Lisa Maria Hörl (Mona), Nico Went (Theo), Markus Fetter (Lennard) © Matthias Heyde
Lisa Maria Hörl (Mona), Nico Went (Theo), Markus Fetter (Lennard) © Matthias Heyde

Kopfkino (2017 - 2018)
Neuköllner Oper, Berlin

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Ganz großes Kino gibt es nicht nur auf der Leinwand, sondern auch auf der Musical-Bühne. Zum Beispiel beim turbulenten „Kopfkino“ in der Neuköllner Oper, in dem eine tolle Darsteller-Riege in der Inszenierung von Peter Lund brilliert.

Fine bringt es auf den Punkt: „Du machst echt komische Pausen, wenn du sprichst“. Kein Wunder, denn ihr neuer Mitbewohner Lennard ist mit noch sechs weiteren Alter Egos ins WG-Zimmer eingezogen. Dies ist damit jedoch nicht restlos überbelegt, denn der infantile Theo (Nico Went), die durchgeknallte Tess (Friedrike Kury), der coole Macho Boris (Adrian Burri), die sinnlich-weibliche Helena (Lisa Katharina Toh), die vernünftige Sophia (Jasmin Eberl) und der ängstliche Jürgen (Helge Mark Lodder) existieren nur in Lennards Oberstübchen. Von dort aus versucht jede der Figuren, Lennards Leben in die eigene Richtung zu lenken. Dazu streiten und diskutieren sie, sind als Team aber immer auch Lennards Beschützer und führen die turbulente wie aberwitzige Story nach vielen Verwicklungen und dramaturgischen Wendungen schließlich zum Happy End. Wie heißt es dazu im finalen Song? „Ganz am Ende wird eben alles wirklich gut…“.

Wie schon bei anderen Musicals aus der Feder von Peter Lund sind auch bei „Kopfkino“ Lennards Alter Egos nur für ihn selbst und für das Publikum wahrnehmbar. Unter Lunds Regie sind dies recht knallig gezeichnete Charaktere, die sich wunderbar ergänzen, aber auch so manche dunkle Seite haben. Helena hat ebenso ein Alkoholproblem wie der ewig geile Macker Boris. Im Laufe der Handlung kristallisiert sich heraus, dass beide für Lennards Eltern stehen, deren Ehe eigentlich nur noch auf dem Papier existiert und vor deren Streit-Exzessen und Saufgelagen Lennard aus Pforzheim nach Berlin geflohen ist.

Ohnehin spielen Drogen in diesem Stück eine große Rolle. Studentin Fine (Linda Hartmann) dealt mit allerlei bewusstseinserweiternden Substanzen, die sie im abgeranzt-vollgemüllten Wohnküchen-Bereich der WG (Szenerie: Daria Kornysheva) mit ihrem Freund Ben (Jonathan Francke) konsumiert und natürlich auch Lennard anbietet. Diese Drogen-Trips sind filmisch umgesetzt und flimmern in grellen Farben und schnellen Bildfolgen (Video: Richard Marx) über einen weißen Vorhang, der über die volle Bühnenbreite gezogen wird. So erlebt Lennard zum Beispiel auch seine eigene Beerdigung, bei der ihn seine Kopf-Weggefährten als Looser verspotten. Gerade in dieser Szene trumpft auch die sehr abwechslungsreiche Partitur von Thomas Zaufke auf, die hier vom schweren Choral zum überdrehten Gospel wechselt und in der Reprise der schönen Ballade „Geh noch nicht ins Bett“ mündet. Die auf der linken Seitenbühne versteckte Sechs-Mann-Band unter Leitung von Hans-Peter Kirchberg ist auch während des gesamten Abends ein guter, zuverlässiger Klangkörper.

Was „Kopfkino“ so sehenswert macht, sind seine tollen Sänger-Darsteller, die zudem überaus präzise die vielen zackig-modernen Choreografien von Neva Howard tanzen. Aus der Gruppe ragt hier die ungemein bewegliche Jasmin Eberl heraus, die mehrfach mühelos in den Spagat geht, und gemeinsam mit Helge Mark Lodder im Song „Angst und Umsicht“ eine rasante Tanz- und Gesangs-Performance hinlegt.

Ohnehin wird auf sehr hohem Niveau gesungen. Das Lund-/Zaufke-Musical bietet jedem der Darsteller die Möglichkeit, sich in Ensemble-Nummern aber auch solistisch zu präsentieren. Das meistern alle in Bestform. Besonders in Erinnerung bleiben Jonathan Francke und Lisa Maria Hörl mit ihrem „Bla-Bla“-Duett sowie Nico Went und Markus Fetter in „Ich bin nicht kindisch“. Als naives Kind im buntgemusterten Pyjama ist Went ohnehin eine Wucht und ragt schon rein vorlagenbedingt aus den sechs imaginären Alter Egos heraus. Als Hauptfigur Lennard ist Fetter auf den Punkt besetzt. Er spielt zunächst ein in sich zerrissenes wie verschüchtertes Landei ohne Perspektive, das zum Stückende jedoch zu sich findet und selbstbewusst seinen eigenen Weg geht. Im fetzigen Solo „Meine Stimmen und ich“ läuft sein hoher, ungemein geschmeidiger Pop-Tenor zu Höchstform auf. Er liefert damit bereits im ersten Drittel der Show die Gesangsleistung des Abends ab.

Mit „Kopfkino“ feiern die Neuköllner Oper und die Berliner Universität der Künste den zwanzigsten Geburtstag in der Ko-Produktion neuer Musicals. Es steht ganz in der Tradition der Vorgängerwerke und unterstreicht das hohe Niveau der Ausbildung an der Hochschule.

 
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KREATIVTEAM
InszenierungPeter Lund
Musikalische LeitungHans-Peter Kirchberg
Tobias Bartholmeß
ChoreografieNeva Howard
Bühnenbild und KostümeDaria Kornysheva
VideoRichard Marx
 
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CAST (AKTUELL)
SophiaJasmin Eberl
FineLinda Hartmann
MonaLisa Maria Hörl
TessFriederike Kury
HelenaLisa Katharina Toh
BorisAdrian Burri
LennardMarkus Fetter
BenJonathan Francke
JürgenHelge Mark Lodder
TheoNico Went

Band
Gitarre IJo Gehlmann
Michael Brandt
Gitarre IIHossein Yacery Manesh
SynthesizerMarkus Mittermeyer
Tobias Bartholmeß
SchlagzeugPhilipp Schmitt
Stephan Genze
Kontrabass / E-BassRalph Gräßler
Carsten Schmelzer
KlavierHans-Peter Kirchberg
Tobias Bartholmeß
  
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Do, 13.04.2017 20:00Neuköllner Oper, BerlinPremiere
Fr, 14.04.2017 20:00Neuköllner Oper, Berlinausverkauft
Mo, 17.04.2017 20:00Neuköllner Oper, Berlin
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