Die Bettwurst - Das Musical (seit 09/2022)
Bar jeder Vernunft, Berlin

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Von „Sister Act“ bis „Pretty Woman“ und den Streifen aus dem Disney-Kosmos – viele Musicals basieren auf cineastischen Vorbildern. So auch „Die Bettwurst“. Nach 52 Jahren hat Schwulen-Aktivist und Skandal-Regisseur Rosa von Praunheim sein Erstlingswerk als sinnbefreites, vulgäres Anarcho-Musical für die Bühne adaptiert. Auch dank der beiden Hauptdarsteller Anna Mateur und Heiner Bomhard, von dem auch die Musik stammt, wird daraus ein vergnüglich-schriller Abend nahe der Peinlichkeitsgrenze.

„Ach, wenn sie doch nur einen Penis hätte!“ Mit diesem unerfüllbaren Wunsch begibt sich der schwule Hilfsarbeiter Dietmar zu der ersten gemeinsamen Liebesnacht in die Wohnung von Luzi. Die sehr viel ältere, aus Polen stammende Frau bringt er zum Orgasmus und resümiert: „Ich bin eine Tunte, ich bin selber eine Frau.“ Beide trinken Bier, saugen Staub und feiern Weihnachten. Zum Fest schenkt Luzi Dietmar die titelgebende Bettwurst, eine Nackenrolle. Sie bekommt einen Messerschleifer. Kriminelle aus Dietmars Vergangenheit entführen Luzi. Beim Befreiungsversuch kommt es zu einer Schießerei. Im Himmel vereint scherzen die beiden mit den Engeln und resümieren, dass das Leben ohne Bettwurst nicht schön sei.

Auch in der Musical-Fassung seines gleichnamigen Low-Budget-Films von 1971 reiht Regisseur Rosa von Praunheim Alltägliches und Absurdes aneinander und zelebriert die eigentümliche Handlung als trashige, revueartige Anarcho-Komödie. Wie im filmischen Vorbild agieren die Akteure bewusst laienhaft und überdreht. Dazu wird übertrieben exaltiert gesprochen und Sinnbefreites wie „Immer wenn ein Hund dich leckt, dann schleck zurück“ gesungen.

Heiner Bomhard, der auch in der männlichen Hauptrolle auf der Bühne steht, hat die Musik dazu geschrieben. Die Songs sind häufig nur einstrophig, aber sehr eingängig und reichen von der Opernparodie bis hin zum finalen Bettwurst-Gospel. Dabei klingt vieles so, als sei es von Helge Schneider. In der besuchten Vorstellung leitet Bijan Azadian vom Piano aus das rechts vor der Bühne postierte Trio, das sehr spielfreudig die 20 Liedschnipsel begleitet.

Passend zum Stück ist auch Ingrid Buhrmanns unter der Mitarbeit von Marcus Lachmann entstandene Ausstattung. Um wechselnde, gezeichnete Mini-Prospekte in der Mitte rotiert eine kleine Drehbühne, die mit absurd überzeichneten Versatzstücken schnelle Szenenwechsel ermöglicht. Ausgesprochen geschmacklos, glitterig und freizügig ist Buhrmanns Kostümbild mit getigerten Unterhosen, übergroßen Penissen in engen Sporthosen und tief ausgeschnitten, schreiend bunten Roben in Luzis Kleiderschrank.

Als Ensemble sind in der besuchten Vorstellung Thaddäus Maria Jungmann, Tobias Stemmer und Nell Pietrzyk im Dauereinsatz und spielen zahlreiche Nebenrollen, wie Trauergäste, Möbelstücke, Bettwurst, Weihnachtsbaum oder Rosa von Praunheim höchstselbst. Als Chor sind sie zudem eine stimmschöne und sehr nuanciert singende Begleitung.

Getragen wird die Show von den beiden exzellenten Hauptdarstellern, die sich für nichts zu schade zu sein scheinen und sich mit viel körperlichem Einsatz, übertriebenen Gesten und guten Gesangsstimmen durch oft sinnbefreite Szenen und Songs blödeln. Als dralle Wuchtbrumme Luzi ist Anna Mateur eine Idealbesetzung und dominiert schon von ihrer Erscheinung her das Geschehen. Sie verfügt über eine grandiose, jazzige Soulstimme, mit der Mateur sowohl solistisch („Hab keine Angst“), in Duetten („Tanz in die Liebe“) und Ensemblenummern („Die Bettwurst“) glänzt.

An ihrer Seite ist Heiner Bomhard als Dietmar ein zunächst schüchterner, unter Selbstzweifeln leidender Provinz-Schwuler, der das eindrucksvoll mit seinem Solo „Ich bin der Dietmar“ unterstreicht. Im Laufe des Stücks wird er durch den Umgang mit Luzi selbstbewusster und erblüht zum liebenden Mann für das für ihn falsche Geschlecht („Ich warte auf die schönste Frau der Welt“). Bomhard tritt in seiner Rollengestaltung dabei bewusst und sehr gekonnt auf die Bremse, sodass auch diesem Schlaffi die Sympathien des Publikums sicher sind.

Vulgär, obszön und trashig: Bei der Bettwurst-Musicalfassung geht im wahrsten Sinne des Wortes die Luzi ab. Wer sich darauf einlässt, der hat auf jeden Fall einen vergnüglichen Abend.

Musical von Rosa von Praunheim nach seinem gleichnamigen Film
Musik von Heiner Bomhard
Idee von Lutz Deisinger

 
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KREATIVTEAM
InszenierungRosa von Praunheim
AusstattungIngrid Buhrmann
Mitarbeit AusstattungMarcus Lachmann
 
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CAST (AKTUELL)
LuziAnna Mateur
DietmarHeiner Bomhard
(Thaddaeus Maria Jungmann)
ChorLukas Baeskow
Thaddaeus Maria Jungmann
Nell Pietrzyk
Tobias Stemmer
PianoBijan Azadian
Ferdinand von Seebach
KlarinetteKarola Elßner
James Scannell
BassAndreas Henze
 
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Fr, 09.09.2022 19:00Bar jeder Vernunft, Berlin
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