Kleines Musical mit ungewöhnlicher Handlung und schönen Songs.
Chris ist sauer. So hat er sich seinen achtzehnten Geburtstag nicht vorgestellt. Nach einem Rollerunfall ist er tot. Chris’ Freunde finden es auch nicht witzig, dass er plötzlich nicht mehr da ist. Als Chris dann auch noch merkt, dass er nach dem Tod alles hört, was auf der Erde über ihn gesprochen wird, wird es erst recht unangenehm.Dass die Hauptperson schon vor der ersten Szene nicht mehr da ist und auch wenig Hoffung besteht, dass sie irgendwann wiederkommt, ist schon ziemlich ungewöhnlich. Und wenn diese Person vor gerade mal zwei Tagen achtzehn geworden ist, ist das Ganze eigentlich nur noch traurig. Und trotzdem ist „Leben ohne Chris“ kein trauriges Stück geworden: Dass aus „Leben ohne Chris“ ein schönes kleines Musical wurde, ist Wolfgang Böhmer (Musik) und Peter Lund (Text) zu verdanken. Sie bieten flotte Beats, die so gar nicht nach einem Requiem klingen und bieten Texte rund ums Thema Abschied, Tod, Liebe und was das Leben ausmacht, die weder den Tod verklären, noch überdramatisch sind. Das Thema „Leben nach dem Tod“ wird von ihnen mit intelligenten Texten und eingängiger Musik zu einem nachdenklich-vergnüglichen Spiel. Die Koproduktion der Neuköllner Oper mit dem Studiengang Musical der UdK Berlin wurde 2009 uraufgeführt und liegt jetzt auch als CD vor. Nach „Love Bite“, „Letterland“ und „Kauf‘ dir ein Kind“ ist „Leben ohne Chris“ die vierte gemeinsam entwickelte Produktion. Die Songs sind in ihrer Unterschiedlichkeit wunderbare Übungsobjekte für die Musicalstudenten: Balladen, fetziger Rock, mehrstimmige Chöre, Motivtechnik mit Witz und wunderbar erzählten kleinen Geschichten. Facetten des Abschieds, Rückblicks und der Frage, wie es jetzt ohne Chris für seine Freunde und ihn weiter geht. Die Handlung ist auf der Cast-CD allerdings nur zu erahnen – es fehlen die Zwischentexte.Die musikalischen Leiter Hans-Peter Kirchberg und Andreas Altenhof vermitteln auf der CD viel von der Livestimmung, und mit Tobias Bieri, Christopher Brose, Julia Gámez Martin, Magdalena Ganter, Karoline Goebel, Katrin Höft, Dennis Jankowiak, Hendrik Schall, Jasmin Schulz und Sebastian Alexander Stipp steht ihnen ein gutes Ensemble zur Seite, aus dem man keinen Namen herausheben möchte. Was auffällt, sind die frischen Stimmen, die authentisch und druckvoll von ihren Begegnungen mit Chris erzählen. Stimmen, die man noch nicht von anderen Musicaleinspielungen kennt, mit denen man noch keine Bilder und Figuren verbindet. Am meisten bleiben „Am Tag als ich starb“, „Wenn es wirklich Liebe ist“ und „Geheime Liebe“ im Ohr. „Kleiner Bruder“, aber auch der Titelsong „Leben ohne Chris“, gehen unter die Haut. Witz, Sentimentalität und eingängige Melodien passen hier wunderbar zusammen und lassen auch bei einem ernsten Thema mitsummen und vor allen Dingen mitfühlen. Insgesamt kein Meisterwerk, aber gut gemachte deutsche Musicalunterhaltung ganz im gewohnten Stil der Neuköllner Oper.