Die Bettwurst - Das Musical (2022 - 2023)
Bar jeder Vernunft, Berlin
Von "Sister Act" bis "Pretty Woman" und den Streifen aus dem Disney-Kosmos - viele Musicals basieren auf cineastischen Vorbildern. So auch "Die Bettwurst". Nach 52 Jahren hat Schwulen-Aktivist und Skandal-Regisseur Rosa von Praunheim sein Erstlingswerk als sinnbefreites, vulgäres Anarcho-Musical für die Bühne adaptiert. Auch dank der beiden Hauptdarsteller Anna Mateur und Heiner Bomhard, von dem auch die Musik stammt, wird daraus ein vergnüglich-schriller Abend nahe der Peinlichkeitsgrenze.
Ausdrucksstark und stimmgewaltig führt Katharine Mehrling durch ihr neues Programm "In Love With Judy", das sie eigentlich bereits im März 2020 der Öffentlichkeit präsentieren wollte. Es kam anders. Für die lebensfrohe und leidenschaftliche Sängerin und Schauspielerin stand die Welt plötzlich still. Nun ist sie zurück auf der von ihr so sehr geliebten Bühne, energiegeladen, voller sprudelnder Begeisterung und mit einer wichtigen Botschaft im Gepäck.
Auch im Euro-Land immer noch aktuell: Brecht und Weill schildern in ihrer "haifischzahn-scharfen" Satire auf die Gesellschaft die Machenschaften der Männer an den Hebeln der Macht. Wirtschaft, Politik und Polizei bekommen ihr Fett weg.
Ein düsterer Teil deutscher Geschichte in einem ungewöhnlichen Raumkonzept packend inszeniert (Regie: Martin G. Berger). Tolle Darsteller, allen voran Frederike Haas in der Titelrolle, garantieren einen ungewöhnlichen Musiktheaterabend.
GRIMM! Die wahre Geschichte von Rotkäppchen und ihrem Wolf (2015 - 2017)
Neuköllner Oper, Berlin
Es war einmal... So beginnt auch das Märchen von der großartigen Besetzung, die in minimalistischer Ausstattung (Ulrike Reinhard) eine vorhersehbare, aber leicht überdrehte Variante des Rotkäppchen-und-der-böse-Wolf-Stoffes grandios rettet. Ein Abend nicht nur für Wald-Dorf-Schüler und Waldmeistertee-Trinker. Alle Grammatik-Freaks ignorieren das falscher Deutsch-Grammatik. Schließlich geht es um DAS Rotkäppchen und SEINEN Wolf...
Liebe macht nicht nur blind, sie kann auch in den Wahnsinn treiben. Besonders dicke kommt es bei Pepa (grandios: Christiane Hagedorn), der zentralen Figur des Musicals „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs". Weil ihr Lover Schluss macht, kommt es zu einem großen Durcheinander, das Stefan Huber im genialen Bühnenbild von Stephan Prattes flott inszeniert.
Peter Lund (Text und Inszenierung), Wolfgang Böhmer (Musik) und ein fantastischer Abschlusslehrgang Show/Musical an der Berliner Universität der Künste transferieren Grimms Knusperhexe als Frau Zucker ins Jahr 2011. Das Ergebnis, eine witzig-überdrehte wie bitterböse Satire, ist jeglicher Hinsicht ein Knaller.