – sowohl die ABBA-Originale als auch die Cast-Einspielungen des Erfolgsmusicals sind hinlänglich bekannt. Neu ist jedoch die Kombination, denn in dem Soundtrack zu „Mamma Mia! – Der Film“ steckt mehr ABBA drin als in den bisherigen CD-Veröffentlichungen zur Bühnenfassung: Martin Lowe, der musikalische Leiter der Verfilmung, arbeitete in Stockholm mit den beiden ABBA-Machern Benny Andersson und Björn Ulvaeus an den Songs und spielte diese mit Original-ABBA-Studiomusikern ein. Für die Backing Vocals der großen Ensemblenummern wie „Voulez-Vous“ wurden zudem Mitglieder der schwedischen „Mamma Mia!“-Produktion hinzugezogen. Herausgekommen ist eine Aufnahme, die in musikalischer Hinsicht den unverwechselbaren und produktionstechnisch perfekten Sound der zeitlosen und fantastischen ABBA-Songs unangetastet lässt. Zu entdecken gibt es einige neue Details in den Instrumentierungen wie bei „Honey, Honey“ oder hinsichtlich der Arrangements wie bei dem im Film gestrichenen Titel „Thank You For The Music“, der nunmehr nur noch im Abspann verwendet wird und als Hidden Track den Abschluss dieser Aufnahme darstellt.Kommen wir zum Gesang: Wer ABBA mag, steht auf den strahlend schönen Sopran von Agnetha im Zusammenspiel mit dem etwas tieferen Mezzosopran von Frida. Vergessen Sie’s einfach. Hier ist Darstellerpersonal am gesanglichen Werk, das seine Sache mit den jeweils vorhandenen individuellen Möglichkeiten wirklich so gut macht wie es irgend geht – und mehr geht halt oft nicht. Während Hauptdarstellerin Meryl Streep ihren ungewohnten Gesangsjob bei den weniger anspruchsvollen Songs wie „Money, Money, Money“, „Dancing Queen“ und „Super Trouper“ mit unterstützender Nachbearbeitungstechnik – so wird ihre Stimme in den neuralgischen Höhenlagen hochgepusht und der Chor oft über Gebühr aufgedreht – noch recht ordentlich verrichtet, heißt es für den geneigten Hörer bei „The Winner Takes It All“: Ohren zu und durch. Für Agnetha-Fans wird es hier unerträglich. Frida-Fans hingegen, die das noch überstanden haben, rafft es schließlich hinweg, wenn sich Pierce Brosnan brummelnd an „When All is Said and Done“ versucht. Klingt schlimm, macht aber trotzdem nichts, denn im Film funktionieren die Gesangseinlagen ganz wunderbar. Letztlich sind auf dieser Einspielung Gesangsinterpretationen zu hören, die bei isolierter Wahrnehmung, wenn sie also ihrem filmischen Kontext entrissen sind, allesamt nicht überzeugen können. Eine erfreuliche Ausnahme stellt Amanda Seyfried (Sophie) dar, die hinsichtlich ihrer Sangesqualität mit Songs wie „I Have a Dream“, „Lay All Your Love on Me“ oder „Gimme! Gimme! Gimme!“ zumindest Veröffentlichungsreife nachweist. Mit „Our Last Summer“ hingegen, in herzerfrischend dilettantischer Manier gemeinsam von Stellan Skarsgård (Bill), Colin Firth (Harry) und Pierce Brosnan vorgetragen, präsentiert sich das wohl bis dato unbeholfenste und gesanglich untalentierteste Männer-Terzett, das jemals auf einer CD-Einspielung verewigt worden ist.
Trotzdem ist diese CD eine tolle CD, an der viele Hörer mehr Freude haben werden als an den bisherigen, zumeist unglücklichen Cast-Aufnahmen. Warum? Weil sie die Songs zu „Mamma Mia!“ bietet – einem hinreißenden und schlichtweg grandiosen Film. „Mamma Mia!“ – vielleicht der Soundtrack zu dem Musikfilm dieser Dekade.